Riskantere Assets 25.05.2021 10:17:00

Ethereum, Bitcoin, Dogecoin & Co.: Börsen und Kryptohandelsplätze wollen mehr als nur Coins anbieten

Ethereum, Bitcoin, Dogecoin & Co.: Börsen und Kryptohandelsplätze wollen mehr als nur Coins anbieten

Infolge von Corona-Beschränkungen und auf der Suche nach dem Nervenkitzel zu Hause investieren Privatanleger verstärkt in riskantere Assets und haben dabei auch sogenannte Coins für sich entdeckt - doch die Börsen für die vergleichsweise junge Anlageklasse wollen inzwischen mehr und ihr Geschäft auch auf andere Optionen wie Aktien ausbauen. Sie setzen dabei auf das gestiegene Interesse jüngerer Anleger, die sich derzeit getrieben von hohen Kursgewinnen bei einigen US-Tech-Werten zunehmend für Aktien interessieren.

Wie bei den Digitalwährungen spekulieren Privatanleger auf besonders hohe Gewinne binnen kürzester Zeit. Vor allem junge Erwachsene scheinen sich für Kryptowährungen und die oft dahinter stehende Blockchain-Technologie zu interessieren. "Keiner meiner Studenten interessiert sich noch für Aktien, die reden alle nur über Kryptowährungen", sagt Philipp Sandner, Leiter des Blockchain-Centers an der Frankfurt School of Finance. Das Institut beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Blockchain-Technologie auf Unternehmen und die Wirtschaft.

Der Platzhirsch Bitcoin zum Beispiel hat eine bemerkenswerte Wertsteigerung hinter sich. Seit dem Corona-Tief Mitte März 2020 hat sich der Wert eines Bitcoins bis Anfang Mai in etwa verfünfzehnfacht. Und auch nach der Talfahrt der vergangenen Tage ist ein Bitcoin noch ein Vielfaches mehr wert. Bei dem anfangs als Scherz erdachten Dogecoin ist die Entwicklung noch steiler: War ein Dogecoin Mitte Januar noch etwa 0,72 Euro-Cent - also weniger als ein einziger Cent - wert, schnellte der Kurs auf zuletzt mehr als 30 Cent hoch. Getrieben wurde der Kurs dabei vor allem durch Äußerungen von Tesla-Chef Elon Musk und Spekulationen.

An dem deutlich gestiegenen Handelsvolumen wollen auch Kryptobörsen und -handelsplätze mitverdienen - so wie etwa die BSDEX, hinter der die Baden-Württembergische Wertpapierbörse steckt. Für den Geschäftsführer des technischen Betreibers der Börse Stuttgart Digital Exchange (BSDEX), Max von Wallenberg, sind Kryptowährungen längst keine reine Spekulation mehr. "Kryptowährungen sind neben Aktien oder ETF auch eine Anlageklasse, die sich aktuell immer weiter etabliert."

Derzeit bietet die BSDEX Endkunden und institutionellen Investoren den Handel von vier Coins an, bis zum Jahresende sollen es doppelt so viele sein. Zum Vergleich: Auf der zuletzt durch seinen spektakulären Börsengang in die Schlagzeilen geratene Kryptobörse Coinbase mit Sitz in San Francisco sind derzeit 56 verschiedene Coins handelbar.

Vom Größenunterschied will sich der BSDEX-Chef nicht beirren lassen. "Beim Investieren ist Vertrauen wichtig und Anlegern ist die Börse Stuttgart als Marke schon seit langem wohlbekannt", argumentiert von Wallenberg. Nach eigenen Angaben ist die BSDEX Deutschlands erster regulierter Handelsplatz für Kryptowährungen. Neben ihr hat nur der weitaus größerer Wettbewerber Kraken eine europäische Lizenz als "Multilaterales Handelssystem". Von Wallenberg betont zudem, dass alle Auflagen der Geldwäscherichtlinien erfüllt würden.

Neben den beiden großen Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum, die laut der Beobachtungsplattform CoinMarketCap knapp zwei Drittel der globalen Marktkapitalisierung von Kryptowährungen in Höhe von 1,9 Billionen Euro ausmachen, denkt die BSDEX bereits über weitere Produkte nach: "Ich kann mir mittelfristig auch den Handel mit Derivaten vorstellen", sagt von Wallenberg.

Die Deutsche Börse will ihre institutionellen Kunden auf einem anderen Weg auf Kryptowährungen aufmerksam machen. Mit sogenannten Exchange Traded Products (ETP) will das Unternehmen den außerbörslichen Handel in ein reguliertes Umfeld bringen. "Für institutionelle Investoren sind Krypto-ETP einfacher, weil sie bereits den Zugang zur Deutschen Börse haben und der Handel durch ein Clearinghouse abgesichert ist", sagt ein Unternehmenssprecher. Diese machten im März knapp eine Milliarde Euro von insgesamt 23 Milliarden Euro Umsatz in dem ETF/ETP-Segment aus. Im ersten Quartal sei ein Bitcoin-ETP das meistgehandelte Produkt in dem Bereich gewesen, hieß es.

Die ETP, die die Kursentwicklungen von Bitcoin, Ethereum, Bitcoin Cash und Litecoin abbilden, sollen dem Handelsplatz dabei als Alleinstellungsmerkmal dienen. "Es gibt bereits zu viele Handelsplätze für das Geschäft mit Coins", heißt es. Allerdings könnten auch Zertifikate und Derivate zum Handelsangebot hinzugefügt werden, sagt der Sprecher. "Der Kryptomarkt ist für die Deutsche Börse von strategischer Bedeutung. Deshalb werden wir unsere Angebote in diesem Bereich weiter ausbauen." Die Börse Stuttgart kündigte Anfang Mai dann an, Exchange-Traded Notes (ETN) auf die beiden Kryptowährungen Cardano und Stellar anzubieten.

Einen Schritt weiter ist der österreichische Wettbewerber Bitpanda: Seit Mitte April bietet er neben Kryptowährungen auch die Möglichkeit, in "Aktien und ETFs" zu investieren. Dabei verspricht Bitpanda Stocks, dass seine Kunden rund um die Uhr Aktien handeln können - also selbst zu Uhrzeiten, wenn der Handel derjenigen Aktien, deren Kursentwicklung nachgebildet werden soll, geschlossen ist. Dafür nimmt sich das Unternehmen eine Provision von bis zu drei Prozent.

Allerdings kauft der Kunde tatsächlich keine Aktie oder einen ETF, sondern schließt einen Derivatvertrag mit dem Bitpanda ab. Das bedeutet, dass er weder im Eigentum eines echten Anteilscheins des Tech-Unternehmens ist noch entsprechende Rechte wie die Teilnahme an der Hauptversammlung ausüben kann. Zudem weist Bitpanda selbst darauf hin, dass die Produkte im Falle einer Insolvenz des Börsenplatzes weder einem Anlegerentschädigungssystem noch der Einlagensicherung unterliegen. Die Österreicher werben allerdings mit einem Pfandvertrag beim Erwerb von Produkten von Bitpanda Stocks, mit dem das Risiko eines Totalverlusts im Insolvenzfall reduziert werden soll.

Außerdem drängt sich bei dieser Art einer Aktienanlage wie bei anderen Anbietern oder ähnlichen Anlageformen auch die Frage auf, wie diese neuen Investmentmöglichkeiten korrekt zu versteuern sind. Ein anderes Beispiel, wie Krypto-Handelsplätze derzeit neue Investmentmöglichkeiten für ihre Kunden schaffen wollen, ist der Anbieter Binance. Zuletzt machte das Unternehmen mit sogenannten Tesla-Tokens auf sich aufmerksam. Dabei können Binance-Kunden ein kryptografisches Gegenstück einer echten Tesla-Aktie oder auch nur Bruchstücke davon kaufen.

Auch diese Investments erinnern an Derivate: Anleger investieren nicht in ein Unternehmen, sondern nehmen nur an der Entwicklung der zugrundeliegenden Aktie teil. Eine erste Rüge folgte prompt: Ende April verwarnte die Bafin das Unternehmen, weil es einen hinreichend begründeten Verdacht gebe, dass Binance die Aktien-Tokens ohne die erforderlichen Prospekte veröffentlicht habe.

Ungeachtet dessen könnte das ein Vorgeschmack auf die weitere Entwicklung von Kryptobörsen und -handelsplätzen sein. "Wenn ich bei einer traditionellen Börse arbeiten würde, würde ich mir Gedanken machen", sagt Blockchain-Center-Leiter Sandner. Auch für ihn ist klar: Coins sind erst der Anfang. "Die traditionelle Finanzindustrie wird gerade aus ihrem Dornröschenschlaf gerüttelt", sagt er.

Langfristig sieht Sandner große Chancen für Kryptobörsen, dem altbewährten Finanzmarkt Konkurrenz zu machen: "Coinbase ist in der Lage, hunderttausend neue Kunden täglich für sich zu gewinnen. Das schafft keine andere Bank der Welt." Diesen könnten dann wie bereits geschehen neben Kryptowährungen weitere Finanzprodukte angeboten werden. Damit diese aber auch gesetzeskonform gehandelt werden könnten, müssten Handelsplätze aber reguliert werden. Für Investoren hätte das den Vorteil, dass Kryptowährungen eine noch größere Akzeptanz in der Bevölkerung finden.

/ngu/zb

FRANKFURT (dpa-AFX)

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