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17.04.2019 08:34:41
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zooplus: Alles für die Katz? - Neue Strategie hinterlässt Zweifel
LAGE DES UNTERNEHMENS:
zooplus kam von weit unten. Nach seinem Börsengang 2008 hat der Online-Händler für Tierbedarf binnen nur zehn Jahren den Sprung über die erste Umsatzmilliarde geschafft. Doch sein kräftiges Wachstum erkaufte sich das Unternehmen aus München auf Kosten der Profitabilität. Vor allem die teure Expansion ins Ausland forderte in der jüngeren Vergangenheit ihren Tribut.
Im September 2017 erschreckte zooplus Börsianer mit einer Gewinnwarnung - und musste am Jahresende erstmals seit Längerem wieder einen Nettoverlust ausweisen. 2018 rutschte die Firma noch tiefer in die roten Zahlen. In diesem Frühjahr bürstete Management auch seine lange streng verteidigten Mittelfristziele über den Kamm. Mit der zweiten Umsatzmilliarde rechnet die zooplus-Führung nun nicht mehr 2020, sondern "etwas später".
Dabei gilt der seit Jahren konstant wachsende Tiermarkt in Europa eigentlich als attraktiv. Eine steigende Zahl von Tierbesitzern ist bereit, immer mehr Geld für seine Schützlinge auszugeben - weshalb Herrchen und Frauchen inzwischen von Unternehmen heiß umkämpft sind. Gemessen am Umsatz gehört zooplus nach eigenen Angaben zu den europäischen Branchenführern und ist im Internet die Nummer eins. Doch baut sich mit Amazon inzwischen ein mächtiger Gegner auf.
Was zooplus-Chef Cornelius Patt bislang nicht anficht. Der Markt lasse neben dem großen Generalisten aus den USA weiterhin Platz für spezialisierte Anbieter wie zooplus, erklärte er auf dem jüngsten Kapitalmarkttag des Unternehmens.
Dass zooplus unter Druck ist, belegt gleichwohl der jüngste Strategieschwenk. Dem Unternehmen war es zwar geglückt, etwa mit Abo-Modellen seine Stammkundschaft zu vergrößern. Doch das reichte nicht für Gewinne. Die Firma will nun noch mehr Geld in die Hand nehmen, um angestammte Kunden zu halten und das Neukundengeschäft zu beleben.
Gerade beim Fang von Neueinsteigern zeigt sich aber, dass Patts Digitalstrategie nicht in dem Maße aufging wie erhofft. zooplus hat nach eigenem Bekenntnis zu sehr auf die Google-Suche gesetzt. Nun sollen es stärker personalisierte Dienste richten, aber auch soziale Medien wie Facebook und Instagram, Blogger und Influencer.
Neben seiner Plattform-Strategie, die mit Zusatzangeboten wie einer Tierarztsuche aufwartet, setzt zooplus weiterhin stark auf Eigenmarken. Neben dem Haustiershop Bitiba, der auch Lebensmittel und Drogerieartikel im Programm hat, will sich das Unternehmen durch seine neugeschaffene Premiummarke Medoca vom Konkurrenten Amazon absetzen.
Die neuen Marketing-Investitionen sollen sich spätestens ab Mitte 2019 positiv auf die Erlöse auswirken. Das alles dürfte jedoch erneut zulasten der Marge gehen. Dabei präsentierte sich zooplus zuletzt bereits etwas weniger aggressiv als zuvor. Der Fokus soll zwar weiter auf dem Wachstum des Unternehmens liegen - jedoch nicht mehr zu jedem Preis.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Die Mehrheit der im dpa-AFX Analyser erfassten Experten empfiehlt die Papiere derzeit zum Verkauf oder hält ein neutrales Votum. Schon seit einigen Jahren gibt es unter Kennern immer wieder mahnende Stimmen, die sich um die Profitabilität des Unternehmens sorgen. Zuletzt nahm die Zahl skeptischer Studien von Analysten erheblich zu. Viele Experten fordern vom Management, den Fokus vom reinen Umsatzwachstum zu nehmen.
Auch der jüngste Strategieschwenk stößt auf Zurückhaltung. Vieles an der neuen Vermarktungsstrategie sei noch unsicher und die Wirksamkeit der neuen Maßnahmen längst nicht bewiesen, kritisierte etwa Analyst Tobias Sittig vom Investmenthaus Mainfirst. Um das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen, müsse zooplus deutlich wachsen und gleichzeitig die Margen nachhaltig verbessern. Allein wegen der nun steigenden Kosten ist aus seiner Sicht eine Verbesserung der Margen in diesem Jahr jedoch nicht möglich. Dies sieht auch Deutsche-Bank-Expertin Nizla Naizer so. Sie rechnet mit einem Rückgang der Rentabilität bei zooplus.
Besonders pessimistisch ist Barclays-Analystin Alvira Rao, die im März das Papier mit "Untergewichten" in ihre Bewertung aufnahm. Sie hält die führende Marktstellung des Online-Händlers für Heimtierbedarf vor allem durch Amazon gefährdet. Die Bruttomargen hätten sich zwar stabilisiert, viel Luft nach oben gebe es aber nicht.
"Amazon kann nicht geschlagen werden", meint auch Berenberg-Analyst James Letten. Die vorgestellte neue Strategie des Unternehmens habe ihn nicht davon überzeugt, dass zooplus die grundlegenden Probleme des europäischen Marktes für Haustierbedarf bewältigen könne. Amazon habe ein größeres Angebot, ein umfassendes Logistik-Netzwerk und eine größere Kundenbasis, die auch mit Blick auf Tierfutter angesprochen werden könne. Zudem höben sich andere Tierfutter-Anbieter etwa durch das Angebot über mehrere Vertriebskanäle von zooplus ab.
DAS MACHT DIE AKTIE:
In Erwartung künftiger Gewinne haben die Anleger an der Börse dem zooplus-Papier in den vergangenen Jahren einen kräftigen Vertrauensvorschuss gegönnt. Vor allem für Investoren der ersten Stunde hat sich das Engagement wahrlich gelohnt - zumindest, wenn sie bis zum Mai 2017 ausgestiegen sind. Denn damals erreichte der Kurs seinen vorläufigen Rekord bei mehr als 200 Euro. Ausgehend vom rechnerischen Ausgabepreis bei 13 Euro war der Wert der Aktie in nicht einmal zehn Jahren auf mehr als das Fünfzehnfache gestiegen.
Seinen ersten kräftigen Schub hatte der Kurs im Jahr 2011 bekommen, dem Jahr der Aufnahme in den SDAX und einer Kapitalerhöhung, mit der das Unternehmen die Zahl der Aktien verdoppelte. Nachdem der langjährige Großaktionär Hubert Burda Ende 2015 sein Engagement nahezu komplett herunterfuhr, dümpelte die Aktie eine Weile dahin - bevor Übernahmefantasien in der breiteren Branche das Papier wieder in Schwung brachten und die Aktie nach starken Quartalszahlen ihr Rekordhoch markierte.
Das eiskalte Wasser für die Anleger folgte nur wenige Monate später, als sich offenbarte, dass zooplus für das Jahr zu viel versprochen hatte. Seit der damaligen Gewinnwarnung brach der Aktienkurs bis auf ein Zwischentief bei rund 127 Euro ein, um sich nochmals bis auf knapp 193 Euro zu erholen. Doch inzwischen scheint Ernüchterung eingekehrt. Einen kräftigen Rutsch nach unten machte das Papier, als das Unternehmen Ende März seine Mittelfristziele verschob. Aktuell wird das Papier bereits bei Kursen um 90 Euro gehandelt, damit ist die Aktie zurück auf dem Niveau von Mai 2015.
MÜNCHEN (dpa-AFX)
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