Neues Rekordtief 05.06.2014 15:00:00

EZB senkt Leitzins auf 0,15 Prozent

Die Maßnahme war bereits seit mehreren Tagen diskutiert und im Vorfeld erwartet, ja fast von der EZB angekündigt worden. Präsident Mario Draghi und andere hochrangige Offizielle der EZB hatten in den vergangenen Wochen klar gesagt, womit zu rechnen ist: Wenn es notwendig ist, wird die EZB handeln und die Zinsen senken.

Und die EZB handelte und senkte den Leitzins auf ein Rekordtief. Laut Präsident Mario Draghi plant die Europäische Zentralbank außerdem noch eine Reihe weiterer langfristiger Refinanzierungsprogramme. Und er betonte, dass die niedrigen Zinsen für einen längeren Zeitraum auf dem aktuellen Niveau bleiben und rasch weitere Maßnahmen ergriffen werden sollen, wenn es nötig ist. Vor allem diese Ausführungen von Draghi in der Folge des Leitzinsentscheids waren es, die positive Auswirkungen auf die Aktienmärkte in Europa hatten: Der deutsche Leitindex DAX stieg auf ein neues Rekordhoch über der magischen Marke von 10.000 Punkten und der heimische ATX legte zeitweise über ein Prozent zu.

Der Grund für die Zinssenkung und die weiteren Refinanzierungsprogramme ist die Angst der Notenbänker vor deflationären Tendenzen: Die niedrige Inflation in der Eurozone belastet die Wirtschaft. Durch den sinkenden Leitzins soll jetzt die Gefahr verringert werden, dass Sparer ihr Geld auf der Bank horten. Damit die Wirtschaft dauerhaft angekurbelt wird, müssen die Menschen ihr Geld ausgeben, das soll mit dem neuen Rekordtief von 0,15 Prozent gewährleistet werden.

Ökonomen hatten im Vorfeld des Entscheids vor den möglichen Konsequenzen für Sparer und Inhaber von Kapitalanlagen gewarnt, zum Beispiel der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn: "Den Schaden haben die Sparer, deren Zins nun noch weiter unter die Inflationsrate gedrückt wird. Sparkonten, aber auch andere Finanzprodukte werfen derzeit kaum Erträge ab.

Mit dem sinkenden Leitzins wird auch der Einlagenzins verändert. Der Zins, zu dem Banken ihr Geld bei der EZB parken können, wird negativ. Die EZB senkt den Einlagensatz wie erwartet von 0,00 Prozent auf ein Minus von 0,10 Prozent. Der Einlagenzins mutiert also zu einem Strafzins. In Zeiten einer zu niedrigen Inflation sollen die Banken ihr Geld ausgeben, investieren oder verleihen, aber nicht in Tresoren horten. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, äußerte sich im Vorfeld des Entscheids skeptisch zu Strafgebühren auf Bankeinlagen bei der EZB. Der Kreditmarkt lasse sich so kaum zusätzlich ankurbeln, sagte der Ökonom: "Es ist als symbolische Geste zu verstehen."


Von Markus Gentner

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