13.08.2013 20:17:58
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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Gladbecker Geiseldrama
Bielefeld (ots) - Ines Falk ist gezeichnet. Die Erinnerungen an
die Schreckenstage und -nächte lassen die Frau, die vor 25 Jahren
Ines Voitle hieß, nicht los. Bis an ihr Lebensende wird sie die
Bilder und die Gefühle nicht verdrängen können, die sich in ihr
während des Martyriums des Gladbecker Geiseldramas festgebrannt
haben. Sie hat hautnah erlebt, wie der 15-jährige Emanuele de Giorgi
von den Verbrechern blindwütig erschossen wurde, wie ihre Freundin
Silke Bischoff beim katastrophal geplanten und dilettantisch
durchgeführten Zugriff der Polizei nach einem Schuss tödlich
zusammenbrach. Sie selbst erlitt dabei eine Schussverletzung, war
zuvor die ganze Zeit über der physischen und psychischen Bedrohung
durch Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski ausgesetzt. Kein Wunder
deshalb, dass eine mögliche Haftentlassung Degowskis bei der heute
43-Jährigen massive Angstzustände auslöst. Allein deshalb wäre es
falsch, den Gangster, von dem laut Gutachter keine Gefahr mehr
ausgeht, auf freien Fuß zu setzen. Für Falk ist und bleibt Degowski
eine reale Bedrohung. Die wäre der Geiselnehmer von damals sicher
nicht, wenn die Polizei während seines Verbrechens nicht komplett
versagt hätte. Die Aufarbeitung des aus heutiger Sicht schier
unfassbaren Geschehens hat gezeigt, dass sich Fehler an Fehler
reihte, ehe es zur finalen Katastrophe auf der Autobahn A3 kurz vor
der hessischen Landesgrenze kam. Es waren die immer wieder
ungeklärten Zuständigkeiten der Behörden, Unfähigkeiten von leitenden
Beamten und auch das konsequente Festhalten der SPD-Landesregierung
in NRW an der liberalen Innenpolitik, die Rösners und Degowskis
Irrfahrt mit ihren Geiseln durch die halbe Republik möglich machten.
Weitaus gravierender: Ein durchaus machbarer Zugriff im frühen
Stadium der Geiselnahme hätte auch die drei Toten - ein Polizist kam
bei einem Unfall ums Leben - verhindert. Gelernt haben die Behörden
aus dem damaligen Versagen aber allemal. Neue Strukturen und andere
Vorgehensweisen bis hin zum finalen Rettungsschuss stellen sicher,
dass sich Geiselnehmer nicht mehr so produzieren können. Ob auch die
Medien aus dem unfassbaren und zu verurteilenden Verhalten von damals
gelernt haben, ist zumindest fraglich. Zwar dürfte die Polizei
heutzutage Annäherungen samt Live-Interviews mit den Tätern wie vor
25 Jahren schon im Ansatz einen Riegel vorschieben. Doch die
gewachsene Konkurrenz aufgrund von Internet und Nachrichtensendern,
die Möglichkeit, per Smartphone zu twittern und Fotos über Netzwerke
zu verbreiten, verschiebt leider viele Hemmschwellen nach unten. Es
ist oft schon erschreckend, wie Bilder und Neuigkeiten ungefiltert
verbreitet werden. Getrieben von der Hatz nach dem besten Bild und
der schnellsten News würde vermutlich auch heute so mancher Reporter
oder Fotograf wider besseres Wissen alle Bedenken über Bord werfen.
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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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