Lektion gelernt? |
10.09.2013 10:05:33
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Fünf Jahre nach Lehman: Zertifikate-Branche kämpft weiter mit Folgen
Die Branche, die es seit Anfang der Neunziger Jahre gibt, ist daher von den Rekordmarken aus der Zeit vor der Lehman-Pleite im September 2008 weit entfernt. Damals hatte das Marktvolumen noch knapp 140 Milliarden Euro betragen, so Lars Brandau, Geschäftsführer des Branchenverbandes DDV. Nach einem Einbruch auf rund 80 Milliarden Euro kurz nach der Lehman-Pleite dümpelt es seit Anfang 2012 um die Marke von 100 Milliarden Euro herum - Tendenz fallend. Heute zeigen die meisten Privatanleger Brandau zufolge eine große Zurückhaltung, viele haben sogar Angst vor neuen Investitionen.
Das gilt sogar für die Zugpferde der Branche, nämlich die als recht sicher geltenden, so genannten strukturierten Anleihen. Sie leiden besonders unter dem Liebesentzug der Anleger. Zwar böten diese Zertifikate in Zeiten historisch niedriger Zinsen die Chance auf eine etwas höhere Rendite als deutsche Staatsanleihen - wenn der Anleger bereit ist, bestimmte Zusatzbedingungen wie etwa die Koppelung an einen variablen Zins zu akzeptieren. Dennoch geht ihr Marktvolumen seit November 2012 kontinuierlich zurück.
Dass es die Zertifikate aber besonders arg trifft, hat Gründe - und einige davon sind hausgemacht. So bewerten mehr als die Hälfte der Anlageberater in Sparkassen und Banken den Markt für Zertifikate als unübersichtlich. Grund sei das große Produktangebot von aktuell rund einer Millionen Zertifikaten, hieß es in einer Meinungsumfrage des Fachmagazins "Zertifikteberater". Lediglich 17 Prozent der Befragten sähen das vielfältige Angebot als Vorteil, um für jede Anlageidee und jedes Kundenprofil eine passende Lösung zu finden.
Andere Länder in Europa kommen mit deutlich weniger Zertifikaten aus. So gibt es in Österreich, in Frankreich, Italien, Schweden und in der Schweiz zusammen nur rund 75.000 Produkte. Die geringere Auswahlmöglichkeit deutet jedoch nicht automatisch auf eine geringe Nachfrage hin - im Gegenteil: So wurden in der Schweiz rund 125 Milliarden Euro in sogenannte Anlegerzertifikate investiert, die nur ein begrenztes Risiko aufweisen. Damit belegt das Land einen Spitzenplatz in Europa. In Deutschland hingegen liegt das Marktvolumen trotz der Flut an Anlegerzertifikaten mit knapp 87 Milliarden Euro deutlich darunter.
Das liegt für Experten auch daran, dass die hier angebotenen Zertifikate oft derart komplex geworden sind, dass sie von Laien kaum noch zu verstehen sind. "Wir haben schon Produkte gesehen, bei denen die Auszahlung bei Laufzeitende an bis zu 200 Kriterien gekoppelt war", sagt Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur der Zeitschrift Finanztest. Gerade noch verständlich hingegen seien höchstens fünf Kriterien wie der Stand eines Aktienindex oder die Wertentwicklung eines Aktienkorbes.
Da helfe es auch wenig weiter, dass Zertifikate bei einem Vergleich der Risiko- und Renditeeigenschaften häufig besser abschneiden als andere Anlagen wie etwa Lebensversicherungen, sagte Simon Ullrich, Leiter Zertifikate-Analyse bei der Ratingagentur Scope. Dazu kommt noch die dauerhaft niedrigen Zinsen. Diese machen der Branche wie allen anderen Anbietern von Anlageprodukten zu schaffen. Seitdem die Folgen der Finanz- und Staatsschuldenkrise mit einer Flut an billigem Zentralbankgeld bekämpft werden sollen, bieten selbst Zertifikate aktuell keinen besonders hohen zusätzlichen Renditekick für Anleger mehr.
Zertifikate sind also auch Jahre nach Lehman keine einfachen Finanzanlagen. Wer sich dafür interessiert, sollte sich die Komplexität der Produkte erklären lassen, meint Chefredakteur Tenhagen. Zudem sollten Anleger nachfragen, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine höhere Rendite als bei einer Anlage in Festgeld oder bei einer Investition in Aktien erzielt werden kann - denn nur dann bieten Zertifikate im aktuellen Zinstal einen Mehrwert.
/la/zb/fbr/
Von Lutz Alexander
FRANKFURT (dpa-AFX)
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