12.07.2022 18:54:38

WDH/ROUNDUP: Kiew mit Gegenoffensive in Südukraine - Sorge um Energieknappheit

(Wiederholung. Zahl der Hungernden im 2. Absatz korrigiert: bis zu 828 Millionen Menschen.)

BERLIN/KIEW/MOSKAU (dpa-AFX) - Die ukrainische Armee hat viereinhalb Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs eigenen Angaben zufolge eine Gegenoffensive im Süden des Landes begonnen. In der Stadt Nowa Kachowka im Gebiet Cherson sei ein Waffenlager angegriffen worden, teilte das Kommando Süd in der Nacht zum Dienstag auf Facebook mit. Es seien etwa eine Haubitze und Militärtechnik zerstört worden. Zudem habe der Feind mehr als 50 Soldaten "verloren".

Im Streit um von Russland blockierte Getreideexporte aus der Ukraine gibt es derweil Hoffnung auf eine Lösung. In Istanbul sollen am Mittwoch Vertreter Moskaus, Kiews, Ankaras und der Vereinten Nationen in der Türkei zusammenkommen. Die internationale Gemeinschaft fordert von Russland seit Wochen, den Export von ukrainischem Getreide zu ermöglichen. Die Welthungerhilfe teilte am Dienstag mit, dass bis zu 828 Millionen Menschen weltweit in Folge von bewaffneten Konflikten, Klimaveränderungen und Entwicklungsdefiziten hungern.

In Deutschland wird weiter über die Energiesicherheit diskutiert, die durch fehlende Gaslieferungen aus Russland ins Wanken geraten ist. Die Ampel-Koalition streitet dabei zunehmend über längere Laufzeiten der drei noch verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland.

Hunderte Häuser bei ukrainischer Gegenoffensive zerstört

Die russische staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti meldete unter Berufung auf die in Nowa Kachowka eingesetzte prorussische Verwaltung mindestens sieben Tote, vier Vermisste und Dutzende Verletzte nach dem ukrainischen Angriff. Viele Menschen seien unter Trümmern verschüttet worden. Auch Hunderte Häuser seien beschädigt. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben beider Seiten nicht.

Die Ukraine verteidigt sich seit mittlerweile viereinhalb Monaten gegen den russischen Angriffskrieg, der am 24. Februar begann. Kiew hatte zuletzt mehrfach angekündigt, verloren gegangene Gebiete - auch mit Hilfe westlicher Waffen - wieder zurückerobern zu wollen. Zivilisten wurden zur Flucht aufgerufen.

Russland wies den USA die Verantwortung für ein erhöhtes Risiko einer direkten militärischen Konfrontation zwischen den beiden Großmächten zu. Amerika und andere Staaten hätten "eine Verschärfung der ukrainischen Krise" provoziert, erklärte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa. Sie spielte damit offenbar auf westliche Waffenlieferungen für die Ukraine an. Sacharowa fügte hinzu: "Washington und seine Verbündeten balancieren gefährlich am Rande einer offenen militärischen Konfrontation mit unserem Land - und das bedeutet: eines direkten bewaffneten Konflikts zwischen Atommächten."

EU-Staaten frieren Vermögenswerte von rund 13,8 Milliarden Euro ein

EU-Staaten haben seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Luxusjachten, Immobilien und andere Vermögenswerte im Wert von rund 13,8 Milliarden Euro eingefroren. Mit Sanktionen belegte Oligarchen und Organisationen hätten darauf keinen Zugriff mehr, sagte EU-Justizkommissar Didier Reynders am Rande eines EU-Treffens in Prag. Die EU hat seit Beginn des Ukraine-Kriegs etliche russische Oligarchen auf die Sanktionsliste gesetzt.

Liefert der Iran Drohnen an Russland?

Nach Angaben der USA will der Iran Russland im Krieg unterstützen. "Unsere Informationen zeigen, dass die iranische Regierung sich darauf vorbereitet, schnell mehrere Hundert unbemannte Luftfahrzeuge bereitzustellen, darunter auch solche, die Waffen transportieren können", sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan. Der Iran werde auch Russen ausbilden, diese umgangssprachlich oft als Drohnen beschriebenen Luftfahrzeuge einzusetzen, sagte Sullivan weiter. Es sei unklar, ob bereits solche Waffen geliefert worden seien. Der Iran dementierte Sullivans Aussagen. Man sei für eine diplomatische und gegen eine militärische Lösung des Konflikts.

Welthungerhilfe: Krieg verschärft Ernährungslage

Die Welthungerhilfe warnte vor einer Verschärfung der Hungerkrisen auch über die unmittelbaren Folgen des Ukraine-Kriegs hinaus. Während die Zahl der Hungernden steige, explodierten die Nahrungsmittel- und Transportpreise, teilte die Hilfsorganisation bei der Vorstellung ihres Jahresberichts mit. "Der Krieg gegen die Ukraine verschärft die ohnehin dramatische Ernährungslage", hieß es mit Blick auf den wichtigen Weizenexporteur, dessen Lieferungen in der Folge des russischen Angriffskriegs blockiert sind.

Ringen um Lösungen für mögliche Energieknappheit in Deutschland

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr und CDU-Parteichef Friedrich Merz warben dafür, in Deutschland länger an der Atomkraft festzuhalten. "Es kann passieren, dass nach den Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 kein Gas mehr fließt", sagte Dürr der Deutschen Presse-Agentur. Es wäre kaum verwunderlich, wenn der russische Präsident Wladimir Putin technische Gründe vorschieben sollte, um den Gashahn endgültig abzudrehen.

"Wir wollen nicht den Teufel an die Wand malen", sagte Dürr. "Aber wir müssen uns auf ein Szenario einstellen, das weitreichende Konsequenzen für private Haushalte und die deutsche Industrie haben könnte. Kein Kubikmeter Gas sollte mehr verstromt werden müssen. Deswegen wäre es jetzt richtig, die Laufzeiten der Kernkraftwerke über den Winter hinaus zu verlängern."

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge lehnte die Forderung ab. "Die Debatte um die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken ist eine Scheindebatte", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

In Deutschland sind noch drei Atomkraftwerke am Netz. Sie sollen zum Jahresende abgeschaltet werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) argumentieren, dass eine längere Laufzeit "große wirtschaftliche, rechtliche und sicherheitstechnische Risiken" mit sich bringe. Auch die Betreiber lehnen einen weiteren Betrieb ab./ddb/DP/men

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