Wie die Weltbank mit Anleihen gegen Pandemien wie das Coronavirus kämpft

• CAT-Bonds bieten hohe Renditen und…
• …sind gerade bei institutionellen Investoren sehr beliebt
• Fragwürdiger Tilgungsanspruch sorgt für Kritik

Mit der Emission von Katastrophenanleihen oder sogenannten CAT-Bonds, also Catastrophe-Bonds, reicht die Weltbank finanzielle Risiken einer möglichen Naturkatastrophe an den Kapitalmarkt weiter. Dabei hängen die Zahlungsverpflichtungen oder Tilgungsansprüche der verbrieften Schuldverschreibungen an genau definierten Ereignissen. Bei den als Pandemie-Anleihen definierten Finanzprodukten geht es dabei jedoch nicht um Naturkatastrophen wie Erdbeben, Vulkanausbrüche oder Tsunamis, sondern um die länderübergreifende Ausbreitung von Krankheiten bzw. Seuchen.

Der Tilgungsanspruch hängt am Trigger

Katastrophenanleihen, welche neben Naturkatastrophen auch Pandemien eindämmen sollen, gibt es schon seit dem Jahr 2017. Doch schon die Ausbreitung des Ebolavirus in Afrika hat gezeigt, dass derartigen CAT-Bonds einige Konstruktionsfehler innewohnen. So starben in der Demokratischen Republik Kongo zwischen Januar und Juli 2019 rund 1.700 Menschen an Ebola, in den Nachbarstaaten des Landes gab es jedoch offiziell nicht mehr als 20 Todesopfer und somit wurden die Anleihen nicht ausgezahlt. Grund hierfür sind vor allem die streng definierten Ereignisse, welche über die Verfügung der investierten Mittel bestimmen.

Die strikt festgelegten Ereignisse, welche zur Ausschüttung der Anleihe führen, werden unter Experten auch als Trigger bezeichnet. Wird der sogenannte Trigger ausgelöst, verfällt der Tilgungsanspruch der Gläubiger und die eingesammelten Mittel der Anleihe kommen den Opfern der Katastrophe zugute. Laut den Vorgaben der Pandemie-Anleihen der Weltbank wird das Geld der Investoren aber erst dann ausbezahlt, wenn eine Seuche in einem Land mindestens 250 Menschenleben gekostet hat und sich darüber hinaus auch in einem weiteren Land ausbereitet. Dabei verfällt der Tilgungsanspruch der Gläubiger erst dann, wenn in einem weiteren Land bzw. benachbarten Staat mindestens weitere 20 Menschen versterben.

Der CAT-Bond deckt zwar das Coronavirus ab…

Die extrem schnelle Ausbreitung des Coronavirus in China rückt nun die zwei Pandemie-Anleihen, welche im Juni 2017 im Nennwert von insgesamt 320 Millionen US-Dollar emittiert wurden, zurück in das Blickfeld des Kapitalmarktes. Denn neben dem Ebolavirus, Lassafieber und Riftalfieber zählt auch das Coronavirus zu den Krankheiten, welche durch den speziellen CAT-Bond abgesichert sind. "Das Coronavirus gehört zu den durch den Finanzierungsmechanismus abgedeckten Viren", so eine Sprecherin der Weltbank gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

…die Auszahlungskriterien sind jedoch noch nicht erfüllt

Laut der Weltbank sind die Kriterien für die Auszahlung der Mittel aus der Anleihe zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch noch nicht erfüllt, da sich die Anzahl der Todesfälle aufgrund der Viruskrankheit in den chinesischen Nachbarstaaten noch unter dem Grenzwert von mindestens 20 Personen befindet. Da die beiden Pandemie-Anleihen der Weltbank nur noch eine Laufzeit bis zum Juli 2020 haben, ist es also nicht unwahrscheinlich, dass die Investoren der Anleihe ihren vollen Nennwert plus Zinsen zurückgezahlt bekommen, während die Opfer in China leer ausgehen.

Pandemie-Anleihen - hohe Renditen, hohe Risiken

Fallen in den kommenden fünf Monaten nicht mindestens 20 Menschen, außerhalb Chinas, dem Coronavirus zum Opfer, erhalten die Anleger des CAT-Bonds ihre investierten 320 Millionen US-Dollar zurück. Darüber hinaus erhalten sie, zum Ausgleich des Risikos, einen üppigen Kupon, welcher 11 Prozent über dem internationalen Kapitalmarktzins liegt. Aufgrund einer Mindestanlagesumme von 250.000 US-Dollar eignet sich der CAT-Bond, welcher ein kaum einschätzbares Risiko trägt, jedoch nur für institutionelle Investoren. Demensprechend wurde die Emission des festverzinslichen Wertpapiers auch von den Rückversicherern und Risikoanlagespezialisten Swiss Re und Munich Re begleitet. Beide Firmen stellten dabei schon in dem zugehörigen Wertpapierprospekt klar, dass sie nach der Emission keine Kurspflege bzw. Marktpflege betreiben werden. Würde die Pandemie-Anleihe also jetzt im Sekundärmarkt verfügbar sein, wäre ihr Preis, aufgrund der rapiden Ausbreitung des Coronavirus, höchstwahrscheinlich nahe Null.

Eine Wette ohne Gewinner?

Ob die Opfer des Virus in China, der Mongolei, Kambodscha, Myanmar oder Laos je die Mittel aus dem CAT-Bond erhalten werden, hängt nun vom weiteren Verlauf der Virusausbreitung ab. Angesichts dieser makabren Tatsache werden derartige Pandemie-Anleihen von Kritikern auch als "Wetten auf den Tod" bezeichnet. Trotz dieser nachvollziehbaren Kritik möchte die Weltbank mit ihrem Rückversicherungsprodukt zwei sehr unterschiedliche Interessen unter einen Hut bekommen. Zum einen geht es darum, ausreichende finanzielle Mittel am Kapitalmarkt zu erhalten, welche natürlich mit einer hohen Rendite angelockt werden müssen, und zum anderen geht es de facto um die Hilfe für die notleidenden Menschen in den jeweiligen Krisenregionen.

Pierre Bonnet / finanzen.at

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