22.01.2025 08:19:30
|
US-Kerninflation bremst Renditeanstieg, Großbritanniens Spielraum für Zinssenkungen wächst, Trump-Administration als Unsicherheitsfaktor
Die in der letzten Woche erschienenen Daten haben dem internationalen Anleihenmarkt eine Atempause verschafft.
US-Inflation und Zinsentwicklung: Eine Atempause für die Märkte
Weil die US-Kerninflation im Dezember stärker zurückgegangen ist als erwartet, kam der scheinbar unaufhaltsame Anstieg der Renditen 10-Jähriger Treasuries in Richtung der 5 Prozent-Marke zum Stillstand.
Die langfristigen Zinssätze in den USA haben in der vergangenen Woche eine Korrektur erfahren und lagen bei Redaktionsschluss am Freitag bei 4,62 Prozent und damit deutlich unter dem jüngsten Höchststand von 4,80 Prozent vom 14. Januar. Was zunächst wie ein unaufhaltsamer Marsch in Richtung 5 Prozent aussah - was unserer Ansicht nach eingetreten wäre, wenn der Verbraucherpreisindex im Dezember die Erwartungen auch nur leicht übertroffen hätte - kam zum Stillstand. Dies bedeutet jedoch kaum, dass die jüngsten Bedenken des Marktes vollständig ausgeräumt sind.
Großbritannien: Spielraum für Zinssenkungen dank schwacher Konjunktur
In Großbritannien dürfte die Bank of England nach besseren Inflationsdaten und einem erneut nur schwachen BIP-Wachstum jetzt mehr Spielraum haben, ihren Leitzins in diesem Jahr deutlicher zu senken, wobei die Renditen langlaufender Anleihen stärker streuen dürften.
Die Entwicklung in Großbritannien passt zu unserem Basisszenario. Von einem weiteren starken Rückgang der US-Inflation sind wir aber noch nicht überzeugt. Wo die Widerstandslinie liegt, werden wir erst dann einschätzen können, wenn feststeht, was die neue US-Administration jetzt vorhat.
Handelskonflikte und Zölle: Herausforderungen für die globale Wirtschaft
Der Wirtschaftswissenschaftler Michael Pettis hält in einer Analyse in der Foreign Affairs einseitige Zölle der USA für ein mögliches Instrument zum Abbau des Leistungsbilanzdefizits – mit der logischen Folge, dass Regionen und Länder mit extrem hohen Leistungsbilanzüberschüssen wie Europa und China keine Gegenmaßnahmen treffen sollten. Damit hat Pettis aus unserer Sicht durchaus recht, wir meinen aber, dass er die negativen langfristigen Auswirkungen von Zöllen – auch für die USA – nicht ausreichend berücksichtigt hat. Allerdings sind wir wie er der Meinung, dass Gegenmaßnahmen für Länder und Regionen, die unter einer schwachen Nachfrage leiden, zwar kurzfristig verlockend, aber nicht optimal sind.
Die EU könnte Washington DC eine gemeinsame Front gegen den chinesischen Handel anbieten, doch wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht, ob die Trump-Administration im Gegenzug eine günstigere Behandlung der Europäer akzeptieren würde. Zölle erscheinen in der Kommunikation von Donald Trump häufig als ein politisches „Schweizer Taschenmesser“ und nicht nur als Mittel, um China in Schach zu halten.
Deutschland und die EU: Zwischen Strukturwandel und Konkurrenz aus China
Ein aktuelles Papier von Brad Setser und Sander Tortoir für das Centre for European Reform beschäftigt sich mit einem Fahrplan für Deutschland angesichts der chinesischen Konkurrenz. […] Sie weisen darauf hin, dass die traditionellen Instrumente zur Krisenbewältigung, die in Deutschland eingesetzt werden, im Zuge eines Strukturwandels nicht funktionieren werden.
Der rückläufigen Verlass auf den chinesischen Markt könnte auch deutsche Unternehmen davon überzeugen, dass europäische Märkte trotz begrenztem Wachstumspotenzial in China weiterhin entscheidend für Deutschland sind – zumal Handelspolitik eindeutig in die Zuständigkeit der EU fällt. Das Letzte, was deutsche Exporteure jetzt gebrauchen können, wäre ein Einbruch der europäischen Nachfrage oder Zweifel an der Stabilität des Euro.
Ausblick: Was bedeutet die Politik der neuen US-Regierung für die Märkte?
Wir sind nun zuversichtlicher, dass die Fed eine Zinssenkung im Jahr 2025 vornehmen wird. Allerdings wird die US-Notenbank nicht viel weiter gehen können, zumindest bis sich die negativen Auswirkungen der Trumpnomics zeigen. Einige der politischen Ankündigungen der neuen Regierung könnten zudem den FOMC dazu veranlassen, eine rasche Aufhebung der Beschränkungen nochmals zu überdenken.
www.fixed-income.org
Foto: Gilles Moëc © AXA