Euro am Sonntag-Titel 24.02.2013 03:00:00

Währungskrieg: Was die Abwertung des Yen für die Börsen bedeutet

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Viele Ökonomen mahnen darum zur Beruhigung. Noch können die Bewegungen am Devisenmarkt —auch wenn sie in rasantem Tempo vonstatten gingen — durchaus als Korrektur bewertet werden. „Japan war in den vergangenen Jahren so etwas wie der Schockabsorber der gebeutelten Weltwirtschaft“, meint Währungsexperte Kressin. Das Land sei zum Flucht­hafen für viele Anleger geworden, und nicht zuletzt dies habe zu einer starken Yen-Aufwertung geführt. „Im Moment nimmt Europa diese Rolle ein.“ Doch auch die Gemeinschaftswährung sei im historischen Verlauf nicht überbewertet, betont der Währungsexperte.

Währungskrieg abgewendet
Im Vorfeld des G 20-Treffens in Moskau haben sich die Regierungen der sieben führenden Industrie­nationen mit dem Geschehen am ­Devisenmarkt beschäftigt. In einer gemeinsamen Erklärung bekennen sich die Länder — darunter auch ­Japan — zu freien Wechselkursen.

Der Yen könnte dennoch weiter abwerten, meint Kressin. Denn seiner Meinung nach ist eine der Kernbotschaften der Erklärung von vergangener Woche, dass geld- und fiskalpolitische Maßnahmen mit den Richtlinien des internationalen Wettbewerbs vereinbar sind, solange es sich um inländische Stimuli handelt. Die Bank of Japan darf also eigene Staatsanleihen ankaufen, um den Markt mit frischem Geld zu versorgen. Der massive Ankauf ausländischer Bonds zur Abwertung des Yen wäre hingegen mit der G 7-Währungsdeklaration von vergangener Woche nicht vereinbar.

Die Gefahr eines echten Währungskriegs scheint also erst einmal abgewendet. Was bleibt: Kurze, oft heftige Währungsbewegungen wie zuletzt beim Yen werden wohl nicht seltener werden in einer Zeit, in der sich das wirtschaftliche Gleichgewicht zwischen den Staaten verschiebt — wie aktuell zwischen den alten Industrieländern und vielen Schwellenländern. Anleger müssen den Währungsscharmützeln aber nicht tatenlos zusehen, sondern können die Bewegungen für sich nutzen.

Schub und Bremse
Abwertungen bringen für Aktionäre nicht nur Vorteile
Japans Finanzminister Akira Amari ist ein Mann mit Visionen: Bis Ende März will er den japanischen Leitindex Nikkei auf 13.000 Punkte hieven — 15 Prozent höher, als er heute steht. Eine ungewöhnliche Agenda, Aktienkurse sind für Finanzminister in der Regel bestenfalls zweitrangig. Doch Japan will zeigen, dass seine wirtschaft­liche Erholung mehr als ein Strohfeuer ist. Viele Anleger scheint das bisher zu überzeugen. Sie pumpten Milliarden in Japans Aktienmarkt. Ihre Hoffnung: Der schwächere Yen treibt Japans Börsen, da die dort notierten Exportunternehmen durch niedrigere Preise größere Anteile auf dem Weltmarkt erobern und in Yen gerechnet höhere Gewinne erzielen.

Laut Michael Winkler eine berechtigte Hoffnung. „In der Regel entwickeln sich Abwertungsbörsen besser als Hartwährungsbörsen“, sagt der Investmentstratege der St. Galler Kantonalbank Deutschland. Um rund 25 Prozent ist der Yen seit November zum Euro gefallen, mit 30 Prozent Plus hat der Nikkei viele Leitindizes hinter sich gelassen. Japans Elektronik- und Autokonzerne spüren den Währungsschub bereits.

Toyota, Toshiba und Sony melden nach zuletzt zum Teil hohen Verlusten und trotz starker ausländischer Konkurrenten wie Samsung oder Hyundai wieder Gewinne. Die Analysten der Investmentbank Daiwa Securities erwarten sogar, dass sich die Gewinne der größten japanischen Konzerne im bis Ende März laufenden Geschäftsjahr verdoppelt haben.

Auch anderen Börsen hat eine schwächere Währung oft Auftrieb gegeben. Der weichere Euro hat den deutschen Konzernen 2011 und 2012 geholfen und den Leitindex DAX trotz Schuldenpanik getrieben. Die Börsen in Venezuela oder Argentinien zeigen im Moment, dass Währungsabwertungen und hohe Inflation für kurzfristig orientierte Anleger kein Schreckgespenst sein müssen.

Langfristig sind schwächere Wechselkurse aber kein Garant für einen Boom. Nach dem Plaza-Abkommen von 1985 profitierte die US-Börse längere Zeit von den durch die Dollarabwertung ausgelösten Konjunkturhoffnungen, der Dow Jones stieg von 1985 bis 1987 um rund 120 Prozent. Die hohe Inflation, das Handelsdefizit und die wirtschaftlichen Probleme beendeten die Euphorie aber jäh. Am 19. Oktober 1987, dem „schwarzen Montag“, stürzte der Dow Jones um 22,5 Prozent ab, der Crash breitete sich weltweit aus. Auch nach dem „Nixon-Schock“ 1971 stieg der Dow Jones rund 30 Prozent, brach dann aber wegen Währungssorgen und der Ölkrise ein.

In Japan dürfte die Hausse jedoch noch nicht zu Ende sein. Die Chancen, dass die Regierung die hartnäckige Deflation und Stagnation überwindet, stehen besser als in den vergangenen Jahren. Aber: Der schwache Yen treibt die Kosten für Einfuhren, etwa für Energieimporte. Auf diese ist die japanische Wirtschaft nicht erst seit der Atomkatastrophe von Fukushima stark angewiesen. Zudem sollten Anleger hierzulande auf einen weiteren Bremseffekt der Währungsabwertung achten: Während der Nikkei in Yen gerechnet seit November um 30 Prozent gestiegen ist, waren es in Euro nur rund fünf Prozent. Wenn investieren, dann währungsgesichert.

Unser Geld, euer Problem
Währungskonflikte sind historischer Alltag
Als US-Präsident Richard Nixon am 15. August 1971 vor die Kameras trat, verkündete er das Ende einer Ära: Er kappte die uralte Goldbindung des US-Dollar, der auch der Stabilitätsanker des 1944 in Bretton Woods vereinbarten Systems der festen Wechselkurse war. Nachdem er das getan hatte, versuchte er den Amerikanern ihre Sorgen zu nehmen: Ja, der US-Dollar werde im internationalen Vergleich abwerten, sagte Nixon. Wer sich ein ausländisches Auto kaufen wolle, werde künftig etwas mehr Geld auf den Tisch legen müssen. Die große Mehrheit aber, die ihr Geld im Inland für US-Waren ausgebe, werde vom schwächeren Dollar nichts spüren.

Der „Nixon-Schock“ ist nur ein Beispiel für die zahlreichen Währungskrisen des 20. Jahrhunderts. Immer wieder haben Länder versucht, an einer der wichtigsten Stellschrauben ihrer Wirtschaft zu drehen: dem Außenwert ihres Geldes. In Lateinamerika und Asien sind Währungsscharmützel an der Tagesordnung. Auch Italien oder Spanien haben vor dem Euro ihre Wechselkurse unzählige Male tiefer angesetzt, um sich aus Krisen zu ziehen.

Selbst die USA wissen, dass ein schwächerer Dollar Vorteile hat. 1985 handelten sie im Plaza-Abkommen aus, dass die Notenbanken der fünf wichtigsten Industriestaaten in einer konzertierten Aktion den Dollar gegenüber der D-Mark um 20, gegenüber dem Yen um 50 Prozent abwerten werden. Und als Richard Nixon bei seiner Fernsehansprache 1971 das System von Bretton Woods kippte, waren die schwindenden Goldreserven und der wegen des Vietnamkriegs wachsende Schuldenberg nur ein Teil seiner Sorgen: Die USA importierten erstmals mehr Güter, als sie exportierten, neben Chevrolets und Chryslers fuhren immer mehr VW-Käfer auf US-Straßen. Das Ende von Bretton Woods war somit ein herber Schlag für Wirtschaftswunderländer wie Japan oder Deutschland, die lange von den für sie günstigen festen Wechselkursen zum Dollar profitiert hatten. Fortan gab Nixons Finanzminister John Conally eine neue Devise aus: „Unsere Währung, euer Problem“.

Viele erinnerte das an eine dunkle historische Episode — die „beggar thy neighbour“-Politik („ruiniere deinen Nachbarn“) der 1930er. Auch damals hatte sich ein Land aus dem goldgedeckten System verabschiedet: Großbritannien, das 1931 nicht nur mit der Großen Depression, sondern auch mit den Folgen des Ersten Weltkriegs zu kämpfen hatte. Streiks, Arbeitslosigkeit und soziale Unruhen destabilisierten die Insel, die britische Industrie litt unter Überkapazitäten und verlor gegenüber Konkurrenten an Boden. Um das Pfund zu stützen, hatte das Königreich bereits erhebliche Teile seiner Goldreserven eingesetzt. 1931 war diese Politik nicht mehr haltbar.

Großbritannien verließ den Goldstandard und hoffte auf den wirtschaftlichen Schub der schwächeren Währung, der sich vorübergehend auch einstellte. Dass dieser zulasten der Nachbarn ging, zeigte sich schnell. Das Pfund wertete über Nacht ab, die Pfund-Währungsreserven der Nachbarn fielen in sich zusammen. Auch weil die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Wirtschaft im Vergleich sank, scherten weitere Länder aus dem Goldstandard aus oder versuchten sich durch Zölle und Devisenkontrollen zu schützen. Echte Vorteile konnte keiner daraus ziehen. Die Welt zerfiel in Währungsblöcke, die Schockwellen der Großen Depression und des Abwertungswettlaufs liefen bis zum Zweiten Weltkrieg um den Globus.

Investor-Info

Burger-Barometer
Wie viel die Währung wert ist
Das Wirtschaftsmagazin „The Economist“ hat einen interessanten Ansatz, um die Kaufkraft von Währungen zu ermitteln. Sie misst diese anhand von Preisen für Big Macs. Gemessen an der Burger-Kaufkraft, müsste der Euro im Vergleich zum Dollar ab- statt aufwerten, der Yen hingegen auf- statt abwerten.

Japan-Fonds
Schafft Japan die Wende?
Japans Aktienmarkt hat seit November um 30 Prozent zugelegt. Anleger, die in japanische Aktien ­einsteigen wollen, sollten auf währungsgesicherte Produkte und Fondslösungen setzen. Der Julius Bär Japan Equity gehört langfristig zu den erfolgreichsten Japan-Fonds, der Parvest Fonds setzt auf ­kleinere Unternehmen. Kostengünstig ist der ETF.

Schroder Jap. ISIN: LU0236737465
Oyster Jap. ISIN: LU0204988207

Währungs-ETC
Wetten auf den starken Euro
Bleibt die EZB bei ihrer relativ restriktiven Politik, dürfte der Euro weiter steigen. Dies können Anleger mit einem Währungs-ETC nutzen, der die Kurs­bewegung eins zu eins nachbildet. Das Britische Pfund scheint besonders anfällig.

Short GBP1 ISIN: DE000A1DFSD5
Short USD2 ISIN: DE000A1EK0W0
Short JPY3 ISIN: DE000A1DFSF0

Templeton Global Bond Fund
Fonds mit Währungshebel
Fondsmanager Michael Hasenstab investiert an den internationalen Rentenmärkten und setzt dabei auch stark auf Fremdwährungstitel. Mehr als ein Drittel seines Portfolios besteht im Moment aus koreanischen, malaysischen und polnischen Anleihen. Je mehr Bewegung im Währungsmarkt herrscht, desto mehr Renditechancen ergeben sich für Spitzen­manager Hasenstab. In den vergangenen fünf Jahren machte sein Fonds mehr als 70 Prozent Plus.

ISIN: LU0029871042

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