15.02.2016 13:14:48
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Weiter Kritik an geplanter Mindestlohn-Pause für Flüchtlinge
Von Stefan Lange
BERLIN (Dow Jones)--Gewerkschaften und das Arbeitsministerium haben mit Kritik auf die Pläne der CDU zu einer befristeten Aussetzung des Mindestlohns für Flüchtlinge reagiert. Nachdem das Mindestlohngesetz bereits eine Vielzahl von Korrekturen erfahren habe, werde jetzt die Lohnuntergrenze an sich in Gefahr gebracht, kritisierte der Vorsitzende der Zollgewerkschaft, Dieter Dewes. Auch die Gewerkschaft Verdi reagierte mit Kritik. Das IW Köln zeigte sich unentschlossen in seiner Bewertung. Arbeitsministerin Andrea Nahles signalisierte erneut Ablehnung der CDU-Pläne.
Die Zollgewerkschaft BDZ erinnerte daran, dass der flächendeckende Mindestlohn partei- und fraktionsübergreifend gewollt und beschlossen worden sei. Doch die Politik entferne sich immer mehr von diesem Ziel, nachdem bereits Ausnahmen für Minderjährige ohne Berufsabschluss, für Auszubildende, für die meisten Praktikanten und für Langzeitarbeitslose nachträglich zugelassen worden seien.
Warnung vor sozialen Konflikten Wenn jetzt anerkannte Flüchtlinge hinzukämen, drohten zudem soziale Konflikte und eine "Negativspirale auf dem Niedriglohnsektor", erklärte Dewes. Für die Beschäftigten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit seien außerdem zeitintensive Prüfungen die Folge, was ihre Arbeit weiter erschwere. Hinzu komme, dass die Finanzkontrolle Schwarzarbeit trotz Neueinstellungen personell noch längst nicht in der Lage sei, diese Mammutaufgabe zu stemmen.
Verdi-Chef Frank Bsirske warnte die CDU davor, "einen tiefen Graben zwischen den Menschen im Niedriglohnbereich und den Flüchtlingen aufzureißen". Der Vorschlag, Flüchtlinge vom Mindestlohn auszunehmen, mache sie wider Willen zu Lohndrückern und spiele sie gegen andere aus, die eine Beschäftigung im Niedriglohnbereich hätten und anstrebten. "Dieser Vorstoß im vorgelegten Integrationskonzept der CDU ist ein verheerendes Signal und würde den sozialen Frieden extrem gefährden", sagte Bsirske.
IW Köln: Ausbildung hat Vorrang Das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft erklärte, ob eine Ausnahme beim Mindestlohn "die Integration fördern würde, lässt sich derzeit nicht solide abschätzen". Vorrang sollte daher eine Politik haben, die Flüchtlinge in Ausbildung bringe.
Der Mindestlohn von 8,50 Euro je Stunde habe eine doppelte Wirkung auf Flüchtlinge, erklärte das IW: Einerseits erhöhe er den Anreiz, auf eine Ausbildung zu verzichten, weil die Ausbildungsvergütungen niedriger seien und Familienangehörige in der Heimat auf Geld hofften. "Andererseits haben aber viele Flüchtlinge keine Chance, zu diesem Preis Arbeit zu finden." Falls es Ausnahmen vom Mindestlohn geben sollte, müssten diese "generell und nicht nur für Flüchtlinge gelten, um keine Ressentiments zu schüren."
Sechs Monate Pause Die CDU will mit Ausnahmen beim Mindestlohn, einer verlängerten Schulpflicht und höheren Hürden für ein unbefristetes Aufenthaltsrecht die Integration von Flüchtlingen forcieren. So soll das Schulpflicht-Alter für Flüchtlinge ohne Schulabschluss auf 25 Jahre angehoben werden. Um die Eingliederung ins Berufsleben weiter zu erleichtern, sollen Flüchtlinge vom Mindestlohn ausgenommen und wie Langzeitarbeitslose behandelt werden - das heißt, sie sollen in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung keinen Anspruch auf Mindestlohn haben.
Eine Änderung soll es nach Vorstellung der CDU auch beim unbefristeten Daueraufenthaltsrecht geben: Anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte sollen es künftig erst dann erhalten, wenn sie nachweisen können, dass sie ausreichend Deutsch sprechen, keine Straftaten begangen haben und ihren Lebensunterhalt sichern können.
Nahles: Mindestlohn gilt für alle Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums bekräftigte, der Mindestlohn gelte für alle, "unabhängig von ihrem Pass". Daran wolle Ministerin Nahles (SPD) nichts ändern. Man halte es für wichtig, dass nicht die einen gegen die anderen ausgespielt würden. Man dürfe nicht die Flüchtlinge zu Billiglöhnern machen.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, das Integrationskonzept sei ein Positionspapier des CDU-Vorstands. Er werde das nicht weiter kommentieren. "Das ist ein Vorschlag der Partei", sagte Seibert.
(mit Material von AFP)
Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com
DJG/stl/kla
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February 15, 2016 06:44 ET (11:44 GMT)- - 06 44 AM EST 02-15-16
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