26.09.2013 15:57:30

Wirtschaft macht Druck auf Politik wegen Bankenunion

   Von Andreas Kißler

   BERLIN--Nichts weniger als die "Zukunft der Kapital- und Kreditmärkte" stand auf dem Programm, als Vertreter von Politik und Finanzwirtschaft in Berlin ihren ersten Kongress nach der Bundestagswahl abhielten. Besonders ging es dabei auch um die geplante europäische Bankenunion.

   Die Debatte verlief kontroverser als erwartet: Der Vertreter der Wirtschaft warnte vor einer Kapitalflucht der Unternehmen, sollte nicht bald Klarheit über die geplanten Regelungen herrschen. Doch die Politik machte klar, wie fundamental die Meinungsunterschiede noch sind.

   Die Bankenunion umfasst neben der Ansiedlung einer gemeinsamen Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank und den grundsätzlichen Regelungen zur Bankensanierung auch die konkrete Ausgestaltung eines Mechanismus für die Abwicklung maroder Banken - und der ist weiter hoch umstritten.

   "Wir hören aus diesem Konzert aller Beteiligten so viel Unterschiedliches, dass wir gar keine Orientierung haben", klagte Anton F. Börner, der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA. "Ich bin fest davon überzeugt, wir werden 2015, allerspätestens 2016 eine massive Standortdiskussion bekommen", warnte Börner bei dem Kongress der Verbriefungsinitiative TSI. Wegen der großen Verunsicherung drohten Arbeitsplatzverlagerungen nach Asien und in die USA und eine Abwanderung von Investitionen aus Europa.

   Auch der Verbandschef hatte aber kein Rezept dafür, wie die Gesetzgebungsvorhaben zu den Regulierungsvorhaben der Bankenunion so beschleunigt und vereinfacht werden könnten, dass sie auch von "uns Laienspielern" aus der mittelständischen Wirtschaft zufriedenstellend nachvollzogen werden könnten.

   Von der Politik erntete Börner für seine Anwürfe folglich sehr fundamentalen Widerspruch. Entscheidend sei, die Dinge nun "richtig zu regeln" und nicht nur schnell, sagte der CDU-Finanzexperte Ralph Brinkhaus. Die Bestimmungen müssten auch nicht bis zur Europawahl im nächsten Mai unter Dach und Fach sein.

   "Lieber noch einmal genau schauen, wo die Fallstricke liegen, als dass wir wieder irgendwo einen Schnellschuss machen", riet Brinkhaus dem Verbandsvorsitzenden, und er zog gar Parallelen zur Euro-Einführung, die die Politik zu schnell angegangen habe. "Wir haben bei dem Euro einen Fehler gemacht, wir haben gesagt, wir führen den Euro ein, und dann wird sich alles irgendwie schon finden", konstatierte er. "Und dann hat sich herausgestellt: Es hat sich nicht gefunden."

   Die Message: Das darf bei der Bankenunion nicht passieren, allen Beschwerden der Wirtschaft zum Trotz. Und besonders bei dem Abwicklungsregime wollen Regierung und Parlament in Deutschland keine schnelle Regelung zulassen, die aus ihrer Sicht in die Irre führt.

   Aus dem Finanzministerium wird schon seit längerem betont, wie fundamental die Meinungsunterschiede zwischen der EU-Kommission und Deutschland in der entscheidenden Frage des Abwicklungsmechanismus für Banken sind, über den Brüssel und Berlin seit langem streiten. Die Bundesregierung kämpft vehement gegen den Plan der Kommission, sich selbst als zentrale Abwicklungsbehörde einzusetzen, und wähnt sich seit einem jüngsten Finanzministertreffen mit dieser Position nicht allein. Doch aus Brüssel sind bisher keine Kompromisssignale gekommen.

   Bei dem TSI-Kongress bekräftigte das Finanzministerium seine Haltung zu dem umstrittenen Punkt noch. Ein solcher Mechanismus müsse "den Hauch einer Chance haben", überhaupt zu funktionieren. "Bei dem Kommissionsvorschlag habe ich die praktische Frage, wie das funktionieren soll", betonte der Ministeriumsabteilungsleiter für Finanzmarktfragen, Levin Holle. Es gelte jedoch, die Regeln und Anreize auch langfristig richtig zu setzen.

   In diesem Punkt immerhin waren sich Politik und Wirtschaft einig. Denn auch Börner betonte: "Wichtig ist, dass es handwerklich sauber gemacht wird." Nach seinen zuvor gemachten Äußerungen bleibt zu hoffen, dass die Wirtschaft bis dahin nicht schon die Nerven verliert.

   Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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