04.05.2017 23:23:56
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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Präsidentschaftswahl in Frankreich
Selbst wenn man noch nie oder zumindest schon lange nicht mehr in Frankreich war, gibt einem diese Schlammschlacht zur besten Sendezeit schnell eine Ahnung davon, wie zerrissen das Land sein muss. Und wie schwer es der nächste Staatspräsident haben wird.
Es steht viel auf dem Spiel. Sehr viel sogar. Frankreich muss sich neu erfinden und noch ist ungewiss, in welche Richtung diese Neuerfindung zielen wird. Europa und die Europäische Union aber werden die Konsequenzen zu spüren bekommen - so oder so.
Man muss sich das klarmachen: Die erste Runde der Präsidentschaftswahlen hat das politische System in Trümmer gelegt. Weder die Sozialisten noch die Konservativen schafften es in die Stichwahl. Hierzulande ging das fast unter, weil Macron vor Le Pen lag. Sein Vorsprung betrug nur wenige Prozentpunkte - trotzdem war der Jubel groß. Nicht selten begleitet von der im Brustton der Überzeugung vorgetragenen Ansicht, dass Macron jetzt ja gar nicht mehr verlieren könne.
Offenkundig haben viele - übrigens auch erschreckend viele
Journalisten - wenig aus der jüngeren Vergangenheit gelernt. Nach
Trump und Brexit sollte eigentlich klar sein: Keine Wahl ist
entschieden, bevor die Wahllokale geschlossen sind. Es ist aber
leider überhaupt nicht klar. Was wiederum eine ungeheure
Respektlosigkeit gegenüber dem Souverän - hier dem französischen Volk
offenbart.
Freilich muss, wer weiter auf die Europäische Union setzt und - allen Problemen zum Trotz - an ihre Zukunft glaubt, auch sagen dürfen, dass er Macron die Daumen drückt. Die Glückwunschadressen zahlloser EU-Granden allerdings, darunter deutsche Spitzenpolitiker wie Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU), waren nicht nur voreilig, sondern geradezu schädlich. So hatte Marine Le Pen in den vergangenen zwei Wochen leichtes Spiel, ihre Vorwürfe gegenüber »den Eliten« in Paris, Brüssel und anderswo zu bekräftigen. Sie machte reichlich Gebrauch davon. Auch im TV-Duell diffamierte sie Macron permanent mit dem Vorwurf, bloß ein Vasall von Kanzlerin Angela Merkel zu sein.
Und gravierender noch: Glauben die französischen Wähler tatsächlich, dass die Sache entschieden ist, könnten sie womöglich bei der Stichwahl zu Hause bleiben. Man kann nur hoffen, dass das nicht geschieht, denn die Folgen könnten verhängnisvoll sein. Noch hat Frankreich die Wahl.
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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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