WTI
Finanzstabilität bedroht |
24.05.2016 14:00:50
|
EZB sieht niedrigen Ölpreis als Stabilitätsrisiko
Darüber hinaus befürchtet die EZB Stress für Investmentfonds, der durch Liquiditätsrisiken verstärkt werden und das gesamte Finanzsystem beeinflussen könnte. Den niedrigen Ölpreis betrachtet die EZB nun definitiv als Stabilitätsrisiko.
1. Anstieg der Risikoprämien
Die EZB weist darauf hin, dass dieses Risiko um die Jahreswende teilweise eingetreten ist. "Die höhere weltweite Risikoaversion wurde von einer neuen Volatilität des chinesischen Aktienmarkts und Sorgen über die Schwellenländer allgemein ausgelöst", heißt es in dem Bericht. Verluste habe es vor allem bei risikoreicheren Aktiva gegeben, zum Beispiel bei Aktien und bestimmten Unternehmensanleihen. Der Ölpreis war im Januar nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien, um weitere 10 Prozent abgestürzt. Der Dax verlor in den ersten sechs Wochen des Jahres 2.000 Punkte.
Laut EZB fallen die Entwicklungen beim Ölpreis mit niedrigeren weltweiten Wachstumserwartungen zusammen und beeinflussen zudem weltweit die Asset-Preise. "Die niedrigen Ölpreise haben zu höheren Kreditrisiken beigetragen und signalisierten schwächere Wachstumserwartungen, vor allem für Öl exportierende Länder", heißt es in dem Bericht. Der Zusammenhang zwischen Risikoprämien und dem Ölpreis habe sich verstärkt.
2. Gewinnschwäche von Banken und Versicherern
Nach Aussage der EZB wurde der Bankensektor des Euroraums um die Jahreswende von einer deutlich verschlechterten Marktstimmung getestet. Dieser Test habe allerdings nur begrenzte systemische Implikationen gehabt. "Investoren wurden zunehmend besorgter hinsichtlich der Fähigkeit der Banken, bei niedrigen Zinsen nachhaltig Gewinn zu generieren", schreibt die EZB.
In der Folge hätten Bankaktien zwischen November 2015 und Mitte Februar 2016 ein Drittel ihres Werts eingebüßt. Erfasst wurden davon auch die Märkte für verlustabsorbierende Instrumente, die die Banken neuerdings vorhalten müssen. Die EZB hält die Aktienmarktverluste teilweise für übertrieben, weist aber darauf hin, dass die Eigenkapitalrendite vieler Banken niedriger sei als ihre Eigenkapitalkosten. Als Problem betrachtet die EZB zudem den teilweise hohen Bestand an notleidenden Krediten.
3. Schuldentragfähigkeit
Die Stressindikatoren der öffentlichen Verschuldung befinden sich laut EZB auf niedrigem Niveau, gleichwohl gebe es weiterhin Sorgen betreffend der Schuldentragfähigkeit. Zugleich verweist die EZB darauf, dass die politischen Risiken im Euroraum gestiegen seien, was die Umsetzung von Reformplänen behindere. Sorgen macht sich die EZB zudem über die Schuldentragfähigkeit nicht-finanzieller Unternehmen. Deren Verschuldung sei von Land zu Land verschieden, im Durchschnitt aber nach internationalen und historischen Standards hoch.
4. Investmentfonds
Die EZB ist wegen der zunehmenden Risiken besorgt, die von einem wachsenden Schattenbankensektor ausgehen. Die meisten Stabilitätsrisiken gingen von Teilen der Investmentfondsindustrie aus, die in den vergangenen Jahren rapide gewachsen seien. Investmentfonds hätten Ende 2015 Kredite über 1.200 Milliarden Euro an Finanzinstitute vergeben, 950 Milliarden an Regierungen und 330 Milliarden an nicht-finanzielle Unternehmen. Plötzliche Mittelabzüge aus diesen Fonds könnten sich daher schnell auf andere Sektoren ausbreiten.
In der Eurozone beheimatete Investmentfonds halten laut EZB Aktiva außerhalb des Euroraums über 4.200 Milliarden Euro, das seien 40 Prozent aller Aktiva.
5. Mögliche Reaktionen
Die EZB schlägt vor, die Eigenkapitalrichtlinien nach Basel III bis Ende 2016 umzusetzen, ohne dabei die gesamten Kapitalanforderungen deutlich zu erhöhen. Im Hinblick auf die regulatorische Vorzugsbehandlung von Staatsanleihen in Bankbilanzen spricht sie von "anhaltenden Arbeiten", die "vorsichtig und langsam" abliefen. Zwar müsse diese Regulierung geändert werden, doch sollte eine Beeinträchtigung des Markts vermieden und ein internationales Vorgehen gesichert werden.
DJG/hab/kla
Dow Jones Newswires
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)
Weitere Links:
Rohstoffe in diesem Artikel
Ölpreis (Brent) | 81,30 | -1,19 | -1,44 | |
Ölpreis (WTI) | 78,66 | -1,84 | -2,29 |