EZB-Leitzinsentscheid |
06.03.2014 18:18:00
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EZB-Chef Draghi überrascht Märkte mit Untätigkeit
Die Zentralbank muss sich für das laufende Jahr darauf einstellen, dass die Inflation noch niedriger bleiben wird als bisher angenommen. Wie Präsident Mario Draghi nach der Zinsentscheidung mitteilte, sehen die Projektionen des EZB-Stabs für 2014, 2015 und 2016 Inflationsraten von 1,0, 1,3 und 1,5 Prozent vor. Im Dezember waren für 2014 und 2015 noch Raten von 1,1 und 1,3 Prozent prognostiziert worden. Draghi sagte, im vierten Quartal 2016 dürfte die Inflation 1,7 Prozent betragen.
Zusätzliche Maßnahmen zur höheren Liquiditätsversorgung der Banken kündigte der EZB-Präsident etwas überraschend nicht an. Marktteilnehmer hatten die Ausschreibung eines weiteren langfristigen Refinanzierungsgeschäfts erwartet und/oder einen Verzicht auf die Absorption jener Liquidität, die bei früheren Staatsanleihekäufen entstanden ist.
Auf die Frage, warum die EZB nicht wenigstens die zweite Maßnahme beschlossen habe, antwortete der EZB-Präsident: "Das ist eines der Instrumente, die wir auf unserer Liste haben. Aber wir haben keine Entwicklung am Geldmarkt gesehen, die zu einer unerwünschten monetären Entwicklung geführt hat und die den Einsatz dieses Instrument gerechtfertigt hätte."
Der EZB-Präsident räumte ein, dass es im EZB-Rat eine "breite Diskussion über Leitzinsänderungen und andere Instrumente" gegeben habe. Er verwies aber darauf, dass sich die Kreditvergabe zuletzt stabilisiert und das Geldmengenwachstum sogar verstärkt habe, dass sich die Lücke zwischen Deutschland und den Problemländern verkleinere und dass auch die Konjunkturindikatoren positiv entwickelt hätten.
Gleichwohl muss die EZB angesichts der aktuellen Stabsprojektionen davon ausgehen, dass der Verbraucherpreisauftrieb noch über zwei Jahre lang unter jenen knapp 2 Prozent bleiben wird, zu deren mittelfristiger Gewährleistung sie verpflichtet ist. Die Risiken für diesen Inflationsausblick bezeichnete Draghi als begrenzt und weitgehend ausgewogen. Im Februar sind die Verbraucherpreise nur mit einer Jahresrate von 0,8 Prozent gestiegen.
Zugleich darf die EZB aber mit einem etwas stärkeren Wirtschaftswachstum als bisher rechnen. Der EZB-Stab hob seine Prognose für den Anstieg des Bruttoinlandsprodukts 2014 von 1,1 auf 1,2 Prozent an. Für 2015 und 2016 werden 1,5 und 1,8 Prozent Wirtschaftswachstum erwartet.
Die Risiken für die Wachstumsprognose sieht die EZB allerdings weiterhin ausschließlich auf der Abwärtsseite. "Unser Basisszenario ist im Großen und Ganzen bestätigt worden, und auch die jüngsten Nachrichten waren im Großen und Ganzen positiv", sagte Draghi unter Verweis auf aktuelle Konjunkturdaten.
Dass der Inflationsausblick trotz ordentlicher Wachstumsaussichten so schwach ist, erklärte der EZB-Präsident dem hohen Ausmaß ungenutzter gesamtwirtschaftlicher Kapazitäten. "Die Output-Lücke wird sich nur sehr langsam schließen", prognostizierte er.
Der Wechselkurs des Euro spielt für die Inflation laut Draghi keine besonders große Rolle. Der EZB-Präsident rechnete vor, dass der Anstieg des realen effektiven Euro-Wechselkurses die Inflation seit 2012 um 0,4 bis 0,5 Prozentpunkte verringert hat. Draghi räumte aber ein, dass der Wechselkurs, die Energie- und die Nahrungspreise zusammengenommen derzeit für eine deutlich niedrigere Inflation sorgten.
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March 06, 2014 09:52 ET (14:52 GMT)
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Von Hans Bentzien
FRANKFURT
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