Erdgaspreis - Natural Gas
Steuersenkung |
18.08.2022 15:16:00
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Deutsche Bundesregierung will Mehrwertsteuer auf Gas herunterfahren
Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz solle so lange gelten, wie die staatliche Gasumlage erhoben wird, also bis Ende März 2024. Laut Finanzministerium kann er greifen, sobald Bundestag und Bundesrat zugestimmt haben.
Im Winterhalbjahr bis 31. März 2023 kostet die Steuersenkung den Staat laut Finanzministerium knapp fünf Milliarden Euro. Weiter könne man noch nicht vorausblicken, da sich Gaspreis und -verbrauch zu volatil entwickelten, hieß es.
Scholz betonte, er erwarte von den Unternehmen, dass sie die Steuersenkung eins zu eins an die Verbraucher weitergeben. "Das werden wir auch sehr klar kommunizieren", versprach er. Ähnlich äußerte sich Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
Hintergrund ist die Gasumlage, mit der Importeure ab Oktober wegen des Ukraine-Kriegs erhöhte Beschaffungskosten an die Verbraucher weitergeben können. Zahlen müssen dann alle Gasnutzer, ob Privatleute oder Unternehmen - und zwar zunächst etwa 2,4 Cent pro Kilowattstunde. Auf die Umlage fällt zudem Mehrwertsteuer an.
Die Bundesregierung wollte das eigentlich verhindern und so dafür sorgen, dass der Staat nicht mitverdient. Nach europäischem Recht ist es aber nicht vorgesehen, auf die Mehrwertsteuer zu verzichten. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni schrieb Finanzminister Christian Lindner, die Bundesregierung habe aber die Möglichkeit, die Mehrwertsteuer auf den EU-Mindestsatz von 5 Prozent zu senken.
Diesen Schritt wählt die Ampel-Koalition nun nicht. Stattdessen will sie den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent nutzen. In Deutschland gilt in der Regel ein Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Auf ausgewählte Waren fallen aber 7 Prozent an.
Habeck betonte: "Es war immer klar: Wir wollen nicht, dass die Menschen noch zusätzlich durch die Mehrwertsteuer auf die Gas-Umlagen belastet werden. Da eine direkte Steuerbefreiung europarechtlich nicht möglich ist, ist eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas folgerichtig."
Lindner betonte, mit der Steuersenkung gehe die Bundesregierung deutlich über eine Kompensation der Gasumlage hinaus. Der ermäßigte Steuersatz stelle sicher, "dass der Staat nicht Profiteur der hohen Gaspreise wird", sagte er der "Rheinischen Post".
Ob die Steuersenkung die Mehrbelastung durch die Gasumlage tatsächlich ausgleicht, ist allerdings umstritten. Den Vergleichsportalen Verivox und Check24 zufolge liegt die Gasumlage beim aktuellen Gaspreis noch höher. Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, rechnet damit, dass lediglich zwei Drittel der Gasumlage aufgefangen werden.
Etwa die Hälfte aller Haushalte in der Bundesrepublik heizt mit Gas. Beispielrechnungen zufolge bedeutet die Umlage für einen Einpersonenhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden schon ohne Mehrwertsteuer jährliche Zusatzkosten von rund 121 Euro. Für einen Familienhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden liegen die Mehrkosten ohne Mehrwertsteuer bei rund 484 Euro im Jahr.
Die "Wirtschaftsweise" Veronika Grimm hält die Steuersenkung für den falschen Schritt. "Verglichen mit den dann zu erwartenden Preissteigerungen ist das ein Tröpfchen auf den heißen Stein", sagte sie dem "Handelsblatt". Nötig seien darüber hinaus Entlastungen bis in die Mitte der Gesellschaft. "Nur fehlen jetzt Einnahmen aus der Mehrwertsteuer, die zur Finanzierung beitragen könnten." Scholz kündigte ein weiteres Entlastungspaket an, über das die Bundesregierung in den kommenden Wochen beraten werde.
Umlagen für Regelenergie und Gasspeicher festgelegt
Auf Gaskunden könnten neben der Gasumlage zur Rettung wichtiger Importeure noch weitere Umlagen zukommen. Vom 1. Oktober an müssen Gasversorger auf jede von Haushalten verbrauchte Kilowattstunde Erdgas 0,57 Cent für sogenannte Regelenergie zahlen, wie das Unternehmen Trading Hub Europe (THE) am Donnerstag in Ratingen mitteilte. Bei Firmen beträgt die Umlage 0,39 Cent je Kilowattstunde. Ob und in welcher Höhe diese Umlagen von den Gaslieferanten auf die Endverbraucher umgelegt werden, ist offen. Sie kämen dann zu der bereits veröffentlichten Gasumlage von 2,419 Cent je Kilowattstunde hinzu.THE ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Ferngas-Netzbetreiber. Es setzt Regelenergie, also Gas, immer dann ein, wenn im bundesweit zusammenhängenden Gasnetz das Verhältnis zwischen ein- und ausgespeisten Gasmengen nicht ausgeglichen ist. Die Kosten werden umgelegt. Diese schon seit mehreren Jahren bestehende Umlage beträgt aktuell null Euro.
Auch die Höhe der Gasspeicherumlage wurde am Donnerstag veröffentlicht. Sie beträgt 0,059 Cent je Kilowattstunde. Bei einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden würde das Mehrkosten von 11,80 Euro ohne Mehrwertsteuer pro Haushalt pro Jahr nur für die Gasspeicherumlage bedeuten. Auch hier ist allerdings noch unklar, ob und wie sie auf die Verbraucher umgelegt wird. Die Gasspeicherumlage soll THE die Kosten ersetzen, die zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit entstehen, also für den Gas-Einkauf.
Scholz kündigt neues Entlastungspaket in kommenden Wochen an
Bundeskanzler Olaf Scholz hat angesichts der steigenden Energiepreise ein neues Entlastungspaket in den kommenden Wochen angekündigt. Damit solle der große Druck, der auf vielen Bürgern und Unternehmen laste, abgemildert werden, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag in Berlin. "Wie das Paket genau aussieht, besprechen wir vertrauensvoll in der Regierung. Die Gerechtigkeitsfrage ist entscheidend, damit das Land in dieser Krise zusammenhält." Scholz wiederholte den Spruch: "You'll never walk alone."Die staatliche Gasumlage in Höhe von 2,4 Cent pro Kilowattstunde gilt ab Oktober. Sie soll Gasversorger absichern, die zu hohen Preisen Ersatz für ausbleibendes, günstigeres Gas aus Russland kaufen müssen. Hinzu kommt, dass höhere Beschaffungskosten ohnehin schrittweise bei den Kunden ankommen.
BERLIN / RATINGEN (dpa-AFX)
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