Folgen bald Anleihekäufe? 27.11.2014 15:23:30

Sinkender Inflationsdruck bringt EZB näher an QE

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist gegen diesen überwiegend angebotsseitigen Disinflationsdruck zwar machtlos. Trotzdem dürfte der Rückgang der Inflationsrate Erwartungen stützen, dass die EZB demnächst Staatsanleihen kauft - und dieses Quantitative Easing (QE) bereits in der kommenden Woche kommunizieren wird.

   In Deutschland fiel die am Harmonisierten Verbraucherpreisindex gemessene Teuerung von 0,7 auf 0,5 Prozent. In Spanien sank die Jahresveränderungsrate der Verbraucherpreise von minus 0,2 auf minus 0,5 Prozent. Erwartet worden war ein Rückgang auf minus 0,3 Prozent. In Belgien sanken die Verbraucherpreise auf Jahressicht um 0,1 Prozent, nachdem sie im Vormonat noch um 0,1 Prozent gestiegen waren.

   Wie aus Detailangaben der deutschen Bundesländer hervorgeht, beruhte der Inflationsrückgang vor allem auf dem fallenden Ölpreis. Die Heizölpreise in Deutschland lagen im Schnitt um 10 Prozent unter Vorjahresniveau und die Kraftstoffpreise um knapp 5 Prozent. Die Nahrungsmittelpreise stiegen nur noch leicht.

   Während die Preisrückgänge in Spanien auch mit den immer noch laufenden Anpassungsprozessen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit zu tun haben dürften, wurde der Trend zur Disinflation in Deutschland alleine vom Ölpreis aufrecht erhalten. Denn die Konjunkturlage ist offenbar noch etwas besser als bisher angenommen, wie aktuelle Arbeitsmarktdaten zeigten.

   Die Arbeitslosenzahl verringerte sich im November nämlich stärker als erwartet, die Arbeitslosenquote sank auf ein neues Allzeittief von 6,6 Prozent und die Beschäftigung nahm im Oktober weiter zu. Das sind Rahmenbedingungen, die den Konsum von Industriegütern sehr begünstigen. Tatsächlich ist der Konsumklimaindikator der GfK für Deutschland für Dezember ebenfalls gestiegen.

   Auch der Index der Wirtschaftsstimmung des Euroraums verbesserte sich unerwartet. Das zeigt: Die niedrige Inflation im Euroraum beruht in erster Linie auf Faktoren, die positiv für die Konjunktur sind und deshalb langfristig für eine höhere Inflation sprechen. Allerdings ist davon bei den Inflationserwartungen kaum etwas zu merken.

   So gingen die Verkaufspreiserwartungen im verarbeitenden Gewerbe des Euroraums nach Angaben der EU-Kommission zurück, und auch die Inflationserwartungen der Konsumenten sanken leicht. Ein bemerkenswerter Ausreißer sind die Preiserwartungen des Dienstleistungssektors, die auf den höchsten Stand seit April 2012 kletterten.

   Aus Sicht der EZB dürfte jedoch relevanter sein, dass sich das Geldmengenwachstum in der Eurozone im Oktober entgegen den Erwartungen nicht erhöhte. Das Wachstum der breiten Geldmenge M3 stagnierte bei einer Jahresrate von 2,5 Prozent. Erwartet worden war ein Wachstumsanstieg auf 2,6 Prozent. Positiv ist allerdings zu vermerken, dass die Vergabe von Buchkrediten an Unternehmen langsamer schrumpfte.

   Die neuen Zahlen deuten darauf hin, dass auch der mittelfristige Inflationsausblick schwach bleibt. Unmittelbare Auswirkungen auf die am kommenden Donnerstag anstehende geldpolitische Entscheidung des EZB-Rats dürften die Geldmengendaten nicht haben. Allerdings scheint EZB-Präsident Mario Draghi ohnehin entschlossen, die Zentralbankbilanz notfalls über den Ankauf von Staatsanleihen auszuweiten.

   Argumente dafür dürften ihm die neuen Inflationsprognosen des EZB-Stabs liefern, die am Donnerstag veröffentlicht werden. Derzeit erwartet die EZB offiziell noch 0,6 Prozent Teuerung für 2014 und 1,1 sowie 1,4 Prozent für die Folgejahre. Diese Prognosen war schon vorher nicht mehr realistisch.

   Mit den jetzt veröffentlichten Inflationsdaten deutet sich nun für November eine weitere negative Überraschung an. Nordea-Volkswirt Holger Sandte geht davon aus, dass die Inflationsrate im Euroraum auf 0,2 Prozent gefallen ist und stellt folgende Überlegung an: "Obwohl fallende Ölpreise gut für die Verbraucher und die meisten Unternehmen sind, verstärken sie an dem Märkten die Wahrnehmung, dass wir uns einer 'bösen Deflation' nähern. Der Inflationsrückgang wird deshalb den Druck auf die EZB, mehr zu tun, deutlich erhöhen."

   Und NordLB-Ökonom Mario Gruppe spekuliert mit Blick auf die EZB-Ratssitzung in der nächsten Woche: "Womöglich wird man schon dann neue Maßnahmen diskutieren. Vieles spricht damit für echtes Quantitative Easing im neuen Jahr."

   DJG/hab/apo

   Dow Jones Newswires

Von Hans Bentzien

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