von Lars Winter, Euro am Sonntag

Geld schläft nicht, das wusste schon Gordon ­Gekko. Doch nirgendwo sonst in der Finanzwelt wird der Leitspruch des smarten Investmentbankers aus dem Blockbuster „Wall Street“ so gelebt wie auf den internationalen Devisenmärkten. Der Handel mit Währungen, auch Forex- oder FX-Trading genannt, findet bis auf wenige Ausnahmen — etwa an Sonn- und Feiertagen  — praktisch rund um die Uhr statt, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Der Devisenmarkt ist deshalb auch der mit Abstand volumenträchtigste Markt der Welt. An jedem Handelstag werden mit dem Tausch von Währungen im Durchschnitt fast vier Billionen Dollar umgesetzt. Das entspricht in etwa dem 100-fachen Tagesumsatz der amerikanischen Technologiebörse Nasdaq.

Anders als beim Handel mit Aktien, Anleihen oder Rohstoffen finden Devisengeschäfte nicht über geregelte Börsenplätze, sondern meistens im außerbörslichen Interbankenhandel über elektronische Brokersysteme oder Onlineplattformen statt. Der Devisenmarkt als solcher lässt sich nicht lokalisieren, dennoch sind die Preise der jeweiligen Währungen aufgrund des hohen Umsatzes transparent.

80 Prozent des Devisenhandels werden in den sogenannten Majors, den Leitwährungen Dollar, Euro, Yen, Pfund oder Franken, getätigt, der Rest verteilt sich auf alle anderen, „exotischen“, Devisen. Obwohl fast jeder von uns täglich mit Geld in Berührung kommt, ist der Handel mit Geld für viele Anleger nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln. Wegen der Schnelligkeit der Abwicklung, der hohen Preisschwankungen und riesigen Umsätze war der Devisenhandel lange Zeit ein Spielfeld für Profis und ausschließlich institutionellen Großanlegern vorbehalten. Doch die Zeiten ändern sich.

Globalisierung und die weltweite Vernetzung im Internet machen Währungsgeschäfte mittlerweile auch Otto Normalanleger zugänglich. Ein Computer mit Internetverbindung und ein kostenloses Handelssystem reichen heutzutage im Prinzip schon aus, um an den internationalen Devisenmärkten mitmischen zu können. Und das Geschäft mit dem schnellen Geld brummt.

Zugang für Privatanleger
Immer mehr Direktbanken bieten ihren Kunden den Handel mit Währungen an. Seit Jahren überschwemmen Forex-Broker — allen voran aus Großbritannien und den USA — den Markt. Sie treten hierzulande in direkte Konkurrenz zu den zahlreichen CFD-Brokern, die in Übersee weitgehend unbekannt sind, sich dafür in Europa etablieren konnten und ihrerseits nun unter dem zu­nehmenden Wettbewerbsdruck ihre Produktpaletten immer öfter um den Forex-Handel ergänzen.

Oftmals laufen CFD-Handel und Forex-Trading bei einem Broker getrennt voneinander auf unterschiedlichen Handelsplattformen. Das liegt unter anderem daran, dass es zwar CFDs auf Basiswerte wie den DAX oder auf Rohstoffe wie Gold und Öl gibt, jedoch keinen Kontrakt auf eine Einzelwährung wie Dollar oder Euro. Da es sich beim Devisenhandel um ein Tauschgeschäft handelt, wird der Wert einer Währung immer durch eine zweite bestimmt. Die europäische Leitwährung kostet deshalb abhängig vom Währungspendant unterschiedlich viel. Für einen Euro gibt es momentan rund 1,31 US-Dollar, 103 japanische Yen, 7,40 Norwegische Kronen oder 40 Russische Rubel.

Ob nun klassischer Forex-Broker oder CFD-Anbieter mit zusätzlichem Forex-Handel — über welche Plattform Anleger ihre Devisengeschäfte tätigen, ist zunächst zweitrangig. Viel wichtiger ist, dass der Broker zumindest einige Grundkriterien erfüllt. Anleger sollten daher auf enge Handelsspannen zwischen Kauf- und Verkaufskurs, die sogenannten Spreads, günstige Gebühren, einen umfassenden Kundenservice und Weiterbildungsangebote achten.

Hebel mit enormer Wirkung
Kleiner Exkurs: Um die Funktions­weise und die enorme Wirkung des Hebels beim Forex-Trading näher zu erläutern, sind zunächst zwei Begriffe zu klären, die das A und O im Devisengeschäft sind: Lot und Pip. Im Fachjargon werden als Lot oder Standard-Lot Verträge bezeichnet, die einen Wert von 100.000 Einheiten in der Basiswährung haben. Die Basiswährung ist bei Devisenpaaren wie etwa Euro/Dollar immer die erstgenannte Währung — in diesem Beispiel also Euro.

Lange Zeit war im Devisengeschäft ein Lot die kleinstmögliche Handelsgröße, mittlerweile haben sich auch Mini-Lots, Verträge mit einen Wert von 10.000 Einheiten, und Micro-Lots, mit einer Größe von 1.000 Einheiten, etabliert. Für Anfänger ist es ratsam, mit einem Mini- oder Micro-Lot anzufangen, um den Forex-Handel von Grund auf zu erlernen und zunächst das richtige Gefühl für die Kaufkraft zu bekommen.

An dieser Stelle kommt der Begriff Pip ins Spiel. Als Pip wird im Forex-Handel die kleinste Kursbewegung bezeichnet. Während hierzulande im normalen Zahlungsverkehr ein Eurocent die kleinste Währungseinheit ist, mit der wir Waren oder Dienste bezahlen können, wird im Devisenhandel in viel kleineren Dimensionen gerechnet. In der Regel geht es mindestens um die vierte Stelle hinter dem Komma. In konkreten Zahlen ausgedrückt, geht es also um das Hundertstel eines Cents, um 0,01 Cent oder 0,0001 Euro.

Da beim Forex-Handel in der Praxis oft nur auf die Veränderung von wenigen Pips gewettet wird, muss der Einsatz entsprechend hoch sein, um überhaupt davon profitieren zu können. Denn wer etwa darauf spekuliert, dass sich der Euro zum Dollar um zehn Pips verändert, riskiert pro Lot gerade einmal 100 Euro.

Fallbeispiel: Anleger Maier will zehn Lots auf Euro gegen Dollar zum Kurs vom 1,3108 Dollar je Euro wetten. Er kauft also eine Million Dollar und tauscht dafür 762.892,89 Euro. Natürlich hat Maier diese Summe nicht tatsächlich bezahlt, sondern nur eine Sicherheitsleistung, die sogenannte Margin, in Höhe von einem Prozent bei seinem Broker hinterlegt. Er handelt also mit einem sehr hohen Hebel von 100.

Kurz nach dem Kauf steigt der Wert der US-Leitwährung. Das heißt: Der Euro sinkt. Gut für Maier, denn er hat Dollar gekauft. Bei einem Kurs von 1,3100 Dollar je Euro, also einem um acht Pips leicht gestiegenen Greenback, kauft er wieder Euro zurück und tauscht zehn Lots, also eine Million Dollar, in umgerechnet 763 358,78 Euro um. Die Differenz von 465,89 Euro ist sein Gewinn.

Herr Maier hat mit seiner Spekulation, bei der er lediglich eine Margin von rund 7.629 Euro hinterlegt hat, eine Rendite von 6,1 Prozent erwirtschaftet. Und das, obwohl sich das Währungspaar Euro/Dollar nur um wenige Pips an der vierten Stelle hinter dem Komma bewegt hat. In den meisten Tageszeitungen wäre diese winzige Kursveränderung noch nicht einmal erwähnt worden.

Doch Achtung: Der Hebel — und das kann fatale Nebenwirkungen haben, die vor allem Neulinge nicht selten unterschätzen — wirkt auch in die entgegengesetzte Richtung. So drohen schmerzhafte Einbußen, schlimmstenfalls kommt es zum Totalverlust. Hätte der Wert des Greenbacks in unserem Fallbeispiel nicht zugelegt, sondern abgenommen, wäre bei einem Kursverlust von einem Prozent oder einem Wechselkurs von 1,3240 Dollar je Euro der gesamte Grundeinsatz futsch gewesen. Anleger Maier hätte einen Totalverlust von über 7.600 Euro erlitten.

Um solche fatalen Auswirkungen zu vermeiden, müssen Anleger ihre Positionen beim Forex-Handel stets durch Stoppkurse absichern. Einsteigern sei zudem vor dem Echtgeldhandel zunächst ein Testzugang oder Demokonto empfohlen, das von den meisten Brokern mit unterschiedlicher Testdauer angeboten wird. Sie können so in Ruhe alle Funktionen des Forex-Handels testen, die Marktmechanismen und Hebelwirkungen erlernen und gehen später weniger Risiko ein.

Denn entscheidend für den Erfolg beim Devisenhandel ist nicht primär der günstigste Broker mit der besten Software, sondern das richtige Einordnen von Chance und Risiko. Im Hebel, dem wohl größten Reiz beim Forex-Trading, liegt gleichzeitig die größte Gefahr.

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