Kryptowinter mit Folgen |
21.12.2022 22:12:00
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Enttäuschendes Jahr für Bitcoin, Ethereum & Co: Welche Kryptowährungen 2022 die wenigsten Anlegerverluste produzierten
• Nur wenige, kaum bekannte Gewinner
• Top 10 der Kryptowährungen performt unterschiedlich
Es war ein hartes Jahr für Kryptoinvestoren. Nachdem 2021 noch ein massiver Aufwärtstrend zu beobachten war, sorgten 2022 reihenweise Hiobsbotschaften für einen Markteinbruch sondergleichen.
Übergeordnete Marktfaktoren belasten die Börsen
Auffällig war im alten Jahr zunächst, dass Cyberdevisen eine überraschend hohe Korrelation mit dem Aktienmarkt, insbesondere mit Techtiteln zeigten, nachdem der Kryptomarkt sich in den Vorjahren häufiger gegensätzlich zum Aktienmarkt entwickelt hatte. Die einstigen Highflyer des Marktes, darunter Apple, Tesla, Netflix, Alphabet und Co., mussten 2022 kräftig Federn lassen, was insbesondere einer gesunkenen Risikobereitschaft der Anleger und einer zunehmenden Sorge um eine Überbewertung des Marktes zu schulden war. Hinzu kamen mit dem Einmarsch von Russland im Nachbarland Ukraine am 24. Februar noch geopolitische Faktoren, die die Risikoaversion der Anleger zusätzlich verstärkten. Nicht zuletzt war es die Politik der Notenbanken rund um den Globus, die mehrheitlich ihre Niedrigzinspolitik ad acta legten und die Zinswende einläuteten, um der steigenden Inflation Herr zu werden, die Anlegern die Laune an risikobehafteten Investments zusätzlich verdarb. Das wirkte sich auch auf dem Kryptomarkt aus, denn Cyberdevisen gelten als hochspekulative Anlage.
Spezielle Marktereignisse als zusätzlicher Belastungsfaktor
Zusätzlicher Gegenwind kam 2022 zudem von marktspezifischen Ereignissen. So sandte der Terra/LUNA-Crash im Mai 2022 Schockwellen durch den Markt, das vermeintlich sichere Konstrukt von Stablecoins geriet massiv ins Wanken. Der Zusammenbruch hatte Folgen: Die massive Abwanderung von Kunden brachte den Krypto-Lending Dienst Celsius Network in Bedrängnis. Der hauseigene CEL-Coin legte eine Talfahrt aufs Parkett. Und auch Celsius-Konkurrent Babel Finance konnte sich der angeschlagenen Marktstimmung nicht entziehen, nur wenige Wochen später meldete der Kryptobroker Voyager Digital nach einem gescheiterten Rettungsversuch Insolvenz an, auch der Kryptohedgefonds Three Arrows Capital (3AC) vermeldete einen Zahlungsausfall und rutschte in die Insolvenz.
Eine zwischenzeitliche Marktberuhigung war nicht von Dauer, im November hatten Kryptoanleger den nächsten Crash zu verdauen: Die Kryptobörse FTX, einer der größten Player am Markt, wurde offiziell zahlungsunfähig und ging pleite. Ein Schock für viele Anleger, denn FTX-Chef Sam Bankman-Fried galt als Szenestar, der seinerseits in den turbulenten Monaten zuvor immer wieder finanzielle Hilfe für angeschlagene Kryptounternehmen ins Spiel gebracht hatte. Bereits beschlossen ist in diesem Zusammenhang das Aus für das FTX-Tochterunternehmen Alameda Research, auch BlockFi hat die neuerliche Marktkrise nicht überlebt. Mit BITFRONT geriet ein weiteres Kryptounternehmen infolge des FTX-Zusammenbruchs in finanzielle Bedrängnis.
Die Ereignisse um FTX werden Anleger wohl noch eine geraume Zeit beschäftigen, noch immer ist angesichts der gegenseitigen Beteiligungen vieler Kryptounternehmen nicht klar, ob es weitere Opfer am Markt geben wird.
Nur wenige Gewinner am Markt
Auf das gesamte Jahr gesehen gibt es unter den Kryptowährungen nur wenige, die tatsächlich an Wert gewonnen haben. Dabei sind es vorrangig kleine oder Mini-Token, die eine positive Preisentwicklung vorweisen können.
Nest Protocol ist einer dieser Token, der zum Jahresstart noch bei 0,0065 US-Dollar gehandelt wurde und zum Jahresende rund 0,02274 US-Dollar wert ist (Stand vom 20.12.2022)
Auch Gains Network weist eine positive Performance auf: Zum Jahresstart 2022 wurde der Cybercoin noch bei 3,3705 US-Dollar gehandelt, rund ein Jahr später ist die Kryptowährung 3,64 US-Dollar wert (Stand vom 20.12.2022).
Und auch ein Coin namens MintMe.com hat es 2022 ins Plus geschafft: Nach einem Jahresstart bei 0,006563 US-Dollar geht es aktuell bis auf 0,02532 US-Dollar nach oben (Stand vom 20.12.2022).
Die Krypto-Flops des Jahres: Auch Ethereum dabei
Was auffällt: Keine der prominenten Kryptowährungen konnte das Jahr 2022 positiv beenden, im Gegenteil: Die zehn größten und am weitesten verbreiteten Kryptocoins (ausgenommen: Stablecoins) haben sich in Sachen Preisabschläge teils deutlich überboten.
Größter Flop: Solana
Die schwächste Performance unter den größten Kryptowährungen der Welt hat 2022 Solana aufs Parkett gelegt. Um mehr als 93 Prozent ist der Wert des Cybercoins eingebrochen, damit landet Solana auf dem unrühmlichen ersten Platz der größten Kryptoverlierer. Im Jahr zuvor hatte dies noch ganz anders ausgesehen: Die als Ethereum-Alternative an den Start gegangene Währung hatte einen Raketenstart hingelegt und mehrere tausend Prozent zulegen können.
Das Projekt ist eine Plattform für dezentrale Finanzanwendungen und Smart Contracts und bietet zudem NFT-Handel an. Dabei wollten die Entwickler insbesondere in Sachen Transaktionskosten und Geschwindigkeit punkten, in beiden Punkten war Solana dem Konkurrenten Ethereum voraus. Doch technische Probleme führten immer wieder zu Ausfällen, Anleger kehrten dem offenbar wenig verlässlichen Coin im Kryptowinter zunehmend den Rücken. Hinzu kamen Hiobsbotschaften wie ein Kryptohack, bei dem offenbar tausende Solana-Wallets leer geräumt wurden. Die Firma hinter der Blockchain wurde darüber hinaus wegen des illegalen Verkaufs von Wertpapieren angeklagt.
Zudem hat Solana mit zunehmender Konkurrenz zu kämpfen: So ging jüngst Aptos an den Start, mit ambitioniertem Ziel: die Transaktionsgeschwindigkeit und damit die Skalierbarkeit auf der Blockchain zu steigern - das hat sich auch Solana auf die Fahnen geschrieben.
Polkadot in den Top 10 zweitgrößter Verlierer
Auch Polkadot gehört zu den nach Marktkapitalisierung größten Kryptowährungen und hat 2022 einen enormen Preisrutsch erlebt. Rund 83,9 Prozent niedriger als zum Jahresstart notiert der Cybercoin im Dezember. 2021 hatte die Kryptowährung noch einen enormen Höhenflug hingelegt.
Das Ziel der Kryptowährungs- und Blockchain-Plattform ist es, die Kommunikation zwischen Blockchains zu ermöglichen und Transaktionen Blockchain-übergreifend möglich zu machen. User können ihre eigene Blockchains auf der Polkadot-Blockchain betreiben. Damit wollten die Entwickler Interoperabilitätsprobleme in den Griff bekommen, indem zwischen verschiedenen Blockchains Links, so genannte Parachains, erstellt werden können.
Insbesondere im Bereich Play2Earn-Spiele könnte Polkadot daher ein Gamechanger sein. Experten sehen die Blockchain als ideale Grundlage für Spiele dieser Art und sagen dem zugehörigen Coin 2023 eine Erholung voraus, da die Anwendungsfälle künftig steigen dürften.
Ebenfalls schwach: Cardano
Schlecht performt hat im bisherigen Jahresverlauf auch Cardano: Rund 81,3 Prozent hat der Kryptocoin im Jahr 2022 an Wert eingebüßt. 2022 feierte Cardano seinen fünften Geburtstag. Das Projekt sieht sich selbst als Knotenpunkt für fünf Prinzipien: Menschen, Zweck, Technologie, Forschung und Möglichkeiten. Kritisiert wird das Cardano-Projekt häufig für seine vergleichsweise geringe Entwicklungsgeschwindigkeit, zudem mussten Anhänger lange Zeit auf einen Stablecoin auf der Blockchain warten. Anfang 2023 soll der USDA nun endlich an den Start gehen. User sollen dann ihre US-Dollar in USDA über Kredit-/Debitkarten, Banküberweisung, ACH oder die Umwandlung von ADA tokenisieren können. Möglicherweise hilft dies dem angeschlagenen Kurs von Cardano wieder auf die Beine.
Ethereum und Polygon verlieren 2022 deutlich
Ebenfalls schwach performt hat 2022 die Nummer 2 unter den größten Kryptowährungen: Ethereum. Über 67 Prozent hat der ETH-Coin seit Januar verloren, der Kryptowinter hat den größten Bitcoin-Konkurrenten damit fest im Griff. 2022 war für Ethereum-Anleger ein spannendes Jahr, denn mit dem ETH-Merge stand das wohl wichtigste Update in der Geschichte der Kryptowährung an. Im Rahmen des Merge wurde das Konsensverfahren umgestellt, von Proof-of-Work zu Proof-of-Stake. Dadurch wurde die Netzwerkgeschwindigkeit deutlich verbessert, zudem konnte auch der Energiebedarf enorm reduziert werden.
Auch wenn Ethereum ein enttäuschendes Jahr hinter sich gebracht hat, die Aussichten für das kommende Jahr sind verhalten positiv: "Investmentpunk" Gerald Hörhan etwa sieht mittelfristig "viel Potential" für Ethereum, schließlich sei es "die Nr. 2 unter den Kryptos und die technische Basis für den Großteil der Kryptoindustrie." Trotz möglicher weiterer Auswirkungen infolge der FTX-Pleite geht er davon aus, dass schon bald Aktienkurse und die Fed-Politik wieder als Orientierungspunkt für Krypto-Anleger dienen werden.
Einen Preiseinbruch in ähnlicher Höhe wie Ethereum musste 2022 auch Polygon verkraften. Rund 69 Prozent ging es im Jahresverlauf nach unten. Polygon ist eine indische Blockchain-Plattform, die ein Ethereum-kompatibles Blockchain-Ökosystem anstrebt. Mit der Ethereum-Blockchain will man dabei insbesondere in Sachen Schnelligkeit und Transaktionsgeschwindigkeit konkurrieren, dafür werden so genannte Layer-2-Sidechains verwendet. Zuletzt hatte das Projekt eine Kooperation mit Warner Music bekannt gegeben: Im Rahmen der Zusammenarbeit will man Anfang 2023 eine gemeinsame Musikplattform an den Start bringen. Die Polygon-Blockchain soll dabei nicht nur zum Abspielen der digitalen Musikstücke dienen, sondern auch den Handel als NFTs ermöglichen.
Bitcoin hat nicht am schwächsten performt
Mit einem Verlust von rund 65 Prozent seit Jahresstart gehört die älteste Kryptowährung Bitcoin knapp zu den größten zehn Kryptowährungen, die weniger verloren haben als die Konkurrenz. Dabei bekam das Krypto-Urgestein neben der schwachen Aktienmarktentwicklung insbesondere den Kryptowinter zu spüren, der durch die Pleite von FTX noch zusätzlich verstärkt wurde.
Dennoch bleibt der Cybercoin in Sachen Marktkapitalisierung die unangefochtene Nummer 1 am Kryptomarkt. Das kommt dem Bitcoin zugute, denn viele Anleger bringen dem Bitcoin unter den Kryptowährungen noch das meiste Vertrauen entgegen. Diskussionen um eine mögliche Bitcoin-Rente, die die US-Senatorin Cynthia Lummis unlängst ins Rollen gebracht hatte, aber auch die anhaltenden Bitcoin-Käufe durch El Salvador, dessen Staatschef unverändert an seiner Kryptovision festhält, auch wenn dem Land unter Umständen die Staatspleite droht, sorgen dafür, dass insbesondere Kryptoneulinge das Urgestein nicht aus den Augen verlieren. Experten rechnen mit einer zunehmenden Zahl von Anwendungsgebieten in den kommenden Jahren.
Ripple hält sich etwas besser
Für die Kryptowährung XRP von Ripple ging es im Jahr 2022 um rund 59 Prozent abwärts, damit verlor der Coin weniger als einige andere große Kryptowährungsvertreter. Zuletzt kamen vorwiegend positive Meldungen aus dem Ripple-Universum. So hat das hinter XRP stehende Technologieunternehmen Ripple Labs neue Kunden für seine On-Demand-Liquidität (ODL)-Technologie gewinnen können und seine Präsenz in Europa verstärkt. Im Rahmen der Technologie kann XRP während einer Transaktion automatisch genutzt werden, das ermöglicht Transaktionen verschiedener Währungen selbst über Ländergrenzen hinweg in kürzester Zeit.
Einen kräftigen Schub könnte unterdessen die Lösung einer gerichtlichen Auseinandersetzung bringen. Seit rund zwei Jahren liefert sich Ripple mit der US-Börsenaufsicht SEC einen Gerichtsstreit. Dabei geht es insbesondere um den Vorwurf von nicht-registriertem Wertpapierhandel mit dem XRP-Token seit 2013. Während Ripple argumentiert, dass XRP kein Wertpapier sei, vertreten die Börsenaufseher die gegensätzliche Meinung. Kann Ripple den Prozess für sich gewinnen, dürfte von dem damit verbundenen Urteil eine Signalwirkung ausgehen, denn die Zuständigkeit der SEC als Regulierungsbehörde für den Kryptomarkt würde damit grundsätzlich infrage gestellt.
BNB, Litecoin und Dogecoin beinahe gleichauf
Mit Verlusten von rund 53 bis 57 Prozent liegen haben sich die drei Kryptowährungen BNB, Litecoin und Dogecoin im Vergleich der Top 10-Kryptos noch am besten gehalten.
BNB, die hauseigene Kryptowährung der Kryptobörse Binance, findet insbesondere im Binance-Kosmos Anwendung, denn dort wird der Coin unter anderem für Listungs-, Transaktions- und Handelsgebühren verwendet. Besonders in den Fokus rückte die Kryptowährung im Zusammenhang mit dem Crash von FTX, einem der größten Binance-Konkurrenten. Das Anlegervertrauen in Kryptobörsen hat in diesem Zusammenhang gelitten und auch BNB in Mitleidenschaft gezogen. Der Zusammenbruch des Rivalen dürfte Binance aber grundsätzlich eher nutzen, denn mit einer von vielen Experten erwarteten Entspannung am Kryptomarkt dürfte auch das Handelsvolumen wieder steigen und viele ehemalige FTX-User könnten zu Binance wechseln. Gegenwind kommt allerdings von anderer Seite: So wurde im Dezember bekannt, dass US-Behörden strafrechtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit Geldwäsche und der Umgehung von Iran-Sanktionen gegen die Kryptobörse eingeleitet haben.
Der Litecoin hat 2022 ebenfalls weniger verloren als viele andere Kryptowährungen, konnte sich aber der grundsätzlich negativen Marktstimmung nicht entziehen. Profitiert hat die Kryptowährung im Zusammenhang mit dem FTX-Crash insbesondere von seinem Status als etabliertes Projekt: Anleger haben jüngere und vermeintlich risikoreichere Altcoins zuletzt eher vermieden. Hinzu kamen positive Kommentare des ehemaligen MicroStrategy-CEO Michael Saylor, der den Litecoin als "Bitcoin-ähnlich" einstufte.
Die Litecoin-Community bereitet sich aktuell auf ein großes Ereignis vor: Zur Jahresmitte 2023 steht ein Litecoin-Halving an. Es ist bereits das dritte in der Litecoin-Geschichte, erneut wird die Zahl der ausgegeben Litecoins um die Hälfte reduziert, um das Angebot künstlich zu verknappen.
Die als Meme-Währung bekannt gewordene Kryptowährung Dogecoin hat sich 2022 ebenfalls vergleichsweise robust gehalten. Der Cybercoin schwankt im ohnehin stark volatilen Kryptowährungsumfeld stark, insbesondere Kommentare von Twitter- und Tesla-Chef Elon Musk sorgten in der Vergangenheit für teils deutliche Kursausschläge bei DOGE. Die Hoffnung vieler Anleger: Der Coin könnte in Zukunft im Twitter-Universum eine größere Rolle spielen, immerhin gilt der Dogecoin als der digitale Lieblingscoin von Musk.
Regulierungen als größte Gefahr für den Krypto-Kosmos?
Auch wenn damit zu rechnen sein dürfte, dass der Kryptowinter nicht ewig anhält, gehen Experteneinschätzungen darüber, ob Kryptowährungen ihre alten Höchststände je wieder erreichen, weit auseinander.
Das Thema Regulierung dürfte 2023 weiter stark diskutiert werden, davon dürfte es auch abhängen, wie sich die Akzeptanz und Nutzung von Kryptowährungen entwickelt. Viele Anleger hoffen auf einen klaren Regulierungsrahmen, andere sehen den Sinn von Kryptowährungen dadurch ad absurdum geführt. Das neue Jahr dürfte in dieser Hinsicht zumindest Klarheit bringen.
Redaktion finanzen.at
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