Euro - Schweizer Franken - Kurs (EUR - CHF)
Ausblick auf das neue Jahr |
15.12.2015 07:10:00
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Der Dollar-Anstieg wird 2016 viel zäher als erwartet
Kaum ein Analyst wagt bei diesen klaren Rahmenbedingungen auf einen steigenden Euro zu setzen. Im Gegenteil: Der Bruch der Parität zum Dollar wird als ausgemachte Sache betrachtet. Genau hier liegt aber das Problem.
Denn diese Meinung ist Konsens am Markt. Wie die jüngste Umfrage von Merrill Lynch unter Fondsmanagern zeigte, ist das Kaufen von Dollar der "most crowded trade", also die weltweit am meisten überlaufene Handelsposition, in der die gesamte Investmentgemeinde ihre Wetten wohl schon platziert hat.
Einen Eindruck davon lieferte die scharfe Reaktion, als EZB-Präsident Mario Draghi mit den auf der Dezember-Sitzung angekündigten Maßnahmen die Wünsche und Erwartungen der Marktteilnehmer nicht erfüllte. Zwangsweise Eindeckungen im Euro ließen den Euro binnen Minuten um fast 4 Cent zum Dollar nach oben springen.
Christoph Rieger, Leiter des Zins- und Credit-Research der Commerzbank, vermutet daher, dass Draghi im EZB-Rat den Rückhalt für seine aggressive und aktivistische Haltung verloren hat. Kommendes Jahr seien daher "bestenfalls zögerliche Zinssenkungen und moderate Anpassungen" beim Wertpapierkaufprogramm zu erwarten. Der von Tradern ersehnte Kursverfall des Euro könnte daher langsamer vor sich gehen als bislang gedacht.
Divergente Zinspolitik ist offensichtlich
Doch zunächst sprechen die Fakten der divergenten Zinspolitik für einen weiteren Dollar-Anstieg. "Wir bleiben positiv für den US-Dollar gegenüber allen Währungen und erwarten neue Höchststände in 2016", sagt Roy Teo, Chef-Devisenstratege der ABN Amro, dazu. Für den Euro erwartet er einen Preis von 0,95 zum Dollar und von 135 im Dollar-Yen-Verhältnis.Das Auseinandergehen der Notenbankpolitiken und eine positive Stimmung der Anleger sieht er als Hauptzutaten für den Dollaranstieg. Die US-Notenbank dürfte bis ins Jahr 2017 hinein mit Zinserhöhungen fortfahren, was die Stärke der US-Wirtschaft reflektiere. Die kurzfristigen US-Zinsen in Form der Fed Funds Rate könnten daher auf 1,25 Prozent bis Ende 2016 und sogar 2,25 Prozent bis Ende 2017 ansteigen.
Hierin macht Teo auch das echte Überraschungspotenzial aus, denn bislang würden die Finanzmärkte noch mit geringeren US-Zinserhöhungen rechnen. So preisten aktuelle Zinserwartungen nur 0,82 und 1,35 Prozent für die entsprechenden Zeiträume ein. Sehr wahrscheinlich sei daher, dass die Märkte im Jahresverlauf 2016 eine Aufholjagd starten werden, um diese höheren Zinserwartungen für die USA einzupreisen.
Aufholjagd im Jahresverlauf
Gleichzeitig dürften aber EZB und Bank of Japan ihre geldpolitischen Lockerungen weiter ausdehnen. "Auf diese Weise wird der Dollar 2016 voll von der Divergenz der Geldpolitik profitieren", sagt Teo.Auch bei den Zinsexperten von Morgan Stanley sieht man in der unterschiedlichen Zinspolitik den Haupttreiber für den Dollar. Nach dem ersten Zinsschritt in den USA im Dezember dürften die Zinsen 2016 noch drei Mal angehoben werden, sagen sie. Die 10-jährigen US-Treasuries könnten dann zum Jahresende Renditen von bis zu 2,70 Prozent abwerfen, während die EZB ihre lockere Geldpolitik weiter betreibt.
Entsprechend sieht auch das Global Currency Research Team der Bank einen weiteren Euro-Rückgang bis in den Bereich der Parität per Jahresende 2016. Tiefer allerdings wollen die Analysten in ihren Schätzungen nicht gehen. Sie warnten bereits vor der Schreckreaktion auf Draghis Dezember-Aktionen, dass sich die Euro-Performance mittlerweile von den diversen geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen der EZB gelöst habe: "Der Euro scheint schon vorher eine Menge der erwarteten Expansion der EZB-Bilanz eingepreist zu haben".
Einfluss von Risikoneigung und Kreditaufnahme
Das Tempo des Euro-Rückgangs dürfte in Wirklichkeit eher von der globalen Risikoneigung bestimmt werden und der Bereitschaft der Investoren, ihn als "Funding Currency" zu nutzen, also als Währung, in der man gerne Kredite aufnimmt.In ihr sehen die Analysten daher auch den bestimmenden Risikofaktor für die allgemein erwartete Dynamik der Euroabschwächung: Denn sollten kommenden US-Zinserhöhungen einen negativen Einfluss auf die Risikoneigung der Anleger haben, dürfte dies auch die Nutzung des Euro als Kreditwährung reduzieren. "Dafür gibt es jetzt schon Anzeichen, was den zuletzt schwächeren Abwärtstrend des Euro erklärt", betonen die Analysten.
So habe sich die Lust von Euro-Währungsausländern auf die Emission von Euro-Anleihen nach einem steilen Start ins Jahr wieder deutlich abgeschwächt und verlaufe mittlerweile sogar auf unterdurchschnittlichem Niveau. Per saldo mache dies den Euro anfällig für Korrekturbewegungen nach oben während kommender Risk-Off-Perioden. "Daher dürfte der Euro-Dollar-Rückgang nicht so schnell ausfallen, wie es die Divergenz der US- und europäischen Notenbankpolitik und der Zinssätze suggeriert", warnen die Analysten.
Ähnlich sieht man das bei Pictet & Cie: Der schweizerische Vermögensverwalter hält den Dollar bereits jetzt für 25 bis 30 Prozent überbewertet. Damit billigt er der US-Währung trotz gegenläufiger Zinspfade von EZB und Fed kein nachhaltiges Aufwärtspotenzial mehr zu. "Die geldpolitische Divergenz ist längst eingepreist und die wirtschaftliche Dynamik in den USA nicht so viel besser als die in Europa", sagt Chief Investment Advisor Walter Lieber. Kurzfristige Marktreaktionen im Euro-Dollar-Kurs auf die nächsten Schritte von EZB und Fed will er zwar nicht ausschließen. Langfristig hat Lieber aber eine ganz andere Erwartung: Er sieht den Euro in den nächsten drei Jahren bis auf 1,20 oder sogar 1,30 Dollar steigen.
Schwellenländer könnten Euro stützen
Entlastung für den Euro könnte auch von anderer Seite kommen. Denn auch die Schwellenländer spielen im internationalen Devisenkarussell mit. Dabei ist noch nicht einmal China gemeint, das mit seinem Renminbi gerade erst in den Korb der Reservewährungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgenommen wurde. Den Euro belastende Umschichtungen in die neue Reservewährung Yuan müsse momentan niemand befürchten. Hier handele es sich nur um politische Zugeständnisse, sagt Devisenanalyst Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank.Tatsächlich sind es die kleineren Schwellenländer, die den Aufwertungsdruck auf den Dollar bremsen könnten und damit auch seinen Anstieg zum Euro. So gehen die Cross-Asset-Analysten der Societe Generale davon aus, dass sich der Ölpreis kommendes Jahr bis in Richtung 60 Dollar erholen kann. Davon würden dann alle rohstoffnahen Währungen profitieren.
Aufwärtspotenzial gegenüber dem Dollar sehen sie vor allem bei den Währungen Australiens, Kanadas, Brasiliens, Russlands, Norwegens und Mexikos. Dem Dollar wird es damit deutlich schwerer gemacht, noch weiter an Stärke zu gewinnen.
Dollarstärke 2017 vorbei
Per Saldo unterstreichen daher alle für 2016 noch dollar-bullishen Analysten, dass es 2017 mit der Stärke vorbei sein wird. So sehen die Devisenexperten der ABN Amro bis dahin alle dollarpositiven Faktoren in den Währungsmärkten eingepreist. Zudem werden die anderen Zentralbanken ihre Anleihekaufprogramme beenden. Wie schon im Dollar gesehen, beginne die Erholung in einer Währung aber bereits, sobald das Thema "Tapering" auf den Tisch komme. Der Euro werde daher in eine Bodenbildung übergehen.Und bei Morgan Stanley betont man, dass man den erwarteten Dollar-Anstieg als "das letzte Standbein eines Dollar-Superzyklus" betrachte. Verglichen mit den vorherigen Zyklen der frühen 1980er und späten 1990er habe die Dollar-Rally noch rund 10 Prozent Potenzial und dazu rund ein bis zwei Jahre Zeit.
Anleger sollten sich also im kommenden Jahr nicht darauf verlassen, dass der Euro so einfach vor sich hin kollabiert, wie es eine Vielzahl von Marktakteuren erhofft. Der Abstieg dürfte sich als zäher entpuppen und mit mehr Gegenreaktionen gespickt sein als bisher erwartet. Ein Jahr neuer Tiefstkurse dürfte 2016 zwar noch werden, aber damit gleichzeitig auch das Jahr der Bodenbildung im Euro.
DJG/mod/smh
Dow Jones Newswires
Von Michael Otto Denzin
FRANKFURT (Dow Jones)
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