09.01.2017 12:42:40
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Bankenverband: EZB muss zinspolitische Wende einleiten
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die deutschen Banken haben die Europäische Zentralbank (EZB) zu einer vorsichtigen Zinswende in diesem Jahr aufgefordert und ihr die US-Fed als Vorbild dafür empfohlen. "Wir sind der festen Überzeugung, dass es jetzt langsam an der Zeit ist, einen ganz vorsichtigen Kurswechsel einzuleiten," sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Michael Kemmer. "Es wäre ein gutes Signal, wenn die EZB sagen würde, dass sie bei ihrer Zinspolitik langsam eine Wende einleitet."
Die Niedrigzinsen seien eine Belastung für Banken und Sparer, während die Kreditnachfrage "nicht mehr zinsreagibel sei", sagte Kemmer zur Begründung. "Die EZB hat ihr Pulver verschossen." Allerdings solle die EZB vorsichtig nach dem Vorbild der US-Notenbank als "Role model" vorgehen. "Ein Zinsschock braucht auch niemand", betonte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes.
Das Umfeld für die Banken beschrieb Kemmer auch mit Skepsis. "Wir gehen mit einer gedämpften Portion Zuversicht in das Jahr 2017," sagte er. Die Banken stünden nach wie vor vor erheblichen Herausforderungen, neben der Niedrig- und Minuszinsphase seien dies die Belastungen aus der Regulierung und einige andere Dinge, die die Profitabilität verringerten. "Es wird für die Banken auf jeden Fall ein Hindernislauf werden," hob er hervor.
Banken wollen Marktbereinigung Ausdrücklich drang Kemmer bei der Regulierung auf eine risikoadäquate Kapitalunterlegung auf beiden Seiten des Atlantiks. Es sei richtig gewesen, eine eigentlich geplante Verständigung auf die Konkretisierung der Baseler Eigenkapitalregeln ("Basel 4") noch zu verschieben - denn der bisherige Verhandlungsstand sei "nicht ausreichend" gewesen. "Ein Kompromiss um jeden Preis ist auf jeden Fall falsch", unterstrich Kemmer. "Inhalt geht vor Geschwindigkeit."
Vor dem Hintergrund der Bankenprobleme in Italien sprach sich Kemmer allgemein für eine Bereinigung im Finanzmarkt aus. "Wir sind für eine sinnvolle und notwendige Marktbereinigung, wo es nicht anders geht", sagte er. Zum konkreten Fall der in Turbulenzen geratenen Großbank Monte dei Paschi hob Kemmer hervor, es gebe für den Fall schwerer Störungen Ausnahmeregelungen von dem Verbot staatlicher Bankenhilfen. "Ob das bei Monte dei Paschi der Fall ist, weiß ich nicht", betonte er.
Mit Blick auf die deutschen Banken meinte der Verbandsfunktionär, er erwarte "keine vergleichbaren Turbulenzen" für die deutschen Finanzhäuser wie im abgelaufenen Jahr.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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January 09, 2017 06:12 ET (11:12 GMT)
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