Hohe Dynamik |
16.03.2018 13:01:00
|
Wifo/IHS: Wirtschaft wächst kräftig - Arbeitslosigkeit sinkt rascher
Die robuste internationale Konjunktur kurbelt Österreichs Exporte an, von der vor allem die Sachgütererzeugung profitiert, erklärte das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) am Freitag zur Frühjahrsprognose. Im zweiten Halbjahr 2018 dürfte die internationale Konjunktur allmählich nachlassen und auch Österreichs Wachstum etwas bremsen. 2017 hatte das BIP um 2,9 Prozent zugelegt.
Die lebhafte Konjunktur biete weiterhin noch gute Voraussetzungen für einen nachhaltigen Budgetkurs und dringend notwendige Strukturreformen, betonte das Institut für Höhere Studien (IHS) fünf Tage vor der Budgetrede des Finanzministers im Parlament. Aus Sicht des IHS sollte in der jetzigen Wirtschaftslage eigentlich ein Budgetüberschuss erzielt werden, Anstrengungen zur Budgetkonsolidierung begrüße man daher. Das Wifo geht für heuer von einem Defizit des Gesamtstaates von 0,3 Prozent des BIP (laut Maastricht) aus, für 2019 von 0,1 Prozent Überschuss. Das IHS ist - auch wegen noch fehlender Daten zu gewissen Gegenfinanzierungen - mit 0,6 und 0,4 Prozent Defizit-Annahme für 2018/19 pessimistischer.
Die Arbeitslosigkeit wird dank der guten Konjunktur rascher sinken, vor allem kommendes Jahr. Nachdem sich die Arbeitslosenquote 2017 auf 8,5 Prozent verringert hat - der erste Rückgang seit 2011 -, dürfte sie sich heuer weiter auf 7,7 (Wifo) bzw. 7,8 Prozent (IHS) zurückbilden und dann 2019 zumindest aus Wifo-Sicht noch flotter auf 7,3 Prozent, laut IHS auf 7,7 Prozent.
Exportwachstum und Investitionsdynamik lassen etwas nach
Mit der Verflachung der Exportkonjunktur - die Ausfuhren sollen laut Wifo heuer und 2019 real um 5,5 bzw. 4,5 Prozent klettern - wird sich laut Wirtschaftsforschungsinstitut auch die kräftige Investitionsdynamik allmählich etwas abschwächen. Die Konsumausgaben der Privathaushalte würden robust bleiben, der Konjunktur aber keinen zusätzlichen Aufwärtsschub mehr verleihen.
Von der lebhaften Exportdynamik profitiert laut Wifo vor allem die heimische Sachgütererzeugung, Produktion und Beschäftigung würden hier kräftig zunehmen. Die Kapazitätsauslastung sei 2017 deutlich angestiegen und erreiche heuer im ersten Quartal ähnlich hohe Werte wie zuletzt 2000, 2007 und 2011. Nach dem ersten Halbjahr schwäche sich diese Dynamik dann aber etwas ab. Ebenso werde die Investitionsdynamik im zweiten Halbjahr etwas abnehmen. Für die Ausrüstungsinvestments 2018/19 sieht man 6 bzw. 3,5 Prozent Plus.
2018 dürfte die günstige Beschäftigungssituation mit höheren Lohnzuwächsen einhergehen, die sich in einem Anstieg der verfügbaren Einkommen niederschlagen, so das Wifo am Freitag. Die Zahl der unselbstständig aktiv Beschäftigten werde heuer noch um 1,9 Prozent zunehmen, 2019 dann um 1,1 Prozent. Trotz Rückbildung der Arbeitslosenquote werde diese 2019 - mit vom Wifo erwarteten 7,3 Prozent - jedoch noch immer um 1 1/2 Prozentpunkte über dem Wert von 2008, vor der Wirtschaftskrise, liegen.
Die Inflation wird sich in Österreich aus Wifo-Sicht nicht beschleunigen, auch wenn die Löhne 2018 und 2019 etwas stärker anziehen. Der Inflationsabstand zum Schnitt der Eurozone dürfte sich weiter verringern. Die Rate sieht das Wifo heuer und 2019 bei je 1,9 Prozent, laut HVPI-Kriterien bei je 2,0 Prozent.
Die Weltkonjunktur-Risiken hätten gegenüber der Dezember-Prognose zugenommen, betonte am Freitag das Institut für Höhere Studien (IHS). Die Unsicherheiten über das Tempo der Normalisierung der US-Geldpolitik hätten die Volatilitäten an den Welt-Finanzmärkten steigen lassen - und eine stärker protektionistisch orientierte US-Handelspolitik verlangsame den Welthandel spürbar und reduziere auch das Wachstumspotenzial der USA. Größtes Konjunkturrisiko für Europa seien weiterhin die wirtschaftlichen Folgen des EU-Austritts der Briten (Brexit).
Fürs internationale Konjunkturbild geht das IHS von einer weiter schwungvollen Entwicklung im Euroraum aus mit BIP-Zuwächsen von 2,3 bzw. 1,9 Prozent heuer und 2019. Die US-Wirtschaft sollte in den beiden Jahren um 2,5 bzw. 2,2 Prozent wachsen. Auch in den Schwellenländern bleibe die Konjunktur aufwärts gerichtet, für China erwarte man 6,7 bzw. 6,3 Prozent BIP-Anstieg. Die globale Wirtschaft dürfte demnach um 3,8 bzw. 3,5 Prozent expandieren, nach 3,7 Prozent Wachstum im vorigen Jahr.
Wifo und IHS mahnen Konsolidierung in der guten Konjunktur an
Die Chefs der heimischen Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS fordern die Regierung dazu auf, die gute Konjunktur zur Budgetkonsolidierung zu nutzen. Es gebe sehr wohl Handlungsbedarf, denn das strukturelle Defizit - bereinigt um Konjunktureffekte - liege 2018 bei 0,9 und 2019 bei 0,8 Prozent der Wirtschaftsleistung, sagte Wifo-Chef Christoph Badelt am Freitag.
"Es braucht nach wie vor Anstrengungen für die Budgetkonsolidierung", so Badelt bei der Vorlage der neuen Konjunkturprognose. Denn lediglich das Maastricht-Defizit profitiere - massiv - von der guten Konjunktur, etwa durch stärker sprudelnde Steuereinnahmen oder nicht nötige Ausgaben im Bereich Arbeitslosenunterstützung oder in Form geringerer Staatszuschüsse zu den Pensionen. Gemäß Maastricht werde das Defizit des Gesamtstaates heuer von 0,6 auf 0,4 Prozent des BIP sinken, glaubt das Wifo. Für 2019 geht es sogar von 0,1 Prozent Überschuss aus.
Die lebhafte Konjunktur biete weiterhin gute Voraussetzungen für einen nachhaltigen Budgetkurs und dringend notwendige Strukturreformen, betonte das Institut für Höhere Studien (IHS) fünf Tage vor der Budgetrede von Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) im Nationalrat. Aus Sicht des IHS sollte in der jetzigen Wirtschaftslage sogar ein Budgetüberschuss erzielbar sein, Anstrengungen zur Budgetkonsolidierung begrüße man daher. "Es gibt durchaus Potenzial, das Defizit zu senken oder 2019 einen Überschuss zu erzielen", sagte IHS-Chef Martin Kocher vor Journalisten.
Da noch Unklarheit über die Pläne zum Doppelbudget 2018/19 bestehe - und noch viele Daten, insbesondere zu gewissen Gegenfinanzierungen, fehlen -, kommt das IHS aus jetziger Sicht für 2019 auf ganz andere Prognosen zum Staatshaushalt als das Wifo. Das IHS geht wie 2017 auch für 2018 von 0,6 Prozent des BIP Defizit laut Maastricht aus und hat vorerst 0,4 Prozent Minus für 2019 eingestellt. Nach Vorliegen weiterer Daten werde man neu rechnen, meinte Kocher am Freitag.
Einziger aufs erste ins Auge springender Unterschied zwischen den beiden Instituten bei der Maastricht-Defizit-Berechnung ist, dass das IHS den Familienbonus bereits berücksichtigt hat, das Wifo aber nicht. Jedoch werde der Familienbonus-Effekt ohnedies erst 2020 wirklich spürbar sein, so Badelt.
Die voraussichtlich 0,8 Prozent des BIP als strukturelles Defizit 2019 zitierte Badelt aus der neuen Mittelfristprognose des Wifo. Allerdings sei immer auch die Frage, wie man diese Größe berechne. Die EU-Kommission etwa rechne anders, deshalb sei da die Defizitquote 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte geringer.
In der Budgetrede für 2018 und 2019 werde es wohl eher um kurzfristige Effekte gehen, meinte der Wifo-Chef. Aber es müsse ja auch ein 5-Jahres-Finanzrahmen beschlossen werden, und dort müsste man eigentlich die längerfristigen Strukturmaßnahmen abgebildet sehen, die aber auch länger brauchen würden, um zu wirken. Derartige Strukturreformen müssten etwa die Aufgabenteilung mit den Bundesländern, aber auch das Gesundheitswesen betreffen, so Badelt im Radio: "Die Föderalismusreform ist sicher ein großes Beispiel für solche Strukturreformen." Und eine Kernfrage ist für den Wifo-Chef: Schaffe es diese Regierung, die "Widerstände" in den Ländern und bei anderen Interessengruppen so zu handhaben, "dass wir wirkliche Strukturreformen kriegen".
IHS-Leiter Kocher pochte im Pressegespräch darauf, "die langfristigen Kostentreiber frühzeitig in den Griff zu kriegen". Dazu verwies er etwa auf Pensionen, Gesundheit, Pflege. "Das kann man jetzt besser beschließen als in einer Zeit, wo es uns konjunkturell vielleicht nicht so gut geht." Und es sei auch auf die Erwartungen der Konsumenten Bedacht zu nehmen, deshalb sollte bald ein Konzept da sein, auch für die Steuerreform, die 2020 oder in Teilen schon im zweiten Halbjahr 2019 kommen werde.

Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!
Weitere Links: