Die Fondsbranche jammert über zurückhaltende Privatanleger, Zertifikateanbieter müssen um neue Kunden kämpfen. Nur ein Finanzprodukt verzeichnet in Deutschland starke Wachstumszahlen: CFDs. Ausländische und heimische Anbieter finden immer mehr Kunden, die mit CFDs an der Börse spekulieren wollen.
Weil gleichzeitig aber viele Anleger nur wenig über diese noch junge Gattung der Finanzprodukte wissen, startet €uro am Sonntag eine Serie, die Vor- und Nachteile des CFD-Handels beleuchtet. Zum Start die ganz einfache Frage: Was sind CFDs überhaupt?
CFD steht für „Contract for Difference“ — zu Deutsch: Differenzgeschäft. Anders als es der eher schwergängige Name erwarten lässt, ist ein CFD jedoch ein recht einfach strukturiertes Hebelprodukt.
Genau genommen handelt es sich dabei um einen Vertrag, mit dem Anleger auf die Differenz zwischen Eröffnungs- und Schlusskurs einer Handelsposition setzen und diese als Barausgleich für sich beanspruchen dürfen. Anleger müssen also eine Aktie gar nicht besitzen, um durch deren Kursbewegung Gewinne zu erzielen. Investoren können mit CFDs sowohl auf steigende als auch auf fallende Kurse der wichtigsten Basiswerte spekulieren, die in der Finanzwelt angeboten werden. Es gibt CFDs auf Indizes, Aktien, Währungen, Rohstoffe oder Zinsen.
Im Vergleich zu herkömmlichen Optionsscheinen oder Hebelzertifikaten bieten Differenzkontrakte einige Vorteile. So sind die Produkte zeitlich nicht begrenzt. Da sie kein Verfallsdatum besitzen, verlieren sie damit nicht — wie etwa Optionen — gegen Ende der Laufzeit automatisch an Wert. Auch ist ein CFD als sogenanntes Delta-1-Produkt nicht von der Volatilität des Markts abhängig, die den Preis ebenfalls wie bei Optionen beeinflussen könnte.
Nur die Kursveränderung des zugrunde liegenden Basiswerts bestimmt den Wert des CFD. Steigt der Kurs einer Aktie um einen Euro, legt auch ein CFD auf diese Aktie um einen Euro zu. Entgegen der allgemeinen Skepsis ist die Preisstellung von CFDs transparent.
Ein weiterer Vorteil beim CFD-Handel sind die günstigen Kostenstrukturen. Weil Kauf und Verkauf in der Regel nicht über eine Börse laufen, sondern direkt über den Broker abgewickelt werden, sind Geschäfte mit CFDs zudem auch deutlich günstiger als Vergleichsprodukte. So weisen CFDs zum Beispiel gegenüber Indexzertifikaten meistens geringere Spannen zwischen An- und Verkaufskurs (Spreads) auf. Oft beträgt die Spanne für die Leitindizes DAX und Dow Jones lediglich zwei Punkte. Zudem werden Zinskosten nur bei einer Haltedauer über Nacht berechnet, Kommissionen fallen obendrein nur beim Handel von Einzeltiteln an.
Bei Zertifikaten hingegen kostet ein Kauf oder Verkauf — abgesehen von den kostenfreien Aktionen der Emittenten — in der Regel fünf bis zehn Euro Gebühren. Wer täglich mehrmals handelt, kann mit CFDs mittelfristig also viel Geld sparen.
Anleger, die beim britischen CFD-Broker Gekko Global Markets etwa ungehebelt in eine Aktie investieren, haben — weil sie ja den vollen Betrag des Aktienpreises einsetzen — für die Position keine Finanzierungskosten. Zudem werden weder Order- noch Börsenhandelsgebühren fällig.
„Wer bei uns per CFD ungehebelt in Aktien investiert, hat keine Nebenkosten, kann aber gleichzeitig die komplette Dividende aus einer Aktie erhalten. Das ist revolutionär!“, sagt Sarah Brylewski, Deutschland-Chefin von Gekko Global Markets.
Hebel mit großer Wirkung
Auch wenn der ungehebelte Handel mit CFDs in Einzelfällen sehr attraktiv sein kann, nutzen die meisten Anleger die Differenzprodukte, um die Basiswerte gehebelt zu handeln. Der wichtigste Grund dafür liegt im niedrigen Kapitaleinsatz. Beim Kauf oder Verkauf von CFDs muss ein Anleger nur einen Bruchteil des Kapitals einsetzen, das für den Kauf der Basiswerte nötig wäre.
Beispiel: Ein Investor will Daimler-Aktien im Wert von 10.000 Euro handeln und muss für diese bei einem CFD-Geschäft nur eine kleine Sicherheitsleistung auf einem sogenannten Margin-Konto hinterlegen. Wer fünf Prozent, also 500 Euro, hinterlegt, operiert im konkreten Beispiel mit einem Hebel von 20. Würde nun der Wert der Daimler-Aktie an der Börse um fünf Prozent steigen und der Wert der abgebildeten Depotposition auf 10 500 Euro nach oben klettern, hätte der Käufer seinen Grundeinsatz verdoppelt.
Doch Obacht: Der Hebel — und das kann fatale Nebenwirkungen haben, die vor allem CFD-Neulinge nicht selten unterschätzen — wirkt auch in die entgegengesetzte Richtung. Fällt die Aktie des schwäbischen Autobauers entgegen der Erwartung um fünf Prozent auf einen Depotwert von 9500 Euro zurück, wäre die Sicherheitsleistung beziehungsweise der gesamte Grundeinsatz in Höhe von 500 Euro futsch. Der Anleger hätte einen Totalverlust erlitten.
Will er trotzdem weiterhandeln, muss er frisches Geld auf das Margin-Konto überweisen. Und weil an der Börse bei fünf Prozent Verlust nicht immer Schluss sein muss, kann es passieren, dass mehr verloren geht, als ursprünglich eingesetzt wurde. Dann besteht mitunter Nachschusspflicht, der Broker versendet einen sogenannten Margin-Call.
Das Risiko eines Basiswerts lässt sich oft schon an der Höhe der geforderten Sicherheitsleistung ablesen. Je höher das Risiko, desto höher die Margin, die auf dem Konto hinterlegt werden muss. Bei CFDs auf einzelne Aktien werden in der Regel drei bis zehn Prozent verlangt, bei Index-, Anleihe-, Rohstoff- oder Devisenspekulationen dagegen oft nur zwei Prozent. Doch je niedriger die Margin, desto höher der Hebel. Bei einer sehr niedrigen Margin und einem damit verbundenen sehr großen Hebel wird das grundsätzliche Risiko des Basiswerts vervielfacht.
Um solche fatalen Auswirkungen, wie sie in unserem Fallbeispiel beschrieben sind, zu vermeiden, müssen Anleger ihre CFD-Depots stets durch Stoppkurse absichern. Eine Faustregel lautet: Pro Geschäft darf nicht mehr als ein Prozent des eingesetzten Kapitals verloren gehen.
Branche mit starkem Wachstum
Trotz oder vielleicht auch gerade wegen des erhöhten Risikos und Nervenkitzels, die der Handel mit CFDs mit sich bringt, finden immer mehr Anleger Zugang zu der zumindest hierzulande noch recht jungen Produktgattung. Nach Schätzungen des Steinbeis Research Center For Financial Services stieg die Zahl der Konten allein innerhalb des Jahres 2011 von rund 52.000 auf 65.000 an. Und die Zahl der Transaktionen nahm von 19,6 Millionen mit einem gehandelten Volumen von 430 Milliarden Euro auf 27,3 Millionen mit einem Volumen von 604 Milliarden Euro zu. Seit dem Jahr 2006 hat sich das CFD-Volumen in Deutschland versechsfacht.
Auch in diesem Jahr hält das starke Wachstum der hiesigen CFD-Branche wohl an, schätzen Experten. Laut Daten des Marktforschungsins- tituts Investment Trends dürfte der deutsche CFD-Markt im Vergleich zum Vorjahr nochmals um über ein Drittel wachsen. Der Studie zufolge wird es Ende 2012 in Deutschland über 43.000 aktive Trader geben, die mehr als 80.000 Konten führen.
Die steigende Beliebtheit der CFD-Branche sorgt auch in der hiesigen Bankenlandschaft für Aufbruchstimmung. Wurde der CFD-Markt in Deutschland in den vergangenen Jahren vor allem von britischen Brokern wie CMC Markets, IG oder RBS Marketindex beherrscht, gesellten sich zuletzt auch deutsche Direktbanken wie S-Broker oder Comdirect zur Anbieterschar. Gut 40 CFD-Broker buhlen mittlerweile um die Gunst der Anleger. Und Konkurrenz belebt das Geschäft.
Ähnlich wie in der Zertifikatebranche könnte der zunehmende Wettbewerb unter den CFD-Brokern zu einer dauerhaften Verbesserung von Qualität und Preisen führen und dadurch wiederum Privatanlegern in die Karten spielen. Noch eine ganze Weile werden CFDs sicherlich Nischenprodukte bleiben, die sich vor allem an Viel- und Heavy Trader richten. Mittelfristig könnte sich die Zielgruppe aber auf breite Anlegerschichten ausdehnen. Wachstumspotenzial schlummert in einer möglichen Finanztransaktionsteuer.
In England hatte die Einführung einer Börsentransaktionsteuer, auch Stempelsteuer genannt, dem CFD-Handel seinerzeit einen Marktanteil von 35 Prozent verschafft. Findige Banker des Schweizer Bankhauses UBS machten Anfang der 90er-Jahre auf der Insel aus der Not eine Tugend und entwickelten dort die ersten CFDs. Da diese Finanzprodukte nicht an der Börse gehandelt wurden, konnten sie die Börsenumsatzsteuer umgehen, die in Großbritannien für alle Aktiengeschäfte eingeführt worden war.
Steuer könnte Schub bringen
Sollte auch in Deutschland eine Finanztransaktionsteuer eingeführt werden, könnte dies ebenfalls Schwung in den CFD-Handel bringen. Falls sich nämlich die Abgabe auf Börsengeschäfte beschränken sollte, würden nicht börsengehandelte Investments wie CFDs davon profitieren. Noch steht die Einführung einer solchen Steuer allerdings in den Sternen. Und ob sie dann auch für die CFD-Branche gilt oder nicht, ist momentan ebenfalls ungewiss.
Erste Entwürfe zur Finanztransaktionsteuer sehen vor, dass sie auf alle Transaktionen, also Käufe und Verkäufe, von Wertpapieren, strukturierten Finanzinstrumenten und Derivaten anfallen soll. Demnach wäre der CFD-Handel ebenfalls von der Steuer betroffen. Allerdings werden derzeit auch Ausnahmen für Privatanleger diskutiert, ebenso stehen mögliche Freibeträge zur Debatte. Die Wachstumsaussichten der CFD-Branche bleiben also vorerst gut.
CFD
Wussten Sie, dass ...
... Dividenden beim CFD-Handel berücksichtigt werden? Anleger, die eine Aktien-Long-CFD-Position halten, bekommen zum Ausschüttungstermin wie Aktionäre den Wert der Dividenden gutgeschrieben. Im Gegensatz zur direkten Aktienanlage haben CFD-Anleger allerdings kein Stimmrecht. CFD-Anlegern mit einer Short-Position wird der Wert der Dividende am Ausschüttungstag entsprechend belastet. Da die Wertpapiere nach der Dividendenausschüttung jedoch ex-Dividende gehandelt werden, der Kurs also um die Höhe der Dividende bereinigt wird, entstehen dem CFD-Anleger dadurch keine Nachteile.
... Einlagensicherungsfonds die Gelder von CFD-Anlegern bis zu einer bestimmten Höhe beim Zahlungsausfall absichern? Für in Deutschland und Großbritannien ansässige Firmen springt im Zahlungsausfall — etwa bei der Insolvenz des Brokers — der jeweilige heimische Einlagensicherungsfonds ein. In Großbritannien beträgt die Summe der Absicherung aktuell 50 000 Pfund, in Deutschland variiert die Höhe je nach Anbieter, da es unterschiedliche Haftungsregeln gibt. Anleger sollten sich hierüber vorab genau informieren.
... Laufzeiten beim CFD-Handel in der Regel nicht beachtet werden müssen? Da CFDs keine Termingeschäfte sind, müssen Anleger demnach keine Ablaufdaten und Fristen befürchten und können flexibel entscheiden, wann sie ihre Geschäfte beenden möchten. Da ein CFD ein sogenanntes Delta-1-Produkt ist, spielt zudem die Volatilität bei der Kursbildung keine Rolle. Der Preis eines CFD orientiert sich ausschließlich am Kurs des jeweiligen Basiswerts und bildet diesen annähernd eins zu eins nach. Die Preisstellung ist daher sehr transparent.
... Margenhandel gleich mehrere Gefahren in sich birgt? Zum einen kann der Anleger durch die Hebelwirkung viel schneller Geld verlieren, wenn sich der Trade in die falsche Richtung entwickelt. Zum anderen bekommen Investoren das Margenkonto beim Broker nicht umsonst. Das macht sich vor allem dann bemerkbar, wenn Anleger Positionen mehrere Wochen oder gar Monate halten. Denn die Bank verrechnet für Overnight-Positionen in der Regel einen Zins, der über den marktüblichen Konditionen liegt. Wer Aktienpositionen mit CFDs hedgen oder verlustreiche Trades aussitzen will, für den kann es teuer werden.
Diese Serien-Themen erwarten Sie in den kommenden Wochen:
Teil 2: Anbieter im Vergleich
Teil 3: CFD oder Zertifikat?
Teil 4: CFD & Charttechnik
Teil 5: CFD & Währungen
Teil 6: CFD & Rohstoffe
Wenn Sie mehr über das Thema CFDs erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
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