US-Anleihenmarkt sendet Warnsignal: Warum ein Indikator bei Anlegern Rezessionsängste aufkommen lässt

• Zinskurve zwischen 5 und 30-jährigen US-Staatsanleihen erstmals seit 2006 invers
• In der Vergangenheit häufig Hinweisgeber auf kommende Rezession
• Nicht alle Experten fürchten das Rezessionsgespenst


Die Angst vor einer massiven Verschlechterung der wirtschaftliche Lage, einer Rezession, treibt insbesondere US-Anleger um. Jetzt ist an den US-Anleihemärkten ein Indikator aufgetaucht, der diese Rezessionsangst zusätzlich verstärkte.

Inverse Zinskurve sorgt für Verunsicherung

Erstmals seit dem Jahr 2006 überstieg die Rendite 5-jähriger Staatsanleihen die von 30-jährigen Staatsanleihen. Während die Rendite für 5-jährige Staatsanleihen auf 2,56 Prozent stieg, fiel jene für 30-jährige Staatsanleihen auf 2,55 Prozent. Konkret bedeutet das, dass die Effektivverzinsung von langlaufenden Anleihen niedriger ist als die von kürzerlaufenen Anleihen - ein seltenes Phänomen am Anleihenmarkt, da in der Regel Anleger, die sich längerfristig binden, angesichts höherer Risiken stärker für ihr Investment belohnt werden.

Ist die Zinskurve jedoch umgekehrt, nennt man diese invers oder negativ sorgt dies nicht selten für massive Verunsicherung am Markt, denn eine inverse Zinskurve hat sich in der Vergangenheit als verlässlicher Vorbote für eine kommende Rezession erwiesen. Die Federal Reserve Bank of Cleveland hat in einem Modell einen derartigen Zusammenhang bestätigt: Demnach trat in der US-Geschichte häufig innerhalb eines Jahres, nachdem die Kurzfristzinsen höher waren als die Langfristzinsen, eine Rezession ein.

Anleihenrenditen bereits seit geraumer Zeit unter Beobachtung

Das Phänomen, dass Langläufer renditetechnisch schlechter abschneiden als kurzlaufende Zinspapiere, ist am US-Anleihenmarkt bereits seit einiger Zeit zu sehen. So gibt es zwischen Anleihen mit fünf- und zehnjährigen seit Wochen eine inverse Zinskurve, auch die Rendite zwei- und zehnjähriger Staatsanleihen kehrte sich unlängst um.

Anleger betrachten die Lage am Bond-Markt daher besonders besorgt, denn das Signal, das der Anleihenmarkt sendet, kommt ungewöhnlich früh: Die US-Notenbank Federal Reserve hat die Zinswende gerade erst eingeleitet, in der Vergangenheit zeigte sich eine inverse Zinskurve eher gegen Ende eines Zinserhöhungszyklus, schreibt die "Tagesschau".

Welche Gefahr droht der US-Wirtschaft?

Befeuert wurden die Entwicklungen am Aktienmarkt durch Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell. Der hatte angesichts der "viel zu hohen" Inflationsrate die Möglichkeit schnellerer Erhöhungen des Leitzinses ins Spiel gebracht. Die Nachricht, dass die Fed den Zinssatz bei den kommenden Sitzungen des Zentralbankrats bei Bedarf auch jeweils um mehr als 0,25 Prozentpunkte erhöhen könnte, hatte Anleger jenseits des Atlantik nervös gemacht.

Schon seit geraumer Zeit kritisieren Beobachter, dass die Zinswende der US-Notenbank zu spät gekommen sei und die Währungshüter nun unter Druck sind, die Inflationsrate einzufangen. Eine schnelle und drastischer als erwartete Anhebung des Leitzinses würde den Konjunkturmotor der USA ins Stottern bringen und im schlimmsten Fall abwürgen. Dann ist eine Rezession sehr wahrscheinlich - ein Zustand, den Anleger mit Sorge betrachten. Denn in Rezessionszeiten sind nicht nur das BIP eines Landes, die Folgen sind tiefgreifender und umfassen und anderem sinkende Nachfrage, Produktionsrückgänge und steigende Arbeitslosigkeit, zudem zeigen sich auch die Börsen in Zeiten von Rezession schwach.

Experten uneinig über Folgen der inversen Zinskurve

Ob eine inverse Zinskurve aber als eindeutiger Hinweisgeber für eine drohende Rezession zu sehen ist, wird von Experten trotz erfassten Zusammenhängen in der Vergangenheit unterschiedlich bewertet. "Da die Fed in restriktives Territorium vordringen wird, wird sich die Kurve umkehren", zitiert CNBC Seth Carpenter, den globalen Chefökonom bei Morgan Stanley. "Wie immer in der Vergangenheit werden die Märkte darüber diskutieren, ob eine Inversion eine Rezession ankündigt. Ein politischer Fehler, der eine Rezession verursacht, ist eindeutig möglich, aber unsere Basislinie ist, dass eine Inversion ohne Rezession wahrscheinlicher ist."

Mislav Matejka, leitender Aktienstratege bei JPMorgan gibt ebenfalls Entwarnung - zumindest vorerst: In einer Kundenmitteilung, die Bloomberg vorliegt, erklärte er, von einer Invertierung der Zinskurse zu einer Rezession könne die Zeitspanne "sehr beträchtlich" sein, "bis zu [zwei] Jahren". Aktien würden sich in dieser Übergangszeit häufig besser abschneiden als Anleihen.

Besorgter zeigt sich unterdessen Edward Al Hussainy, leitender Zins- und Währungsanalyst bei Columbia Threadneedle: "Wenn sich die Dinge umkehren, ist man einer Rezession definitiv viel näher als einem guten Ergebnis, und genau da stehen wir heute". "Es ist klar, dass wir an einem Punkt der Spannung auf den Märkten angekommen sind", zitiert Reutes den Experten.

Situation wird auch ohne Rezession spannend

Auch ohne eine Rezession dürfte die Lage am US-Anleihenmarkt aber Folgen haben. Die flache Zinskurve oder sogar eine Umkehr derselben, bringt das Konstrukt, dass längere Bindung höhere Rendite mit sich bringt, ins Wanken. Der Anreiz für Anleger, das Risiko von Langläufern auf sich zu nehmen, sinkt in diesem Szenario enorm.

Für Kreditnehmer, insbesondere für Unternehmen wird es in diesem Umfeld schwieriger, sich zu refinanzieren, da Bankkredite in der Regel auf längere Sicht vergeben werden. Banken wiederum kommen bei einer flachen oder inversen Zinskurve nicht günstig an Geld, das sie als Kredit zu höheren Zinsen weitergeben können. Dies führt häufig zur Erhöhung von Zinsen für Verbraucher, etwa bei Kleinkrediten oder Hypotheken.

Redaktion finanzen.at

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