Von Tom Fairless

   FRANKFURT (Dow Jones)--Der Berliner Finanzwissenschaftler Markus C. Kerber hat beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die Beteiligung der Deutschen Bundesbank am Anleiheankaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) eingereicht. Ziel ist aber, das gesamte Ankaufprogramm zu Fall zu bringen. "Wir wollen einfach, dass die EZB das Programm nicht mehr umsetzt", sagte Kerber dem Wall Street Journal und fügte hinzu: "Die Risiken sind für die Bundesbank nicht mehr tragbar." Das Gericht bestätigte den Eingang des Antrags.

   Die Zentralbanken des Eurosystems kaufen derzeit monatlich Anleihen für 60 Milliarden Euro. Bis Jahresende dürfte das Volumen der angekauften Papiere 2,3 Billionen Euro erreicht haben. Die Bundesbank hat wegen des hohen Kapitalanteils Deutschlands an der EZB auch den größten Anteil an dem Ankaufprogramm. Allerdings ist die Verteilung der Risiken, auf die Kerber sich bezieht, je nach Wertpapierart unterschiedlich geregelt.

   Geteilt werden offiziell nur jene Risiken, die sich aus rund 20 Prozent der Ankäufe ergeben - die, die die EZB selbst tätigt. Den Löwenanteil stellen die Staatsanleihen, die jede nationale Zentralbank, also auch die Bundesbank, auf eigene Rechnung erwirbt. Kerber und die beteiligten Kläger argumentieren, dass bei Ausfall auch nur eines kleinen Teils des EZB-Anleiheportfolios die Arbeitsfähigkeit der Bundesbank beeinträchtigt wäre. In der Folge müsste Deutschland die Bundesbank rekapitalisieren und das stelle wiederum eine unzulässige Einschränkung der Budgethoheit des Bundestags dar.

   Gegen das Anleihekaufprogramm liegen dem Verfassungsgericht bereits mehrere Klagen vor. Zu seinem Antrag auf einstweilige Anordnung sah Kerber sich durch einige im Dezember 2016 beschlossene Änderungen des Programms genötigt. Der EZB-Rat hatte damals beschlossen, dass die Zentralbanken auch Anleihen mit einer Restlaufzeit von nur noch einem Jahr kaufen dürfen, und außerdem den Ankauf von Papieren mit negativer Rendite erlaubt.

   Ein Sprecher des Bundesverfassungsgerichts konnte auf Anfrage nicht sagen, wann das Gericht über Kerbers Antrag befinden wird. Am Donnerstag nächster Woche trifft sich der EZB-Rat in Tallinn zu seinen nächsten geldpolitischen Beratungen. Volkswirte erwarten derzeit überwiegend, dass das Anleihekaufprogramm ab 2018 schrittweise verringert wird. Konkrete Hinweise darauf sind für kommende Woche aber noch nicht zu erwarten.

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   May 30, 2017 05:50 ET (09:50 GMT)

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