Nach EZB-Entscheid |
09.03.2017 17:21:41
|
Draghi hält weitere Maßnahmen für weniger wahrscheinlich
EZB sieht keine grundlegende Besserung des Inflationsausblicks
Die EZB rechnet für das laufende Jahr mit einer deutlich höheren Inflation als bisher und ist auch mit Blick auf die Konjunktur etwas optimistischer als bisher. Wie aus den aktuellen Projektionen ihres volkswirtschaftlichen Stabs hervorgeht, stellt sich die EZB aber nicht auf eine grundlegende Veränderung des mittel- bis langfristigen Inflationsausblicks ein und hält eine "sehr substanzielle akkommodierende" Geldpolitik weiterhin für angemessen.
"Eine sehr substanzielle geldpolitische Akkommodation ist notwendig, damit sich der Inflationsdruck im Euroraum aufbauen und die Gesamtinflation mittelfristig stützen kann", sagte EZB-Präsident Mario Draghi in seinen Einleitenden Bemerkungen zur Pressekonferenz. Sollte es zum Erreichen seines Ziels notwendig sein, werde der EZB-Rat Volumen und/oder Dauer seines Ankaufprogramms ausweiten. Die Zusage, falls nötig alle verfügbaren Instrumente einzusetzen, ließ der Rat fallen, weil die Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen nicht mehr als so dringlich empfunden wurde, wie Draghi sagte. Auch sei über weitere Langfristtender (TLTRO) nicht diskutiert worden.
Forward Guidance zu Zinsen bleibt unverändert - weitere Senkung möglich
Zuvor hatte der EZB-Rat beschlossen, seine Geldpolitik unverändert zu lassen. Nicht nur das Niveau der Leitzinsen und der Anleihekäufe blieb unverändert, sondern auch die Forward Guidance zu Zinsen und Ankäufen. Demnach erwartet die EZB, dass die Leitzinsen für längere Zeit - und zwar deutlich über die Zeitdauer von Wertpapierkäufen hinaus - auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden. Dies liege daran, dass sich die EZB in Bezug auf ihr Inflationsziel noch nicht am Ziel sehe, sagte Draghi.
Die Wertpapierkäufe sollen laut aktueller Mitteilung zunächst bis Ende 2017, auf jeden Fall aber so lange dauern, bis der EZB-Rat eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennt, die mit seinem Inflationsziel im Einklang steht.
Volkswirte: EZB könnte Forward Guidance und Einlagensatz bei nächsten Meetings ändern
"Es ist wahrscheinlich, dass die Forward Guidance bei einem der nächsten Meetings geändert wird. Etwas überraschend fanden wir, dass der Rat nicht über weitere Langfristtender (TLTRO) diskutiert hat - ein weiteres Anzeichen dafür, dass er zuversichtlicher im Hinblick auf die Erholung ist", schrieb Holger Sandte, der Europa-Chefvolkswirt von Nordea, in einem Kommentar.
Der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, hält eine Anhebung des Bankeinlagensatzes durch die Europäische Zentralbank (EZB) im Juni für möglich. "Wir sehen die leichten rhetorischen Änderungen als Vorzeichen dafür, dass die EZB im Juni von einem 'Easing Bias' auf einen 'Neutral Bias' umschaltet, möglicherweise begleitet von einer Anhebung des Einlagensatzes vom minus 0,40 auf minus 0,25 Prozent", schrieb Schmieding in einem Kommentar.
EZB-Stab hebt Inflations- und Kerninflationsprognosen an
Der EZB-Stab rechnet nach Draghis Aussage für 2017 nun mit einer Inflation von 1,7 Prozent. Bisher waren es 1,3 Prozent gewesen. Die Prognose für 2018 wurde auf 1,6 (bisher: 1,5) Prozent geändert und die für 2019 mit 1,7 Prozent bestätigt. Auch die Prognosen für die Kerninflation 2018 und 2019 wurden angehoben: Auf 1,5 (bisher: 1,4) und 1,8 (1,7) Prozent.
Zudem rechnet der EZB-Stab damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im laufenden Jahr um 1,8 (1,7) Prozent steigen wird, 2018 um 1,7 (1,6) und 2019 um 1,6 (1,6) Prozent. "Die Risiken für den Wachstumsausblick des Euroraums sind weniger ausgeprägt, aber weiterhin abwärts gerichtet und vor allem globaler Natur", sagte Draghi. Die Umfrageindikatoren deuteten darauf hin, dass die zyklische Erholung an Fahrt gewinnen könne.
Euro und Rendite zehnjähriger Bundesanleihen dank Draghi höher
An den Finanzmärkten lösten Draghis Äußerungen spürbare Bewegungen aus: Der Euro wertete während der Pressekonferenz von 1,055 auf 1,061 US-Dollar auf. Gegen 17.00 Uhr notiert er bei 1,058 Dollar. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen stieg auf 0,42 Prozent, nachdem sie vor der Zinsentscheidung bei 0,39 gelegen hatte. Aktien zeigten sich allerdings weitgehend unbeeindruckt.
FRANKFURT (Dow Jones)
Weitere Links: