10.07.2013 16:29:00
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Wirtschaftsbericht im Wahljahr: Schulterklopfen und Schuldzuweisungen
Die Opposition sieht das anders: "Es stimmt schon, dass Österreichs Wirtschaftsdaten im Vergleich zu anderen europäischen Staaten besser liegen, aber Österreich lebt derzeit hauptsächlich vom Speck in der Kammer und nicht durch Innovation und vorausschauende Entscheidungen", meinte der stellvertretende Bundessprecher der Grünen, Werner Kogler. Der Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) warf Kogler "ideologiegetriebenen Wahlkampfkauderwelsch" vor.
"Das Maß darf nicht die Krise sein", meinte FPÖ-Verkehrssprecher Gerhard Deimek. Er stieß sich besonders an der optimistischen Einschätzung von Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ). Bei der Infrastruktur drohe Österreich abzurutschen. Das Regierungsprogramm sei nicht abgearbeitet worden. "Die Regierung hat sich nicht getraut, heiße Eisen anzugreifen." Während die Regierung ihr Programm lobe, sehe sich die Bevölkerung mit der höchsten Arbeitslosigkeit in der Zweiten Republik und außer Kontrolle geratenen Wohnkosten konfrontiert. RfW-Obmann Fritz Amann erinnerte an die laufenden Downgradings in Standortrankings und sieht Steuerentlastungen überfällig.
Besorgniserregend beurteilt BZÖ-Chef Josef Bucher die wirtschaftliche Lage im Land. Ihm fehlten viele Initiativen für die Wirtschaft, beklagte Bucher bei einer Pressekonferenz etwa die seiner Ansicht nach zu wenigen Investitionen in Zukunftsbereiche wie Forschung und Entwicklung. Einmal mehr forderte Bucher eine Steuersenkung, denn das sei "die beste Wirtschaftsinitiative".
Für das Team Stronach haben SPÖ und ÖVP den "Österreich-Bonus" verspielt. Wenn Österreich vergleichsweise gut da stehe, sei das "nicht wegen, sondern trotz der rot-schwarzen Bundesregierung", befand Team-Klubobmann Robert Lugar.
Die Industriellenvereinigung (IV) begrüßte das Bekenntnis der Politik zum Industriestandort. Vor allem wegen der hohen Industriequote sei Österreich gut durch die Krise gekommen, meinte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Nun seien dringend Verbesserungen des strukturellen und steuerlichen Rahmens nötig. Die Industrie müsse weiter gestärkt werden.
Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl fand Lob für die Koalitionsarbeit zur Standort- und Jobsicherung. Hoch an der Zeit sei es nun aber, die Anstrengungen im Innovationsbereich deutlich zu erhöhen. Österreich dürfe sich nicht damit begnügen, sich im fünften Krisenjahr gut zu behaupten. "Wir müssen unseren Standort nachhaltig in die Lage versetzen, gute Nachrichten zu schreiben." Neue Steuern und Abgaben wären, so Leitl, Gift für Wachstum und Arbeitsplätze.
ÖVP-Vizekanzler Michael Spindelegger will die Wirtschaft entfesseln und die Firmen entlasten, versicherte er heute.
In den Augen von Arbeiterkammerpräsident Rudolf Kaske lässt sich die Bilanz Österreichs sehen. "Aber diese Erfolge kommen nicht bei allen Menschen an". Zu viele hätten keine Arbeit, der Wohlstand sei ungleich verteilt und für immer mehr Menschen werde es schwieriger, Wohnen, Essen und Energie zu finanzieren. Die AK fordert mehr Investitionen in Bildung und ein schärferes Wettbewerbsrecht. Er urgierte eine Vermögensteuer auf private Vermögen.
"Wir können uns von den Entwicklungen in Europa nicht abkoppeln", warnte ÖGB-Präsident Erich Foglar. Österreichs Wirtschaft sei mit der deutschen eng verbunden, daher müsse man schon jetzt Maßnahmen verstärken, die die Wirtschaft in Schwung bringen. Die restriktive Fiskalpolitik habe die Krise in Europa verschlimmert, das bestätigten immer mehr Ökonomen auch im heutigen Wirtschaftsbericht.
(Schluss) rf/stf
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