14.01.2018 23:33:56
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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Möbel-Nostalgie
Bielefeld (ots) - Was wurde vor ein paar Jahren im Westen über die
DDR-Nostalgie in den östlichen Bundesländern gelästert, ja
geschimpft! Und jetzt soll es im Westen rückwärts gehen? Zumindest
in der Möbelbranche, deren größte Messe IMM Cologne heute in Köln
beginnt, soll wieder modern werden, worüber mindestens zwei
Generationen nur gespottet haben: Omas Küchenbuffet, Nierentisch und
das kleine runde Sofa. Unter dem Staub von mehr als 50 Jahren wird
der Mensch nun wiederfinden, was er angeblich so vermisst: das
Heimelige und die Gemütlichkeit. Die Möbelbranche ist nicht die
erste, die auf das Nostalgiegefühl der Menschen setzt. Stickende,
strickende und häkelnde Frauen-, aber auch Männergruppen rufen kaum
noch Erstaunen hervor. Schallplatten werden sogar wieder neu
produziert. Und wer von den Autokäufern es sich leisten kann, legt
sich zum SUV oder Elektromobil auch einen Oldtimer für den
Sonntagsausflug zu. In der Küche wird am Wochenende statt
Fertiggericht einmal »richtig« gekocht - gern mit alten
Gemüsesorten, die eigentlich schon in Vergessenheit geraten waren.
Auf dem Tisch liegt neben dem Tablet für die wirklich wichtigen
Nachrichten ein Füllfederhalter. Und trotz LED und Energiesparlampen
melden die Kerzenhersteller steigende Umsätze. Grund für die
DDR-Nostalgie waren die fundamentalen Veränderungen, die die
Wiedervereinigung und die Integration in das freiheitliche
Wirtschaftssystem des Westens für die Menschen »drüben« gebracht
haben. Wie bei anderen Revolutionen haben viele die neuen Chancen
genutzt. Doch viele sahen sich auch, nicht nur aufgrund ihres Alters,
als Verlierer. Die Rückbesinnung auf vertraute DDR-Konsumwaren wie
Vita-Cola, Halloren, Chokis, Nudossi und das Waschmittel Spee hat sie
zusammengeführt. Dass jetzt ganz Deutschland und wohl auch die
Nachbarländer von einer Nostalgiewelle erfasst werden, liegt auch an
einer Revolution - nur dass diese nicht von der Politik, sondern von
Wirtschaft und Technik getrieben wird. Unter dem Stichwort »Industrie
4.0« oder »Internet der Dinge« produziert auch die digitale
Revolution Gewinner und Verlierer. Kaum ein Berufsfeld ist nicht von
der Veränderung erfasst. Und trotz konjunkturellen Aufschwungs und
historisch hoher Beschäftigtenzahl ist die Angst einer größeren Zahl
von Menschen, irgendwann vom Computer ausgesondert zu werden, nicht
von der Hand zu weisen. Die »Ostalgie«-Welle ebbt schon wieder ab.
Und auch für den, dem die neuen alten Möbel zu rund, zu emotional
und zu schwülstig sind, ist Land in Sicht. 2019 jährt sich die
Gründung des Bauhauses in Weimar zum 100. Mal. Mies van der Rohes
Leitsatz »Weniger ist mehr« ist hoffentlich nicht vergessen. Er hat
in Architektur und Design einmal eine Revolution eingeleitet.
OTS: Westfalen-Blatt newsroom: http://www.presseportal.de/nr/66306 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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