Wegen Niedriginflation 04.09.2014 17:52:00

EZB senkt Leitzins und denkt über QE nach

EZB-Präsident Mario Draghi kündigte am Donnerstag überraschend eine weitere Zinssenkung an, die der Rat jedoch nicht einstimmig beschloss. Darüber hinaus wird die Notenbank ab Oktober Kreditverbriefungen und Pfandbriefe kaufen. Nach Draghis Worten diskutierte der Rat auch über groß angelegte Wertpapierkäufe (Quantitative Easing - QE).

   Laut Beschluss des EZB-Rates wird die EZB ihre drei Leitzinssätze um weitere 10 Basispunkte senken. Der Hauptrefinanzierungssatz liegt nun bei 0,05 Prozent, der Spitzenrefinanzierungssatz bei 0,30 Prozent und der Satz für Bankeinlagen bei der EZB bei minus 0,20 Prozent.

   Die EZB hatte seit Juni in ihrer sogenannten Foreward Guidance gesagt, dass die Zinsen für längere Zeit auf ihrem aktuellen Niveau bleiben würden. Die Möglichkeit noch niedrigerer Zinsen wurde seit der Zinssenkung im Juni aber nicht mehr erwähnt. Vielmehr hatte EZB-Chef Draghi erklärt, die Zinsuntergrenze sei "praktisch erreicht".

   Trotzdem hatten einige Experten eine weitere Zinssenkung für September nicht ausschließen wollen. Begründet hatten sie das unter anderem damit, dass ein niedrigerer Zins die von der EZB geplanten langfristigen Kredite für Banken attraktiver machen würde. Nach der nun angekündigten Zinsrücknahme sagte der EZB-Präsident: "Nun sind wir an der unteren Grenze, an der keine technischen Anpassungen mehr möglich sind."

   Das gilt jedoch nicht für andere geldpolitische Instrumente. Den Kauf von Verbriefungen, so genannten Asset-backed Securities (ABS), bereitet die Notenbank bereits seit einiger Zeit vor. Die Idee dahinter ist, in den Bankbilanzen Platz für neue Kredite zu schaffen und auf diese Weise die Kreditvergabe an kleinere Unternehmen und das Wachstum anzukurbeln.

   Experten kritisieren allerdings, dass der Markt für Kreditverbriefungen im Euroraum zu klein sei, um einen ernsthaften Liquiditätseffekt zu erzielen. Das Volumen der gegenwärtig bei der EZB als Sicherheit einreichbaren ABS beträgt rund 600 Milliarden Euro. Davon basiert knapp ein Zehntel auf Mittelstandskrediten.

   Das könnte der Grund sein, dass die EZB nun auch Pfandbriefe in das Programm einbeziehen will. Sie greift damit auf ein Instrument zurück, dass sie bereits zwei Mal eingesetzt hat: 2009 und 2010 kaufte die Notenbank für 60 Milliarden Euro Pfandbriefe an. Das Folgeprogramm 2011 und 2012 wurde allerdings vor Erreichen des Zielvolumens von 40 Milliarden Euro eingestellt. Gekauft wurden lediglich Papiere für gut 16 Milliarden Euro.

   Vor diesem Hintergrund vermied es der EZB-Präsident auch, eine Größenordnung für das neue Programm zu nennen. "Wir hätten gerne eine Zahl genannt, auch aus Gründen der Kommunikation, aber zum jetzigen Zeitpunkt ist die Größe schwer einzuschätzen", sagte er. Laut Draghi will die EZB ihre Bilanzsumme aber wieder deutlich in Richtung der Größe bewegen, die sie 2012 hatte.

   Gleichwohl wollte der EZB-Präsident noch nicht von QE sprechen: "Unser Programm ist vor allem auf die Lockerung der Kreditbedingungen gerichtet", sagte er. Er machte aber auch deutlich: "Einige Gouverneure wollten mehr."

   DJG/hab/smh

   Dow Jones Newswires

Von Hans Bentzien

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