23.10.2008 16:09:00

Guy Wagner: "Es empfiehlt sich, nach und nach einzusteigen"

"Die geldpolitische Lockerung seitens der Zentralbanken fortgesetzt werden"

? Herr Wagner, nach den USA hat nun auch die EU Rettungspakete für den Finanzmarkt beschlossen. Genügen die geplanten Maßnahmen, um die Finanzkrise zu stoppen?

Guy Wagner: Sie gehen in die richtige Richtung. Leider kann aber momentan niemand sagen, ob sie letzten Endes ausreichen werden und rechtzeitig kommen. Ich denke, die Regierungen haben erst einmal alles getan, was derzeit nötig und möglich ist. Jetzt muss der Kreditmarkt wieder in Schwung kommen und das Vertrauen zurückkehren.

? Sind keine weiteren Aktionen möglich?

Wagner: Doch, schon. Insbesondere zwei zusätzliche Maßnahmen wären hilfreich. Zum einen muss die geldpolitische Lockerung seitens der Zentralbanken fortgesetzt werden. Das sollte auch ohne Probleme möglich sein, weil die Bedrohung durch die Inflation zurückgegangen ist. Eine Zinssenkung würde den Banken bei ihrer Rekapitalisierung helfen.

? Und der zweite Punkt?

Wagner: Banken sollten ihre Rechnungslegung nach der Marktwertmethode aussetzen dürfen. Denn diese ist derzeit nicht sinnvoll. Investments werden momentan zu ihrem teilweise stark gefallenen Marktwert evaluiert, selbst wenn beabsichtigt ist, das Vehikel bis zum Laufzeitende zu halten. Diese Wertberichtigungen auf dem Papier sorgen für weiteres Misstrauen.

"Viele Industrieländer steuern klar in eine Rezession"

? Die Börsen haben mit Kurssprüngen reagiert, als das europäische Rettungspaket bekannt wurde. Doch mittlerweile sind die Kurse schon wieder deutlich gefallen. Ist die positive Wirkung der staatlichen Eingriffe bereits verpufft?

Wagner: Das kann man so nicht sagen. Die Börsen haben die Hilfspakete honoriert. Was anschließend die Kurse drückte, waren Konjunktursorgen, die in den Vordergrund traten.

? Kommen wir mit diesen neuen Sorgen vom Regen in die Traufe?

Wagner: Gut sind die Aussichten nicht. Viele Industrieländer steuern klar in eine Rezession. Das gilt vor allem für Europa und die USA. Bislang wurde auch wenig dagegen unternommen, weil der Fokus darauf lag, die Finanzkrise unter Kontrolle zu bekommen.

"Asien ist sehr aussichtsreich"

? Welche Maßnahmen sollten gegen die Wirtschaftsschwäche ergriffen werden?

Wagner: Es müssten große steuerliche Anreizpakete geschnürt werden. Die Staaten, insbesondere die USA, müssten zum Beispiel stärker in die Infrastruktur investieren oder Steuerermäßigungen für Geringverdiener durchsetzen.

? Sie sprechen von einer Rezession in den Industrieländern. Was erwarten Sie von den Schwellenländern?

Wagner: Wir leben in einer globalisierten Welt, sodass auch in den Emerging Markets Rückgänge der Wachstumsraten zu erwarten sind. Doch gleichwohl spricht vieles dafür, dass diese Länder weiter stark wachsen und sogar eine Vorreiterrolle in der Weltwirtschaft übernehmen werden.

? Sollten die Anleger dementsprechend verstärkt in Schwellenländer investieren?

Wagner: Ja, durchaus. Insbesondere Asien ist sehr aussichtsreich. Nach der Asienkrise 1997/98 fand ein großes Umdenken statt. Die dortigen Staaten sind heutzutage nur gering verschuldet, sie haben hohe Devisenreserven und Außenhandelsüberschüsse.

"Es empfiehlt sich, nach und nach einzusteigen"

? Sehen Sie momentan Einstiegskurse?

Wagner: Ja, es empfiehlt sich, nach und nach einzusteigen. Natürlich sollte jedem klar sein, dass derzeit mit extremen, kurzfristigen Schwankungen zu rechnen ist und auch weitere, teils deutliche Kursrückgänge nicht ausgeschlossen sind. Wer bereit ist, das hinzunehmen, findet aktuell viele Unternehmen, die günstig bewertet sind.

? Worauf sollten Anleger achten?

Wagner: Sie sollten nur qualitativ hochwertige Unternehmen erwerben, also solche mit einer extrem soliden Finanzstruktur. Mit Blick auf die Rezessionsgefahr sollten sie zudem Titel bevorzugen, deren Ergebnisse wenig von der Konjunktur beeinflusst werden. Empfehlenswert sind auch Konzerne, die hohe Dividenden zahlen, denn die gewährleisten auch bei schwankenden Kursen beständige Erträge.



IM PROFIL: Guy Wagner
Guy Wagner kam mit einem Abschluss in Wirtschaftswissenschaften der Brüsseler Université Libre 1986 zur Banque de Luxembourg, wo er nacheinander die Leitung der Abteilungen Finanzanalyse und Asset Management übernahm. Seit 2005 ist er Managing Director von Banque de Luxembourg Fund Research & Asset Management und Chef-Ökonom der Bank.



Weitere Infos:

Banque de Luxembourg-Fonds: www.banquedeluxembourg.com

Guy Wagner Blog: www.guywagnerblog.com

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