Warnung vor Volatilität |
30.06.2021 22:52:00
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Analysten und Big Oil-CEOs einig: Ölpreise knacken bald die 100-Dollar-Marke
• Geringere Investitionen sorgen für künftige Angebotsverknappung
• Auch Analysten glauben, dass die Öl-Nachfrage das Angebot übersteigen wird
Öl ist momentan so teuer wie schon lange nicht mehr: Aufgrund fallender US-Lagerbestände sind die Preise für Rohöl der Sorten Brent und WTI in der vergangenen Woche wieder auf den höchsten Stand seit Oktober 2018 geklettert. Der zwischenzeitlich heftige Einbruch zu Beginn der Corona-Krise ist damit vergessen. Doch das Ende der Ölpreisrally ist noch lange nicht erreicht, sind sich sowohl Analysten als auch die CEOs der Ölkonzerne Royal Dutch Shell, ExxonMobil und TotalEnergies einig. Sie prognostizieren auch für die Zukunft ein zu knappes Angebot und damit steigende Ölpreise, die sogar die Marke von 100 US-Dollar übertreffen werden.
Konzernchefs: Ölpreisanstieg auf 100 US-Dollar möglich - trotz zunehmender Volatilität
In vielen Ländern flaut die Corona-Pandemie dank steigender Impfquoten zurzeit ab und die Wirtschaft erholt sich. Laut "Bloomberg" nimmt momentan auch der Auto- und Flugverkehr wieder zu. In diesem Umfeld steigt die Nachfrage nach Öl, da die Energiewende noch nicht so weit fortgeschritten ist, dass man auf den fossilen Energieträger verzichten könnte. Da in die Ölproduktion allerdings aufgrund der Energiewende momentan nicht so viel Geld investiert wird wie früher, warnen die Chefs großer Ölfirmen davor, dass die Nachfrage nach dem schwarzen Gold bald das Angebot übersteigen und die Preise weiter in die Höhe schnellen lassen wird. "Ich denke, dass das Herauskommen aus der Pandemie und der Mangel an Investitionen in unsere Industrie die Angebotssituation verschärfen und eine Knappheit erzwingen werden", sagte Darren Wood, CEO von Exxon Mobil, laut "Reuters" im Rahmen des Qatar Economic Forum mit Blick auf die zunehmende wirtschaftliche Erholung. Auch wenn sich das Angebot auf längere Sicht erholen und ausbalancieren werde, glaubt der Big Oil-CEO, dass man "auf kürzere Sicht wahrscheinlich höhere Preise" sehen wird.
Auch Patrick Pouyanné, der CEO von TotalEnergies, glaubt an einen steigenden Ölpreis. "Es gibt durchaus eine Chance, die 100 US-Dollar [pro Barrel] zu erreichen", sagte er laut "Reuters". Zuletzt hatten die Preise für Brent und WTI im Jahr 2014 auf diesem Niveau gelegen. Gleichzeitig warnte Pouyanné allerdings auch davor, dass man in den kommenden Jahren auch wieder "einige Tiefs" sehen könnte. An diese Volatilität sei man inzwischen allerdings gewöhnt, so der TotalEnergies-Chef. Auch Shell-CEO Ben van Beurden stimmte dieser Einschätzung zu: "Wir werden wahrscheinlich beides sehen, den Ölpreis bei 50 US-Dollar und bei 100 US-Dollar, aber fragen Sie mich nicht in welcher Reihenfolge", sagte er laut "Reuters" auf dem Qatar Economic Forum.
Auch Analysten bullish für Öl
Die Chefs der Ölmultis, deren Geschäft - trotz der laufenden Neuausrichtung mit Blick auf den Klimaschutz und erneuerbare Energien - natürlich von steigenden Ölpreisen profitieren würde, sind mit ihrer optimistischen Prognose für den fossilen Energieträger nicht alleine. Auch Analysten trauen dem Ölpreis noch einiges zu.
So hob die Bank of America laut "Reuters" kürzlich ihre Vorhersage für den Brent-Preis an und glaubt nun, dass dieser im kommenden Jahr aufgrund eines "knapperen Ölvorrats" auf 100 US-Dollar steigen kann - wenn auch nur kurz. "Wir glauben, dass die robuste Erholung der globalen Öl-Nachfrage das Angebotswachstum innerhalb der nächsten 18 Monate übersteigen wird, dabei werden die Lagerbestände weiter aufgezehrt und so die Bühne für höhere Ölpreise bereitet", schrieb die Bank in einer Studie vom 20. Juni, die der Nachrichtenagentur vorliegt. Ihre Schätzung für den durchschnittlichen Preis für Rohöl der Sorte Brent hob die Bank of America daher für das kommenden Jahr kräftig von 60 US-Dollar auf 75 US-Dollar an. Der Ölmarkt werde in den nächsten sechs Quartalen ein Defizit von 900.000 Barrel pro Tag ausweisen, so die US-Bank weiter. Der daher erwartete Preissprung dürfte aber letztlich nicht von langer Dauer sein. Die Schieferölproduzenten würden auf die höheren Preise voraussichtlich mit einer Steigerung der Produktion reagieren und so den Preis für Brent bis 2023 wieder auf durchschnittlich 65 US-Dollar pro Barrel drücken, so die Experten.
Auch Analyst Jeffrey Currie von Goldman Sachs glaubt laut "Financial Times" an einen neuen Superzyklus bei Rohstoffen und hält einen Preis von 100 US-Dollar zumindest für möglich, auch wenn sein durchschnittliches Preisziel für Brent im dritten Quartal 2021 lediglich bei 80 US-Dollar je Barrel liegt. Es bestehe aber das Potenzial für Ausbrüche deutlich über dieses Level, so Currie laut "Yahoo Finance". Der globale Ölmarkt sehe gerade seinem größten Defizit seit dem letzten Sommer entgegen, da die wirtschaftliche Erholung schneller verlaufe als erwartet und das robuste Nachfragewachstum auf eine nahezu unflexible Angebotskurve treffe.
Auch Jeremy Weir vom Rohstoffhandelsunternehmen Trafigura sagte mit Blick auf die 100-Dollar-Marke laut "Financial Times", es "besteht eine Chance für den Ölpreis, diese Zahlen zu erreichen". Ähnlich wie die CEOs der Ölkonzerne bereitet auch ihm der Mangel an Ausgaben für neue Ölvorräte Sorgen. "Wir sind von Reserven für 15 Jahre auf 10 Jahre gefallen. Wir haben gesehen, wie sich der Investitionsaufwand von 400 Milliarden US-Dollar pro Jahr vor fünf Jahren auf nun nur noch 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr reduziert hat. Darum gibt es Bedenken auf der Versorgungsseite", so Weir. Und das werde seiner Meinung nach "die Preise wahrscheinlich höher treiben."
Redaktion finanzen.at
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