Russland-Sanktionen 24.03.2022 17:04:00

Sanktionen westlicher Länder sollen Goldhandel mit Russland einschränken

Sanktionen westlicher Länder sollen Goldhandel mit Russland einschränken

Die Staaten wollen jede Transaktion mit Gold im Zusammenhang mit der russischen Zentralbank mit Sanktionen belegen, wie ein hoher US-Regierungsvertreter am Donnerstag ankündigte. Die führenden demokratischen Wirtschaftsmächte (G7) und die EU wollen demnach so verhindern, dass die russische Zentralbank internationale Reserven einsetzt, um die russische Wirtschaft zu stützen. Die US-Regierung verhängt zudem neue Sanktionen gegen Hunderte Abgeordnete des russischen Parlaments Duma und weitere Mitglieder der russischen Elite. Außerdem sollen russische Rüstungsunternehmen auf die Sanktionsliste gesetzt werden.

Die NATO-Staaten wollen darüber hinaus mit massiver Aufrüstung auf Russlands aggressive Politik reagieren. Man werde das gesamte Spektrum an einsatzbereiten Streitkräften und Fähigkeiten weiterentwickeln, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs, die in Brüssel zu einem Gipfel zusammenkamen. Der Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa aktivierte Bündnisfähigkeiten zur Abwehr von chemischen, biologischen und atomaren Bedrohungen, auch ABC-Abwehr genannt.

In der Ukraine gingen unterdessen die heftigen Gefechte weiter. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief am 29. Kriegstag von Kiew aus Menschen weltweit zu Protesten gegen den russischen Angriff auf. "Kommen Sie im Namen des Friedens, kommen Sie mit ukrainischen Symbolen, um die Ukraine, die Freiheit und das Leben zu unterstützen!", sagte er in einer nachts verbreiteten Videoansprache.

>NATO aktiviert Fähigkeiten zur ABC-Abwehr

In der NATO wird seit einiger Zeit befürchtet, dass Russland angesichts schleppender Fortschritte im Krieg gegen die Ukraine versucht sein könnte, Massenvernichtungswaffen einzusetzen. Zusätzlich zur Aktivierung der ABC-Abwehr verstärken Mitgliedstaaten derzeit die multinationalen Gefechtsverbände an der Ostflanke mit zusätzlichen ABC-Elementen, wie NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel sagte. Der Norweger bleibt angesichts der Kriegs ein weiteres Jahr Generalsekretär des Bündnisses. Sein Mandat wurde bis zum 30. September 2023 verlängert.

Selenskyj: Ukraine hat bei NATO Panzer angefordert

Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge hat sein Land bei der NATO mindestens 200 Panzer angefordert. "Sie haben mehr als 20.000 Panzer. Die Ukraine hat um ein Prozent gebeten", sagte er in einer Videoschalte zum NATO-Gipfel. "Wir haben bisher keine klare Antwort", beklagte der 44-Jährige. Ähnlich sehe es bei den angeforderten Flugzeugen und Abwehrsystemen für Raketen aus.

Die NATO hat ein militärisches Eingreifen in den Ukraine-Krieg ausgeschlossen. Mit der Lieferung von Kampfflugzeugen tun sich die Verbündeten schwer, weil der russische Präsident Wladimir Putin dies als Kriegsbeteiligung der NATO werten könnte und das Bündnis so in den Konflikt hineingezogen würde.

Mehr als 1.800 Luftangriffe auf die Ukraine seit Kriegsbeginn

Russland verstärkte nach Angaben des ukrainischen Militärs seine Luftangriffe. Binnen 24 Stunden habe man mehr als 250 Einsätze verzeichnet, hieß es im Morgenbericht des ukrainischen Generalstabs. Das Verteidigungsministerium teilte mit, dass seit Beginn des russischen Angriffs am 24. Februar mehr als 1.800 Luftangriffe auf die Ukraine geflogen worden seien. Außerdem seien Hunderte Raketen von Land und von der See auf ukrainische Ziele abgefeuert worden. Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs leiden die russischen Truppen aber unter enormen Nachschubproblemen. Nach ukrainischen Schätzungen wurden seit Kriegsbeginn fast 16 000 russische Soldaten getötet. Diese Angaben sind nicht unabhängig zu überprüfen.

Der russischen Luftwaffe sei es in einem Monat nicht gelungen, Luftüberlegenheit am Himmel über der Ukraine herzustellen, sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums. Die USA und ihre Verbündeten arbeiteten daran, den Ukrainern Luftabwehrsysteme mit großer Reichweite zu beschaffen. Die Ukrainer setzten aber ihre derzeit vorhandenen Systeme "sehr effektiv" ein.

Am Boden veränderten sich die Fronten kaum, die ukrainische Armee hielt nach eigenen Angaben ihre Stellungen. Laut ukrainischem Generalstab versuchen die russischen Truppen weiterhin, Kiew einzukreisen. Britische und US-amerikanische Quellen im Sicherheitsapparat bestätigten Gegenangriffe der Ukrainer bei Kiew.

Aus der umkämpften Hafenstadt Mariupol im Süden berichtete eine inzwischen geflohene Einwohnerin von dramatischen Zuständen. "Hunderte Leichen lagen auf der Straße", schrieb die Frau namens Olena, die vor wenigen Tagen aus der Stadt geflohenen ist, der Deutschen Presse-Agentur über einen Messengerdienst. "Die Stadt Mariupol gibt es nicht mehr", berichtete sie weiter.

EU-Solidaritätsfonds für die Ukraine in Aussicht

Die EU dürfte der US-Regierung in der Einschätzung folgen, dass Russland in der Ukraine Kriegsverbrechen begeht. Im jüngsten Entwurf der Abschlusserklärung für den EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel heißt es: "Russland führt Angriffe auf die Zivilbevölkerung durch und zielt auf zivile Objekte, darunter Krankenhäuser, medizinische Einrichtungen, Schulen und Schutzräume. Diese Kriegsverbrechen müssen sofort aufhören." In einem vorherigen Entwurf war noch von "Verbrechen" die Rede.

Zudem galt es als wahrscheinlich, dass bei dem Gipfel in Brüssel ein Solidaritätsfonds für die Ukraine beschlossen wird. Zuletzt hatten die EU-Staaten sich darauf geeinigt, die Mittel für Ausrüstungslieferungen an die ukrainischen Streitkräfte auf eine Milliarde Euro zu verdoppeln. Einen noch etwas größeren Betrag stellen die USA für Waffen zu Verfügung.

Mehr Flüchtlinge aus der Ukraine

Mehr als die Hälfte aller Kinder in der Ukraine sind seit dem Beginn der russischen Invasion vertrieben worden. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef schätzte am Donnerstag rund 4,3 Millionen Vertriebene unter den 7,5 Millionen Kindern des Landes. Davon seien mehr als 1,8 Millionen als junge Flüchtlinge in Nachbarländern, während 2,5 Millionen in der Ukraine geblieben seien. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks haben seit Kriegsbeginn rund 3,7 Millionen Menschen die Ukraine verlassen. Die USA kündigten am Donnerstag an, dass sie bis zu 100.000 Geflüchtete aus der Ukraine aufnehmen wollen.

BRÜSSEL (dpa-AFX)

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