30.10.2017 20:43:56
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Westdeutsche Zeitung: Reine Symbolpolitik (Kommentar von Kristin Dowe zur Kopftuch-Verbot-Bilanz in Österreich)
Düsseldorf (ots) - Ein Monat ist ins Land gezogen, in dem deutsche
Unionspolitiker bei unseren österreichischen Nachbarn aufmerksam
beobachten konnten, welch seltsame Blüten ein gesetzlich
vorgeschriebenes Burkaverbot in der Praxis treibt. Zuletzt hatte
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer ein solches Verbot nach
österreichischem Vorbild für Deutschland gefordert und auch die
CDU-Fraktionsvorsitzende Julia Klöckner trommelt schon lange im Namen
der Frauenrechte gegen die Vollverschleierung von Musliminnen. In
Österreich hat dem designierten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
sein strammer Rechtskurs kräftig Stimmen eingebracht - als seien
Heerscharen vermummter Nikab-Trägerinnen auf den Straßen Wiens
unterwegs, um den letzten Verteidigern westlicher Werte in der
Alpenrepublik ihre Melange zu vergällen. Geschaffen hat die
österreichische Politik mit dem Burkaverbot ein bürokratisches
Monstrum, das schon jetzt eine dankbare Angriffsfläche für Satire
bietet. So sind die "Kiberer" nun nicht mehr nur mit der
Verkehrsüberwachung oder der Aufklärung von Straftaten beschäftigt,
sie müssen auch kontrollieren, ob die Bürger im öffentlichen Raum vom
Haaransatz bis zum Kinn genügend Haut zeigen. Dabei zielt das Gesetz
in Wahrheit nicht auf den chinesischen Touristen mit Atemschutzmaske
oder ein kostümiertes Maskottchen ab, sondern in erster Linie auf
verschleierte Musliminnen. Geahndet werden muss aber jedwede Art der
Vermummung. Denn es würde gegen geltendes EU-Recht verstoßen, eine
Bekleidungsvorschrift für eine bestimmte religiöse Gruppe zu
erlassen. Dies offenbart die gesamte Doppelmoral des Gesetzes. Was
eine Kraftdemonstration westlich-freiheitlicher Werte werden sollte,
verkommt zur symbolpolitischen Lachnummer. Was nicht bedeutet, dass
es keiner kritischen Auseinandersetzung mit einem politisierten
Islamverständnis und dessen Auswüchsen bedarf. Ein Burkaverbot
schafft aber nicht ein Mehr an Freiheit - sondern das Gegenteil.
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