25.09.2014 22:02:58

Weser-Kurier: Über die Freihandelsabkommen Ceta und TTIP schreibt Joerg Helge Wagner

Bremen (ots) - Bislang hatte Sigmar Gabriel einen guten Lauf: Erfolgreich hat er seine skeptischen Genossen in eine neue Große Koalition gelenkt und dort dann dafür gesorgt, dass sie ihre Akzente setzen konnten. So gut, dass man sich manchmal schon fragte, wer hier eigentlich der Junior- und wer der Seniorpartner ist. Aber die SPD wäre nicht die SPD, wenn sie nicht irgendwann am Glanz ihres Vorsitzenden kräftig kratzen würde. Und da Gabriel auch Wirtschaftsminister ist, bietet sich dafür das Thema Freihandelsabkommen an: Hier lässt sich sozialdemokratischer Traditionalismus vortrefflich mit den diffusen Vorbehalten der Bevölkerungsmehrheit verknüpfen. Keine internationalen Schiedsgerichte, vor denen Konzerne Staaten verklagen können. Und nicht nur das Europa-Parlament, sondern auch sämtliche nationale Volksvertretungen sollen zustimmen müssen - das sind die dicksten "roten Linien", die Gabriel von der Parteilinken gezogen wurden. Dabei hat sich der Wirtschaftsminister vom Max-Planck-Institut bestätigen lassen, dass der Investitionsschutz für Konzerne keineswegs deutsche Gerichte aushebele. Gleichwohl bemühte Gabriel im Bundestag die Vokabel "Paralleljustiz", die allgemein auf islamistische "Friedensrichter" gemünzt ist, um sich die Position der Parteilinken zu eigen zu machen. Zudem weiß Gabriel, was die EU riskiert, wenn die Abkommen Ceta und TTIP auch noch von 27 nationalen Parlamenten gebilligt werden müssen: Eine Abwertung des gerade aufgewerteten Europäischen Parlaments und sogar das völlige Scheitern der Abkommen - so, wie einst eine EU-Verfassung an nationalen Vorbehalten zerschellte. Damals mag noch ein überfrachtetes, unverständliches und damit untaugliches Werk gekippt worden sein. Nun aber würde eine Großchance nicht zuletzt für die Exportnation Deutschland vertan: 98 von 100 Zollschranken sollen fallen, Standards für Produkte und Dienstleistungen transatlantisch einheitlich werden. Aber was ist mit dem Seniorpartner der Koalition, der CDU? Man hat den Eindruck, dass eigentlich nur noch der linke Flügel der SPD in dieser Frage für Deutschland spricht. Offenbar rächt sich nun, dass die Kanzlerin den Wirtschaftsflügel ihrer Partei geradezu verkrüppelt hat.

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