Vertrauensbruch 02.12.2022 22:32:00

Bitcoin & Co.: Rückzieher von institutionellen Investoren nach FTX-Crash

Bitcoin & Co.: Rückzieher von institutionellen Investoren nach FTX-Crash

• Kryptowährungen auch bei institutionellen Investoren angekommen
• FTX-Insolvenz sorgt für Vertrauensbruch mit Branche
• Binance-Rettungsfonds soll Kryptofirmen wieder auf die Beine helfen


Akzeptanz für Kryptowährungen in den letzten Jahren gestiegen

Zwar ist der Handel mit Bitcoin & Co. bereits seit einigen Jahren möglich, unter institutionellen Investoren ist der Trend um die digitalen Währungen aber ein noch junges Phänomen. Auch bieten einige Großbanken, zu denen das Krypto-Urgestein vor 14 Jahren als Gegenentwurf entwickelt wurde, erst seit kurzem vermehrt Unterstützung für die Cybercoins. Ein Grund dafür, dass die allgemeine Akzeptanz von Kryptowährungen im Laufe der Jahre zunahm, ist sicherlich auch der vereinfachte Handel durch eine Vielzahl von Trading-Plattformen. Der Zusammenbruch der Marktgröße FTX hat Kryptofans jedoch nun die Laune verhagelt.

FTX-Bankrott reiht sich in Liste der Kryptoskandale ein

Dabei ist die Pleite der Krypto-Börse von Gründer Sam Bankman-Fried, die auf eine Reihe von Skandalen und Ungereimtheiten folgte, in diesem Jahr nicht die erste Hiobsbotschaft am Kryptomarkt, die Anleger verdauen mussten. So sorgten der Crash des Stablecoins Terra/LUNA sowie die Insolvenzen der Krypto-Lender Celsius und Voyager Digital bereits für Verunsicherungen - und Kurseinbrüche des gesamten Markts für digitale Währungen. Kannte das Krypto-Urgestein Bitcoin vor knapp einem Jahr etwa scheinbar kein Halten mehr und sprang auf ein Allzeithoch von 68.789,60 US-Dollar, schmolz der Kurs in den letzten Monaten dahin. Aktuell notiert die größte Kryptowährung bei ungefähr 17.100 US-Dollar (Stand vom 1. Dezember 2022). Der starke Kursverfall und die zahlreichen Eklats der Branche sorgen nun offenbar dafür, dass institutionelle Investoren ihre Beteiligungen an den Cybercoins überdenken.

JPMorgan macht Rückzieher nach bullishem Kursziel

Noch Anfang 2021 schrieb JPMorgan-Analyst Nikolaos Panigirtzoglou in einer Kundennotiz etwa, dass der Bitcoin Gold langfristig als "alternative Währung" ersetzen könne und dann die Marke von 146.000 US-Dollar erreiche. Von diesem Kursziel ist die Internet-Münze aktuell jedoch weit entfernt. Und auch Panigirtzoglou schlägt mittlerweile andere Töne an. "Was diese neue Phase der Krypto-Entschuldung, die durch den offensichtlichen Zusammenbruch von Alameda Research und FTX ausgelöst wurde, noch problematischer macht, ist die Tatsache, dass die Zahl der Unternehmen mit solideren Bilanzen, die in der Lage sind, Unternehmen mit geringem Kapital und hohem Fremdkapitalanteil zu retten, abnimmt", hieß es kürzlich in einer Analyse, die der Nachrichtenagentur "Bloomberg" vorliegt. Die jüngsten Ereignisse am Markt könnten den Bitcoin damit auf bis zu 13.000 US-Dollar herabdrücken. "Das Argument, in Krypto als Diversifikation zu investieren, ist vor einiger Zeit gestorben", so Panigirtzoglou gegenüber der Agentur.

Überlebensfähigkeit des Kryptomarkts fraglich

"Es war schon immer schwierig, für die Einbeziehung von Kryptowährungen zu plädieren, aber der Druck auf die Branche hat zugenommen", erklärte auch Fidelity-Stratege Salman Ahmed gegenüber Bloomberg. So stelle sich mit der FTX-Pleite mehr und mehr die Frage, ob der Kryptomarkt überhaupt überlebensfähig sei, wie der Experte zu bedenken gab. Erst im Februar lancierte der Vermögensverwalter mit dem Fidelity Physical Bitcoin ETP ein Anlageprodukt für den europäischen Markt, das den Bitcoin-Kurs abbildet und eigenen Angaben zufolge vollständig durch die Kryptowährung gedeckt ist. Derzeit beläuft sich das Minus des Wertpapiers auf über 50 Prozent.

Keine Gold-Alternative

Auch Hani Redha, Portfoliomanager der britischen Investmentgesellschaft Pinebridge, sieht für Kryptowährungen in den Depots professioneller Anleger keine Zukunft. "Es ist klar geworden, dass es in der institutionellen Vermögensallokation keinen Platz finden wird", so der Marktbeobachter gegenüber der Agentur. "Es gab eine Zeit, in der es als potenzielle Anlageklasse betrachtet wurde, die jeder Investor in seiner strategischen Vermögensallokation haben sollte, und das ist völlig vom Tisch." Mark Dowding von BlueBay Asset Management hält es unterdessen für längst überfällig, dass Kryptowährungen aus den Depots institutioneller Anleger fallen. "Es hätte klar sein müssen, dass eine Branche, die nichts produziert, Geld verbrennt und verlockende Renditen bietet, zum Scheitern verurteilt war", so der Experte. Auch die Annahme, dass der Bitcoin Investitionen in Gold als "sicheren Hafen" ablöst, sei damit nachhaltig widerlegt.

Binance will Kryptobranche mit Hilfsfonds retten

Einen Rettungsversuch wagt hingegen Changpeng Zhao, Chef der Kryptobörse Binance, die bei dem Debakel um Mitbewerber FTX auch ihre Finger im Spiel hatte. So gab die Handelsplattform Anfang November bekannt, dass man den ins Straucheln geratenen Mitbewerber übernehmen wolle, nur um am Tag darauf dann doch einen Rückzieher zu machen. Bereits kurz nach der Pleite von FTX, schrieb Zhao dann auf seinem Twitter-Profil, dass man die negativen Folgen des Zusammenbruchs von Bankman-Frieds Unternehmen mit einem Hilfsfonds reduzieren wolle. "Um weitere kaskadierende negative Auswirkungen von FTX zu reduzieren, bildet Binance einen Industry Recovery Fund, um Projekten zu helfen, die ansonsten stark sind, sich aber in einer Liquiditätskrise befinden", so der Geschäftsführer. "Krypto wird nicht verschwinden. Wir sind immer noch hier. Lasst uns wieder aufbauen."

Dabei ließ es sich Zhao auch nicht nehmen, gegen Bankman-Fried zu schießen. Auf die Frage eines Twitter-Nutzers, ob der Fonds auch für FTX gelte, erwiderte der Binance-Chef: "Lügner oder Betrug gelten nie als starke Projekte. Dies ist für andere Projekte im Ökosystem."

Redaktion finanzen.at

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