Corona-Krise |
01.07.2020 21:52:00
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Zügige Erholung der Märkte - Mögliche Blase?
• Senior Markets Commentator zieht Vergleich zu vergangenen Blasen
• Börsenphänomen im Blick
Das Jahr 2020 hielt von Beginn an eine aufregende Marktphase bereit. Im Höhenrausch befindliche Indizes hielten sich in ihrer Aufwärtsspur und erreichten neue Rekordstände - am Ende des längsten Bullenmarktes der Geschichte.
Bezwinger dieses historischen Phänomens war das Coronavirus, das sich innerhalb kurzer Zeit zu einer Pandemie ausweitete und die Wirtschaft weltweit nahezu zum Stillstand zwang. Doch so heftig der Rückgang an den Börsen im Zuge der fliehenden Aktionäre war, so schnell ging auch die Erholung vonstatten. Das wird spätestens mit dem Blick auf die US-Technologiebörse klar, wo sich der NASDAQ Composite noch vor wenigen Tagen auf erfolgreicher Rekordjagd befand.
Kursverluste nach Corona schnell wieder aufgeholt
Nahezu alle wichtigen Aktienindizes wie der Dow Jones, der S&P 500, aber auch der DAX sowie der SMI fielen im Corona-Crash-Quartal markant zurück, als die Bären das Ruder übernahmen. Nachdem der längste Bullenmarkt der Geschichte die meisten Aktienpreise deutlich in die Höhe getrieben hatte, dürften sich deshalb etliche Investoren dazu veranlasst gesehen haben, möglichst gute Schnäppchen an der Börse zu machen. Das, gepaart mit immer wieder aufkeimender Hoffnung infolge von Lockerungen der Corona-bedingten Maßnahmen sowie Zinssenkungen und Co., führte zu einer vermeintlich raschen Erholung der gebeutelten Aktienmärkte. Zwar gestaltet sich der Handelsalltag derzeit noch relativ volatil, doch inzwischen ist die Entfernung zu den Corona-Tiefs wieder groß geworden. Ist das ein Grund für Skepsis? Dazu herrschen verschiedenen Meinungen.
Blähten riskante Anlagen die Märkte auf?
Howard Marks, Gründer der Investmentgesellschaft Oaktree Capital, schrieb in seinem kürzlich veröffentlichten Investorenbrief von risikoreichen Anlagen und zeigte sich besorgt. Er vermutete, dass "Fundamentaldaten und Bewertungen" nur eine geringe Rolle bei der Rally gespielt hätten und warf Begriffe wie "Kaufpanik" in den Raum. Vermuten lässt sich, dass hier das FOMO-Phänomen ("Fear of missing out" - also die Angst, etwas zu verpassen) einen bedeutsamen Beitrag geleistet haben könnte. Anleger könnten sich nach dem jahrelangen Bullenmarkt keine Chance entgehen lassen haben wollen, die "optimistische Möglichkeiten" enthalten könnten.
In einem Artikel auf CNBC schrieb der "Trading Nation"-Host und CNBC Senior Markets Commentator Michael Santoli einerseits, dass in Sorgen wie diesen Berechtigung liege. Gemessen am marktbreiten US-Index S&P 500, der sich seinen Februarhochs zwischenzeitlich knapp nähern konnte, seien die Preise der Aktien "wirtschaftlichen Realitäten" vorausgeeilt - was zunächst Indizien für Überbewertungen oder gar eine Blase sein könnten. Er stellt weiterhin zwar fest, dass es seit jeher schon Anleger gibt, die auf schnelles Geld aus sind und deshalb riskante Strategien verfolgen, jedoch hätten die Zinsgelöbnisse der US-Notenbank und weitere fiskalische Maßnahmen Anleger dazu veranlasst, mehr Mut als in üblichen Situationen walten zu lassen. Doch andererseits meinte Santoli auch, dass die Stimmen seitens Investoren-Profis, die den jüngsten Handelsboom kommentierten, in ihrem Ausmaß überzogen seien und Kleinanleger davon abhalten könnten, überhaupt in den Markt einzusteigen. Auch Börsenkenner Jim Cramer brachte die sogenannten "Bubble-Caller" zur Sprache und warf ihnen vor, Anleger um wichtige Lehren durch kurzfristige Verluste zu bringen.
Typisches Muster bei Spekulationsblasen
Natürlich scheint die Markterholung auf den ersten Blick auf die Ausbildung einer Spekulationsblase zuzusteuern. Doch welche Muster gelten genau für Blasen? Dafür lässt sich ein Blick in die Vergangenheit nicht umgehen: Das prominenteste ist zugleich das älteste Beispiel - die Tulpenzwiebelblase, in der wild auf Zwiebeln der Zierblume spekuliert wurde. Doch auch in der jüngeren Geschichte sind Paradebeispiele für (letztendlich stets geplatzte) Blasen zu finden, wie etwa die Dotcom-Blase im Jahr 2000. Aktien von Internetunternehmen oder Konzernen aus der Telekommunikationsbranche fingen regelrecht Feuer. Als typische Merkmale gelten damit starke Aktienzuflüsse ohne Bewertungsgrundlage, hoher Optimismus für Kurssteigerungen, massive Ausgabe von Aktien durch die Unternehmen.
Außerdem stellt er fest, dass seit dem Jahr 2000 zu schnell von Blasen gesprochen wird. Auch zu Beginn der Aufwärtsbewegung 2003 bis 2007 sei das der Fall gewesen - zu Unrecht, meint der Senior Markets Commentator. Statt einer "Echo-Internetblase" wäre die Hausse im Anschluss an die geplatzte Dotcomblase viel mehr als "anhaltendes Wachstum des Web 2.0" zu definieren, schreibt er bei CNBC.
Jetzige Marktsituation anders als vergangene Finanzblasen
Santoli charakterisiert das insgesamt als "New Era"-Wahnvorstellung, die die Kursdynamik anheizt. Seiner Meinung nach seien diese Faktoren aktuell nicht wiederzufinden. Er konkludiert zwar, dass das Gefühl, die Corona-Krise habe alles verändert, allgegenwärtig, aber überwiegend negativ und deshalb die Skepsis unter Kleinanlegern hoch sei.
Darüber hinaus sieht der "Trading Nation"-Host das Grundbild, das während einer Blase herrscht, aber nicht erfüllt: Eine große Zahl zum Scheitern verurteilter Aktien, nachdem eine "Sky-is-the-Limit" Mentalität in ungeahnte Höhen führte. Dieses Bild zeichne sich nun nicht ab, stattdessen sähen sich Anleger in einer Situation, in der sie nichts mehr zu verlieren hätten, wieder. Dabei setzten sie auf in Not geratene Unternehmen vor "der Annahme eines ewigen und mühelosen Wachstums." Nicht von der Hand zu weisen sind jedoch die kurzfristig euphorischen Sprünge, die von zwischenzeitlich positiven Treibern ausgelöst wurden und auch Korrekturen nach sich ziehen.
Doch der CNBC-Marktexperte betont den Unterschied der jetzigen Situation zu vergangenen Blasen: Das Eine sei ein Markt, der für langfristig unterdurchschnittliche Renditen eingepreist ist und durch Abwärtsbewegungen auf die Probe gestellt wird. Das Andere sei eine echte Blase, die "Kapitalallokation verzerrt und tiefgreifende Verluste für die kommenden Jahre vorhersagt."
Klar ist, dass sich Händler nach der schnellen Erholung immer wieder auf Rückschläge einstellen und mit einer volatilen Phase leben müssen.
Theresa Holz / Redaktion finanzen.at
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