"Nicht zu früh erhöhen" 12.01.2016 13:42:46

EZB: Villeroy de Galhau weist auf Risiken von Niedrigzinsen hin

Bei einer Rede anlässlich der Verabschiedung seines Amtsvorgängers Christian Noyer in Paris sagte das neue Mitglied des Rats der Europäischen Zentralbank (EZB) aber auch, eine Zentralbank dürfe die Zinsen nicht zu früh erhöhen. Bei der Anhebung der Zinsen müsse die EZB "innovativ" vorgehen und sich an den Erfahrungen anderer Zentralbanken orientieren.

   Villeroy de Galhau wies darauf hin, dass Zentralbanken im Zuge ihres Kampfes gegen eine zu niedrige Inflation lieber die Bildung von Preisblasen riskierten als zu wenig zu tun. "Die Zinsen zu lange zu niedrig zu halten, könnte zur nächsten Finanzkrise führen, weil die Gewöhnung an Liquidität und eine zu starke Risikoneigung letztendlich zu Blasen und finanzieller Instabilität führen", sagte der Franzose.

   Die EZB hat ihre Geldpolitik Anfang Dezember wegen der niedrigen Inflation und gesunkener Inflationserwartungen weiter gelockert und dabei unter anderem den Zins für Bankeinlagen auf minus 0,30 Prozent gesenkt.

   Seither haben sich die Inflationsaussichten wegen des anhaltenden Ölpreisrückgangs erneut eingetrübt. Das nährt Spekulationen über eine weitere Lockerung in diesem Jahr. Im Dezember betrug die Inflationsrate 0,2 Prozent. Die EZB strebt mittelfristig eine Teuerung von knapp 2 Prozent an. Das nächste Mal berät der EZB-Rat am 21. Januar über seine Geldpolitik.

   Laut Villeroy de Galhau ist derzeit nicht klar, ob der Zins, der das Wirtschaftswachstum stabil hält (und dem die Zentralbank ihren Leitzins anpasst) - der sogenannte Gleichgewichtszins - dauerhaft niedrig ist oder bei anziehender Konjunktur steigen wird.

   "Das Urteil darüber steht noch nicht fest, aber angesichts dieser Unsicherheit bringt das Mandat der Zentralbanken sie dazu, im Zweifelsfall das Risiko des ersten Typs, Untätigkeit, zu meiden und statt dessen lieber das zweite einzugehen, nämlich lieber zu viel als zu wenig zu tun", sagte das EZB-Ratsmitglied.

   Villeroy de Galhau warnte Zentralbanken vor dem Risiko, die Zinsen zu früh anzuheben, denn solche Erwartungen könnten den Finanzinstituten schaden. Bis zum gewissen Grade werde dieses Risiko dadurch gemindert, dass die Anhebung der Zinsen weltweit nicht synchron erfolge. Die EZB könne bei diesem Prozess von anderen Zentralbanken lernen.

   Wörtlich sagte der Franzose: "In der Eurozone ist dieser Zeitpunkt offensichtlich noch weiter entfernt. Wenn es aber so weit ist, dann sollten wir sowohl innovativ als auch bereit sein, von einander zu lernen und beim Exit ebenso entschlossen vorgehen wie bei der Einführung der unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen."

   PARIS (Dow Jones)

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