11.06.2017 22:37:56

Weser-Kurier: Birgit Holzer über die französischen Parlamentswahlen

Bremen (ots) - Auf Frankreichs Wähler war zuletzt Verlass, wenn es darum ging, einem neuen Präsidenten die notwendige Machtbasis zu geben, um regieren zu können. Meist wurde bei den Parlamentswahlen kurz nach dem Amtsantritt des Staatschefs dessen politische Richtung bestätigt und legitimiert - das erscheint konsequent, wenn man eine Blockade-Situation vermeiden will. Diese Tendenz zeigt nun auch die erste Runde der Parlamentswahlen, nach der sich Emmanuel Macrons Partei "La République en Marche" (REM) klar an die Spitze setzt. Zugleich ist die geringe Wahlbeteiligung entweder ein Zeichen des Misstrauens einiger gegen den Präsidenten - oder des Desinteresses nach all den langen von Wahlkämpfen bestimmten Monaten. Oder der Triumph von REM galt vielen als ohnehin ausgemacht. Nun steht sie wohl vor einer absoluten Mehrheit in der Nationalversammlung. Und das überwiegend mit Kandidaten, die oft unerfahrene Politik-Novizen sind, aber für Erneuerung stehen. Um viele Bewerber der traditionellen Parteien, darunter einige prominente Gesichter, zu schlagen, reichte das Siegel REM - wie ein Gütezeichen. Macron hat hoch gepokert mit seinem Versprechen eines Wechsels. Nun wird er spektakulär für diesen Wagemut belohnt. Lange schien ein Sieg des 39-Jährigen bei den Präsidentschaftswahlen ebenso unwahrscheinlich wie der Durchmarsch seiner Partei auch im Abgeordnetenhaus. Der Umsturz der politischen Landschaft Frankreichs ist revolutionär. Macron hat das Bedürfnis nach einem Wandel gespürt, der auf eine konstruktive Zusammenarbeit in der Mitte des politischen Spektrums abzielt. Das verfestigt zugleich die Krise der traditionellen Parteien, die historisch abgestürzt sind und sich einer schmerzhaften Inventur stellen müssen. Die geringe Wahlbeteiligung zeigt einerseits, dass Macron trotz eines überwiegend gelungenen Starts noch längst nicht alle mitgerissen hat. Aber eben auch, dass es die anderen Parteien ebenso wenig tun und keine glaubwürdige Alternative darstellen. Auch die Populisten von links und rechts, die bei der Präsidentschaftswahl noch weit kamen, straucheln. Für Frankreich ist diese Entwicklung positiv. Sie erlaubt dem Land, vorwärts zu marschieren.

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