Euro am Sonntag-Spezial 03.07.2016 03:00:02

Vermögensaufbau mit ETFs: So geht's!

von C. Platt und A. Hohenadl, Euro am Sonntag

Mal geht es an den Börsen aufwärts, mal abwärts - die Geldanlage gleicht einer Berg-und-Talfahrt. Doch wer seinen Blick weitet, erkennt schnell: Langfristig betrachtet klettern die Aktienmärkte stetig nach oben. Das belegen die unten skizzierten Leitindizes für deutsche und US-Aktien deutlich.


Historisch betrachtet sind Aktien die renditestärkste Anlageklasse, und heutzutage gilt mehr denn je, dass sie für den Aufbau von Kapital unerlässlich sind. Denn die früher beliebten klassischen Sparformen haben angesichts extremer Niedrigzinsen ausgedient. Bei 0,07 Prozent liegt derzeit der durchschnittliche Tagesgeldsatz - eine Geldvermehrung ist quasi ausgeschlossen.

Wer Vermögen aufbauen möchte, hat für gewöhnlich viel Zeit. Gerade über lange Zeiträume ist es aber entscheidend, in den Aktienmarkt investiert zu sein. Dazu bietet sich der Einsatz von Produkten an, die dies breit gestreut ermöglichen.

Perfekte Eignung

Besonders gut dafür geeignet sind Ex­change Traded Funds (ETFs). Die Fonds werden an der Börse gehandelt und bilden einen bestimmten Index eins zu eins ab. Sie werden auch als passive Investments bezeichnet, da sie ohne Manager auskommen, der Anlageentscheidungen trifft. Dadurch sind sie sehr günstig. Während ein aktiv gemanagter Aktienfonds rund 1,5 bis 2,0 Prozent im Jahr verschlingt, sind ETFs auf gängige Indizes für weniger als 0,3 Prozent zu haben. Dieser Kostenvorteil macht sie zum perfekten Vehikel für langfristige Investitionen. Denn je länger der Anlagehorizont, desto stärker fallen Kosten ins Gewicht.

Nachfolgend konzentriert sich die Redaktion von Euro am Sonntag auf Indexfonds, die fürs langfristige Sparen geeignet sind und damit auch in die Depots defensiver Anleger gehören. Wir beschreiben, welche ETFs empfehlenswert sind und wie Sparer richtig investieren.


Um die passenden ETFs für den Vermögensaufbau auszuwählen, sind mehrere Schritte nötig. An erster Stelle steht die Analyse der eigenen Situation: Soll das angelegte Geld in fünf Jahren wieder zur Verfügung stehen oder geht es um die Altersvorsorge? Sind bestimmte Anlagesegmente schon im Depot vorhanden? Sind Verluste in dieser Zeit verschmerzbar, und wie hoch dürfen diese sein, damit man nicht nervös wird?

Ist der Anlagehorizont lang und die Risikobereitschaft hoch, kann ein Großteil des Geldes in Aktien fließen. Ist die Risikotragfähigkeit geringer und die Anlagedauer kürzer, sollten Aktien nur beigemischt werden.

Nach der traditionellen Finanzlehre dienen Anleihen in einem diversifizierten Depot als Stabilitätsanker. Auch diese Anlageklasse lässt sich über ETFs abbilden, die Indizes für festverzinsliche Wertpapiere verfolgen. Doch nach Jahren sinkender Zinsen werfen Anleihen so gut wie keine Erträge mehr ab. Gleichzeitig sind die Kurse vorhandener Papiere deutlich in die Höhe geklettert. Das hat zwar in den vergangenen Jahren zu hohen Gewinnen bei Renten-ETFs geführt. Doch es ist fraglich, wie lange sich dies fortsetzt. Vielmehr könnten irgendwann die Zinsen wieder steigen und die Kurse dann nachgeben. Dennoch gehören in ein gut gemischtes Depot stets auch Anleiheprodukte.

Produkte für Bequeme

Wer die Entscheidung über die Gewichtung einzelner Anlageklassen nicht selbst treffen möchte, kann auf sogenannte Robo-Advisors oder ETF-Komplettlösungen zurückgreifen (siehe Investor-Info unten). "Robo-Advisors können für Anleger sehr hilfreich sein, um die Asset Allocation zu bestimmen", sagt Deborah Fuhr vom Finanzdienstleister ETFGI, der sich auf Indexfonds spezialisiert hat. Die Internetportale ermitteln mithilfe einiger Fragen die Risikobereitschaft und die Bedürfnisse der Anleger und empfehlen ihnen ein geeignetes Depot. ETF-Komplettlösungen gehen noch einen Schritt weiter: Sie vereinen in einem einzigen Produkt gleich mehrere Anlageklassen.

Ein wesentliches Element einer soliden Geldanlage ist die Diversifikation. Sparer sollten nicht alles auf eine Karte setzen, sondern Anlageklassen, Regionen, Währungen und Branchen mischen. Dadurch werden die Risiken einzelner Titel oder Ereignisse minimiert. ETFs, die sehr breit gestreuten Indizes folgen, bieten sich hier deshalb besonders an (siehe Tabelle unten).

Auch wenn es heimische Anleger nicht gern hören werden: Der DAX ist als fokussierter Index keine gute Grundlage für den Vermögensaufbau. Nur 30 Titel sind darin enthalten, alle stammen sie aus einem Land, zudem fehlt ein ­adäquater Zugang zu bestimmten Branchen. So gibt es im DAX keinen Nahrungsmittelhersteller und keinen Internetkonzern. "Wenn man überzeugt ist, dass Deutschland besser abschneiden wird als andere Märkte, kann man den DAX als taktische Allokation nutzen", sagt Detlef Glow vom Analysehaus Lipper. "Doch wenn es um den Vermögensaufbau geht, sollten Anleger auf breitere Indizes setzen."

Je mehr, desto besser

Geeignet sind deshalb ETFs, die möglichst viele Länder, Branchen und Einzeltitel enthalten. Das erfüllen besonders gut Produkte auf den MSCI World, in dem mehr als 1.600 Aktien aus sämtlichen Industrieländern enthalten sind. Noch ausgedehnter ist der MSCI All Country World Index, der zusätzlich Aktien aus Schwellenländern wie China beimischt. Das Übergewicht, das US-Aktien im MSCI World haben (54 Prozent Anteil), darf Anleger nicht schrecken. Denn die USA sind nicht nur die größte Volkswirtschaft der Welt, sondern besitzen auch den größten Aktienmarkt und die mit Abstand breiteste Unternehmenslandschaft.

In Europa investiert man am besten über ETFs auf den MSCI Europe oder den Stoxx Europe 600, denn diese liefern eine breite Streuung. Weniger ideal ist hingegen der weithin bekannte Euro Stoxx 50, weil er mit 50 Titeln ausschließlich aus der Eurozone nicht ausreichend diversifiziert ist.

Steht fest, welche Indizes genutzt werden sollen, geht es an die Auswahl der konkreten Produkte. Die gängigsten Indizes werden von so gut wie allen ETF-Gesellschaften angeboten, was den Anlegern die Qual der Wahl zwischen bis zu 15 Fonds lässt. Erstes Kriterium bei der Entscheidung sind die Kosten. Dank des Wettbewerbs zwischen den Anbietern sind die jährlichen Gebühren meist ähnlich gering. Dennoch tauchen gelegentlich Produkte auf, die preislich aus dem Rahmen fallen. Die ausgewählten ETFs sollten zu den billigsten Produkten für ihren Index zählen.

Vorsicht vor den Zwergen

Zweites Kriterium ist das Volumen. Anleger sollten im Normalfall zu großen ETFs greifen. Denn bei kleinen Fonds droht stets die Schließung, weil sie vom Anbieter als unwirtschaftlich angesehen werden könnten. Das ist zwar kein Beinbruch, verursacht aber Umstände, da das Geld neu angelegt werden muss. Zudem werden Gewinne oder Verluste realisiert, was vielleicht zu diesem Zeitpunkt nicht gewünscht war. Als zu klein gilt ein ETF mit einem Vermögen von weniger als 20 Millionen Euro. Bei Produkten bis 50 Millionen Euro sollten Anleger zumindest skeptisch sein.

Ein großes Produkt hat darüber hinaus den Vorteil, dass seine Anteile an der Börse im Regelfall häufig gehandelt werden. Das führt zu einer relativ geringen Differenz zwischen dem Ankauf- und dem Verkaufskurs.

Weitere Kriterien, die die Wahl eines ETFs beeinflussen, sind die Art der Ertragsausschüttung und die Methode, mit der der Index repliziert wird. Bei beiden gibt es aber kein richtig oder falsch. Sie hängen von persönlichen Vorlieben ab (siehe "Wissen").

Hat sich ein Anleger auf einen ETF festgelegt, geht es an den Kauf des Produkts. Indexfonds werden an der Börse gehandelt, daher entfällt der für aktive Fonds typische Ausgabeaufschlag. Als Kosten fallen nur die Transaktionsgebühren und die Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufskurs an.

Regelmäßigkeit zahlt sich aus

Um langfristig Vermögen aufzubauen, empfiehlt sich die Nutzung eines Sparplans. Hierbei zahlt der Anleger regelmäßig einen bestimmten Betrag in den ETF ein. Verschiedene Banken offerieren mittlerweile Sparpläne, in denen ETFs eingesetzt werden können (siehe Investor-Info).

Ganz wichtig ist hier der Blick auf die Transaktionskosten. Manche Anbieter verlangen eine Sockelgebühr, die sich bei kleinen Beträgen oder monatlicher Sparfrequenz stark wertmindernd auswirkt. "Wer monatlich 100 Euro spart und dabei jedes Mal 9,90 Euro Transaktionskosten bezahlt, sorgt für einen satten Ausgabeaufschlag von rund zehn Prozent", veranschaulicht Glow. In einem solchen Fall sei es besser, quartalsweise oder halbjährlich entsprechend höhere Beträge anzusparen, so der Lipper-Fachmann.

Anleger, die ETFs nutzen, müssen selbst entscheiden, welche Märkte sie verfolgen und wann sie ein- oder aussteigen. Beim langfristigen Vermögensaufbau sollten sie sich aber davor hüten, oft umzuschichten. "Durch häufiges Handeln verlieren Anleger Stück für Stück Geld", sagt ETFGI-Chefin Fuhr. Denn jede Transaktion kostet ­Gebühren. Von der Vorstellung, die Märkte timen zu können, sollten sie sich ohnehin verabschieden: "Selbst professionellen Investoren gelingt das nur selten." Für den Vermögensaufbau sind statt Aktionismus vielmehr Geduld und Beharrlichkeit gefragt.

Wissen:

Replikationsmethode
ETFs nutzen verschiedene Methoden, um einen Index nachzubilden. Bei der physischen Replikation werden alle Titel des Index gekauft, bei der Teilreplikation nur die wichtigsten. Bei der synthetischen Replikation werden Swaps genutzt. Das sind Verträge, durch die sich eine Bank verpflichtet, dem ETF die Performance des Index zur Verfügung zu stellen.

Ertragsverwendung
Ausschüttende ETFs kehren ihre Erträge an die Anleger aus, thesaurierende ETFs legen die Erträge wieder im Fondsvermögen an. Zum langfristigen Vermögensaufbau eignen sich thesaurierende Produkte besser, weil bei ihnen der Zinseszins­effekt unmittelbar wirkt.

Besteuerung
Erträge und Veräußerungsgewinne von ETFs unterliegen der Abgeltungsteuer. Bei ausländischen thesaurierenden Fonds ist Vorsicht geboten. Beim Verkauf solcher ETFs müssen Anleger nachweisen, dass die thesaurierten Erträge bereits versteuert wurden. Sonst droht eine erneute Besteuerung.

Investor-Info

ETF-Sparpläne
Stetig wachsendes Angebot

Direktbanken und Onlinebroker sind erste Wahl, wenn es um günstige Konditionen bei Depotführung und Wertpapierhandel geht. Auch bei ETF-Sparplänen können die Institute eine immer größere Auswahl vorweisen. Mittler­weile hat der Onlinebroker Flatex hier das größte und günstigste Angebot - und mit mehr als 300 ETFs auch die meisten kosten­losen Sparpläne.

Anbieter ETF-Sparpläne/ Sparplan davon kostenlos 100 Euro 1)
Comdirect 242/46 1,50 €
DAB Bank 186/156 2,75 € 2
Flatex 496/304 0,90 € 3
Maxblue 130/107 2,90 € 2
S-Broker 388/91 2,50 € 4
1) Gebühr für einen 100-€-Sparplan; 2) ComStage- und db-X-trackers-ETFs kostenfrei; 3) ComStage- und ­iShares-ETFs kostenfrei; 4) ComStage- und ETF-Securities-ETFs bis Sparplanraten von 200 € kostenfrei
Quelle: Unternehmensangaben

DBX Portfolio Total Ret. ETF
Die Komplettlösung

Wer die Mühe scheut, ein eigenes ETF-Depot zusammenzustellen, kann zum Portfolio-Total-Return-ETF greifen. Dieser investiert nur über Indexfonds in verschiedene Aktien- und Anleihemärkte. Im Fokus: eine breite Streuung des Kapitals und geringe Handelskosten. Seit Auflage 2008 erzielte der ETF eine Wertentwicklung von rund 94 Prozent.

Online-Vermögensverwalter
Automatisiertes Anlegen

Robo-Advisors oder Online-Vermögensverwalter wollen die Geldanlage für Privatkunden vereinfachen. Diese müssen einige wenige Fragen etwa zu Anlagehorizont und Risikoneigung beantworten und bekommen dann ein passendes Portfolio präsentiert: In den meisten Fällen eine breit gestreute Anlage in ETFs. Automatisierte, kostenlose Beratungstools bieten Direktbanken wie Maxblue und Comdirect oder die Anbieter Easyfolio und justETF auf ihren Websites. Anbieter wie ­Fintego, Ginmon, Vaamo oder Visualvest übernehmen auch Aufgaben wie Depotverwaltung und regelmäßiges Rebalancing. Dafür verlangen sie pro Jahr Gebühren zwischen 0,4 und 1,25 Prozent der Anlagesumme.

Weitere Links:

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