Kein Grund zur Freude 21.07.2019 19:23:00

Ist es wirklich richtig, sich über eine mögliche Leitzinssenkung durch die US-Fed zu freuen?

Ist es wirklich richtig, sich über eine mögliche Leitzinssenkung durch die US-Fed zu freuen?

• US-Notenbank "beobachtet" etwaige Abwärtsrisiken vor Zinssitzung Ende Juli
• Fed stellt erste Zinssenkung seit fast zehn Jahren in Aussicht
• Alejandro Arevalo: Änderung der Geldpolitik ist kein gutes Zeichen

Was die Fed zu einer Zinssenkung veranlasst

"Die Unsicherheit um Handelskonflikte und Sorgen um die Weltwirtschaft lasteten zuletzt auf dem Ausblick für die US-Wirtschaft", erklärte Powell vor einigen Tagen laut einem Redemanuskript gegenüber Vertretern des Repräsentantenhauses. Etliche Faktoren würden die Wirtschaft beeinträchtigen, in einigen Staaten habe sie sich bereits abgeschwächt, heißt es. Dies könne sich bei andauernden, ungelösten Problemen weiter ausdehnen. Nach wie vor belasten die Handelskonflikte, aber auch der Brexit sowie die Schuldenobergrenze in den Vereinigten Staaten. Dies habe in jüngster Vergangenheit etwa dazu geführt, dass sich das Wachstum von Unternehmensinvestitionen rückläufig entwickelt. Hinsichtlich der bestehenden Abwärtsrisiken scheint eine geldpolitische Lockerung durch die US-Notenbank naheliegend: "Eine Senkung bereits im Juli ist damit wahrscheinlich", zitiert dpa den Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner - es wäre die erste Senkung des US-Leitzinses innerhalb eines Jahrzehnts. Durch diesen Schritt wolle die Fed die Wirtschaft vorbeugend vor Schocks schützen und ein nachhaltiges Wachstum generieren, verlautet das Protokoll.

Auf die geldpolitische Lockerungssignale reagierten die Märkte entsprechend erleichtert - an der Wall Street wurden in Anschluss an die taubenhaften Aussagen sogar neue Rekordstände verbucht.

Lockere Geldpolitik kein gutes Zeichen?

Doch scheinbar gibt es eigentlich keinen Grund zur Freude - "Die Märkte lesen die Änderung der Fed-Politik fälschlicherweise als etwas Positives", warnt Alejandro Arevalo, der die Emerging-Market-Strategie von Jupiter Asset Management leitet, gegenüber Bloomberg. Er erklärt, dass der Grund für die Zinssenkung hellhörig über den allgemeinen Zustand werden lassen sollte und zeigt sich eher schwarzmalerisch: "Wenn sie ihre Zinsen senken, liegt das daran, dass es ein Grundproblem mit ihrer Wirtschaft gibt", zitiert ihn das Medienunternehmen. Dementsprechend gehe er davon aus, dass Marktteilnehmern eine "holprige zweite" Jahreshälfte bevor stünde. Außerdem stuft auch er den Handelskrieg als eine nicht zu vernachlässigende, "enorme Sorge" ein.

Mit seiner Meinung steht der Portfoliomanager nicht alleine da. Auch JPMorgan-Stratege Dubravko Lakos-Bujas sieht eine mögliche Zinssenkung skeptisch - insbesondere in Kombination mit dem weiterhin ungelösten Handelskonflikt. Er rechne mit zwei Zinssenkungen im laufenden Jahr: Eine in der bevorstehenden Juli-Sitzung und eine weitere im September. Letztere könnte seiner Ansicht nach eine Abwärtsbewegung mitverursachen.

Redaktion finanzen.at

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