Zinsentscheid 06.06.2024 15:06:00

EZB dreht an der Zinsschraube: Zinsen im Euroraum gesenkt

EZB dreht an der Zinsschraube: Zinsen im Euroraum gesenkt

• EZB senkt den Leitzins
• Reaktion auf schwache Konjunktur
• Inflation weiter über Ziel

Die Europäische Zentralbank EZB hat wie erwartet die Leitzinsen erstmals wieder gesenkt und damit die Zinswende eingeläutet.

Leitzins sinkt um 25 Basispunkte

Nachdem die Währungshüter die Leitzinsen zuvor fünf Mal in Folge unverändert gelassen hatten, passten sie den Leitzins, zu dem sich Banken im Euroraum Geld bei der EZB besorgen können, auf 4,25 Prozent an. Der Einlagezins liegt nun bei 3,75 Prozent nach zuvor 4,0 Prozent.

EZB-Verantwortliche hatten Leitzinssenkung angekündigt

Bereits im Vorfeld hatten sich die Hinweise darauf, dass die EZB den Leitzins senken würde, gemehrt. Zuletzt hatte EZB-Ratsmitglied Joachim Nagel erklärt: "Wenn die Situation so bleibt, wie sie jetzt ist, und die Projektionen nicht etwas völlig anderes sagen - wovon ich aber nicht ausgehe -, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir den ersten Zinsschritt erleben werden".

Eine weitere Zinssenkung im Folgemonat ist aber alles andere als bereits beschlossen: EZB-Direktorin Isabel Schnabel hatte jüngst betont, dass ein zweiter Schritt im Monat darauf verfrüht sein könnte.

"Auf der Grundlage der aktuellen Daten scheint eine Zinssenkung im Juli nicht gerechtfertigt zu sein", sagte Schnabel. "Wir sollten einen vorsichtigen Ansatz verfolgen."

Konjunkturflaute beendet?

Mit der erfolgten Leitzinssenkung werden nun Kredite billiger, was grundsätzlich die Konjunktur beleben dürfte. Die Investitionstätigkeit wird durch diese geldpolitische Maßnahme erleichtert, Sparen wird unterdessen weniger attraktiv, denn wenn die Kreditinstitute die Zinssenkung an ihre Kunden weitergeben, bekommen Kunden weniger für ihre Einlagen bei Finanzhäusern.

Insbesondere die deutsche Wirtschaft dürfte von der Leitzinssenkung profitieren. Zwar konnte die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal wieder leicht wachsen, das BIP stieg um 0,2 Prozent. Damit lag Deutschland allerdings leicht unter dem EU-Durchschnitt von 0,3 Prozent.

Inflation zuletzt stärker als erwartet

Gegenwind für die europäischen Währungshüter hatten in der vergangenen Wochen die jüngsten Inflationsdaten der Eurozone geliefert. Die jährliche Inflationsrate erhöhte sich in der Gesamtrate auf 2,6 (Vormonat: 2,4) Prozent und stieg damit stärker als erwartet.

Inflationsbekämpfung ist eine der Hauptaufgaben der EZB, die Zentralbank peilt mittelfristig eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent an.

Signal für die Märkte

Grundsätzlich sind Leitzinsanpassungen nach unten als positives Signal für die Finanzmärkte zu werten. Sinken die Finanzierungskosten für Unternehmen, steigen die Gewinnaussichten, was sich wiederum in den Bilanzen niederschlägt und damit positiv auf die Aktienkurse durchschlagen dürfte. Zeitgleich werden Bankeinlagen oder Investitionen in festverzinsliche Anlagen weniger attraktiv, Investoren haben dann potenziell bessere Renditeaussichten am Aktienmarkt.

EZB-Stab hebt Inflationsprognosen für 2024 und 2025 etwas an

Der volkswirtschaftliche Stab der Euroraum-Zentralbanken hat seine Prognose für die Entwicklung der Inflation in den Jahren 2024 und 2025 etwas angehoben. Wie die Europäische Zentralbank (EZB) mitteilte, rechnen die Experten für 2024 mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 2,5 (März-Prognose: 2,3) Prozent. Für 2025 und 2026 werden Teuerungsraten von 2,2 (2,0) und 1,9 (1,9) Prozent prognostiziert. Für die Kerninflationsrate werden nun 2,8 (2,6), 2,2 (2,1) und 2,0 (2,0) Prozent erwartet. Die Wirtschaft des Euroraums werden Wachstumsraten von 0,9 (0,6), 1,4 (1,5) und 1,6 (1,6) Prozent prognostiziert.

Lagarde: "Wachstumsrisiken ausgeglichen"

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) sieht nach der Veröffentlichung neuer Stabsprojektionen weiterhin die Gefahr, dass sich diese als zu optimistisch erweisen könnten - allerdings nur längerfristig. "Die Wachstumsrisiken sind kurzfristig ausgeglichen", sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde bei der Verlesung des geldpolitischen Statements. Bisher hatte die EZB keinen Unterscheid zwischen der kurzen und der längeren Frist gemacht.

Zuvor hatte die EZB mitgeteilt, dass die volkswirtschaftlichen Abteilungen der Euroraum-Zentralbanken für 2024 mit 0,9 (bisher: 0,6) Prozent Wachstum rechnen, für 2025 mit 1,4 (1,5) und für 2026 mit 1,6 (1,6) Prozent. Zudem hatte der Rat beschlossen, die Leitzinsen erstmals seit 2019 zu senken, und zwar um 25 Basispunkte. Er stellte zunächst keine weitere Lockerung in Aussicht.

Redaktion finanzen.at mit Material von Dow Jones Newswires

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