"Todeskreuz" wegen Trump 25.11.2016 09:50:00

Goldpreis: Geht Absturz weiter oder folgt Preisrally dank Europas Populisten?

Für den Goldpreis bedeutete die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten eine Zäsur. Davor fürchteten viele Investoren eine Apokalypse an den Finanzmärkten, Experten prophezeiten Kurseinbrüche bei Aktien und eine Preisrally bei sicheren Anlagehäfen. Doch es kam alles anders ...

"Horrorszenario für die Finanzmärkte" blieb nach Trump-Sieg aus

Eine Woche vor der Wahl um das US-Präsidentenamt schienen die Unheilspropheten noch recht zu behalten: Der Republikaner Trump lag in Umfragen erstmals vor seiner demokratischen Gegnerin Hillary Clinton - unter Anlegern machte sich Panik breit: Die Nachfrage nach Gold stieg, der japanische Yen (EUR/JPY) sowie der Schweizer Franken (EUR/CHF) legten an Wert kräftig zu, Kurse von deutschen Staatsanleihen kletterten deutlich.

Nachdem der Wahlsieg Trumps feststand, sprach Marktexperte Daniel Saurenz von Feingold Research in einer ersten Reaktion von einem "Horrorszenario für die Finanzmärkte" ... Und? Tja, das Horrorszenario fiel zunächst aus, noch am Tag des Wahlsieges von Trump legten die Aktienindizes zu, die Wall Street startete eine Rekordjagd, deren Ende nicht in Sicht ist. Und der Goldpreis steht seither mehr und mehr unter Druck!

Und was macht der Goldpreis?

Vom "Horrorszenario für die Finanzmärkte" ist bisher weit und breit nichts zu sehen, der Goldpreis startete bisher keine Preisrally - im Gegenteil: Seit Trumps präsidialer und versöhnlicher Rede direkt nach dem Wahlsieg, erhöhte sich der Druck auf den Goldpreis, der zeitweise eine kräftige Talfahrt hinlegte. In den vergangenen zwei Wochen rutschte der Wert des gelben Edelmetalls annähernd zehn Prozent ab.

Inzwischen kostet eine Feinunze Gold nur noch um 1.190 US-Dollar, so wenig war Gold zuletzt im Februar 2016 wert. Damit scheint Gold seinen Abwärtstrend, der bereits im Sommer zu spüren war, noch zu beschleunigen. Analysten warnen bereits vor gefährlichen Chartformationen: Jüngst kreuzte die Linie des 50-Tages-Durchschnittspreises jene des 200 Tages-Durchschnittspreises von oben nach unten - Chartanalysten nennen eine solche Konstellation "Todeskreuz", was häufig weitere Verluste nach sich zieht.

Reißt "Todeskreuz"-Formation den Goldpreis weiter in die Tiefe?

Aus charttechnischer Sicht bleibt der Preisdruck bei Gold weiter bestehen, aus Investorensicht gibt es aber weiter große Hoffnung auf einen Turnaround und eine bald folgende Goldpreisrally. Dafür gibt es mehrere Gründe: Nachdem die Konjunktur in den USA weiter robuste Daten liefert - trotz Trump-Triumph -, denkt die US-Notenbank Fed laut über eine Leitzinserhöhung im Dezember nach. Die Fed geht also davon aus, dass die Inflation in den USA stabil ist oder sogar weiter steigen könnte. Und das könnte dem Goldpreis - trotz steigender Zinsen - Auftrieb geben; schließlich gilt das Edelmetall als Schutz vor Geldentwertung.

Wie diese Entwicklung weiter geht, hängt sehr von der Fed ab. Wenn die Notenbank vorsichtig agiert und der Inflation die Möglichkeit zur Entfaltung gibt, könnte Gold davon profitieren, meint Axel Merk von Merk Investments in San Francisco. Goldanleger sollten genau hinschauen und sich folgende Fragen stellen: Erhöht die US-Notenbank um Präsidentin Janet Yellen die Zinsen im Dezember? Wann folgt dann der nächste Zinsschritt? Was macht die US-Konjunktur, wenn Donald Trump sein Wirtschaftsprogramm umsetzt, vor dem unter anderem Nobelpreistärger Joseph Stiglitz und Fondsprofi Jeffrey Gundlach warnen?

Goldpreisrally könnte bald starten

Der Startschuss für die nächste Goldpreisrally dürfte allerdings nicht in den USA fallen. Europa und vor allem die Eurozone stehen nach dem Brexit im Frühjahr vor weiteren Bewährungsproben: Am 4. Dezember wählen die Österreicher ihren Bundespräsidenten. Gewinnt der rechtspopulistische Norbert Hofer, dann droht eine EU-feindliche Politik in der Alpenrepublik. Der FPÖ-Mann schließt einen "Öxit", also den Austritt Österreichs aus der Europäischen Union, nicht aus.

Ebenfalls am 4. Dezember könnte es auch in Italien einen weiteren Rechtsruck geben. Die Italiener stimmen dann in einem Referendum darüber ab, ob die Verfassung reformiert werden soll. Ministerpräsident Matteo Renzi hat den Erfolg beim Referendum mit seinem weiteren politischen Schicksal verknüpft: Stimmen die Italiener mit "Nein", dann wird Renzi zurücktreten, der "Rexit", also der "Exit" Renzis, würde Wirklichkeit. Die Folge dürfte eine Regierungskrise sein, die der bereits lahmenden italienischen Wirtschaft - und vor allem Europa schaden wird. Renzi gilt derzeit als einer der letzten verbliebenen Europa-Freunde in Italien.

EU-feindliche Politik treibt Goldpreis nach oben

Gehen die Rechtspopulisten aus diesen beiden Wahlen als Sieger hervor, könnte das der Anfang vom Ende der EU sein - und damit der Eurozone. Keine Europäische Union, keine gemeinsame Währung, keine gemeinsame Politik - Europa droht der Zerfall in nationalistische Einzelstaaten, die Unsicherheiten dürften steigen.

Politisch gesehen nicht für jedermann eine schöne Vorstellung, für Gold-Investoren aber eine hoffnungsvolle Zukunft. Im Kielwasser von Trumps Triumph, Hofers Sieg und Renzis Niederlage könnte das "Todeskreuz" im Goldchart schneller als gedacht vergessen sein - eine Goldpreisrally ist wahrscheinlich.

Im kommenden Jahr folgen dann die Bundestagswahl in Deutschland und die Präsidentenwahl in Frankreich. Sowohl der rechtspopulistischen AFD als auch dem fast rechtsradikalen Front National werden gute Chancen eingeräumt. Die AFD könnte erstmals in den Bundestag einziehen, dem Front National werden sogar Chancen eingeräumt, mit Marine Le Pen die neue Präsidentin Frankreichs zu stellen - für Goldpreisspekulanten gar keine schlechten Aussichten ...



Von Markus Gentner/Redaktion finanzen.at

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