"Buy-the-Dip"-Mentalität 06.10.2020 23:33:00

Warnsignal? Unternehmensinsider lösen sich vermehrt von eigenen Aktien

Warnsignal? Unternehmensinsider lösen sich vermehrt von eigenen Aktien

• "Buy-the-Dip"-Mentalität während Corona-Crash
• Aktienmärkte erholen sich - Entkopplung von realer Wirtschaftslage?
• Unternehmensinsider nehmen Gewinne mit


Als es im März dieses Jahres zum großen Corona-Crash kam, flüchteten Anleger in Scharen aus Aktien. Daraufhin herrschte eine Zeit lang aber eine gewisse "Buy-the-Dip"-Mentalität. Anleger nutzten die günstigeren Preise als Kaufgelegenheit und auch Unternehmensinsider kauften eigene Aktien nach.

Nach dem Crash im März haben die Aktienmärkte eine Phase der Erholung eingeleitet. Die Kurse stiegen in den vergangenen Monaten wieder deutlich an - allerdings so stark, dass es manchen Experten schon wieder Sorgen bereitete. Es war die Rede davon, dass die Entwicklung der Aktienmärkte sich von der tatsächlichen Entwicklung der Wirtschaft entkoppelt hat.

Viele Risikofaktoren am Markt

Nachdem es nun nahezu ununterbrochen bergauf ging, gerieten die Aktienmärkte im traditionell schwächsten Börsenmonat September etwas ins Stocken. Die Unsicherheit am Markt bleibt weiterhin hoch, vor allem jetzt, da die Corona-Infektionszahlen weltweit wieder zunehmen und vor allem in Europa neue Restriktionen befürchtet werden, die erneut negative Folgen für die Wirtschaft mit sich bringen könnten. Die ohnehin schon schleppende Erholung der Wirtschaft könnte somit weiter ausgebremst werden. Des Weiteren schwindet bei Anlegern inzwischen die Hoffnung auf ein neues Konjunkturpaket der US-Regierung und auch die US-Präsidentschaftswahl im November, die nun immer näher rückt, birgt ein gewisses Risiko. Am Markt befürchtet man außerdem, dass diese zusätzlich den Konflikt zwischen den USA und China, der während der Corona-Krise etwas in den Hintergrund gerückt, aber nach wie vor nicht vom Tisch ist, weiter verschärfen könnte.

Unternehmensinsider stoßen vermehrt Aktien ab

Inzwischen hat sich vor diesem Hintergrund auch das Blatt in Sachen Insider-Trades gewendet: Wie Bloomberg unter Berufung auf Daten der Securities and Exchange Commission (SEC) berichtet, haben Insider Mitte September innerhalb einer Woche Aktien im Wert von 975 Millionen US-Dollar - und damit doppelt so viel wie in der Vorwoche - verkauft. Nachgekauft wurden im selben Zeitraum gerade einmal Aktien im Wert von elf Millionen Dollar. Die Verkäufe haben gegenüber den Käufen so stark zugenommen, dass ein von Sundial Capital Research verfolgtes Maß für die Insidergeschwindigkeit gar auf den schnellsten Ausstieg aus Aktien seit 2012 hingewiesen habe.

"Angesichts des starken Rückgangs der Aktienkurse zu Beginn dieses Jahres und der Erwartung, dass wir auf der anderen Seite auftreten und die globale Wirtschaftstätigkeit dank der rechtzeitigen und durchsetzungsfähigen Reaktion der politischen Entscheidungsträger wieder aufgenommen wird, war dies offensichtlich eine großartige Kaufgelegenheit", gibt Bloomberg Candice Bangsund, Portfoliomanagerin bei Fiera Capital Corp., wieder. "Es ist wahrscheinlich eine Bewertungsgeschichte, bei der diese Zahlen jetzt nachlassen - zumal sich viele Unternehmen seit den Tiefstständen im März so stark erholt haben."

"Sie stimmen mit ihren Füßen ab", so Dan Genter, CEO von RNC Genter Capital Management. Am Aktienmarkt wird es für gewöhnlich als negatives Signal gedeutet, wenn Unternehmensinsider, die doch letztlich am besten wissen, wie es um das eigene Unternehmen steht, Aktien verkaufen. Laut Genter sei das aktuelle Verhalten der Unternehmenslenker allerdings "keine Anklage, dass ihr Unternehmen in Zukunft nicht gut abschneiden wird", sondern vielmehr ein Zeichen, dass es auf Basis des relativen Werts nicht "so gut" abschneiden werde.

Bezos & Co. trennen sich von Aktien

Zu den Unternehmensinsidern, die sich in der jüngsten Vergangenheit von Aktien des eigenen Unternehmens trennten, gehörte unter anderem Amy E. Hood, CFO bei Microsoft. Hood verkaufte, wie einem Form 4-Formular, das bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht wurde, Anfang September 80.000 Microsoft-Aktien zu einem durchschnittlichen Preis von 218,14 Dollar - also insgesamt im Aktien im Wert von 17,45 Millionen Dollar. Sie hält damit noch 452.720 Anteilsscheine. Und auch Microsoft-CEO Satya Nadella verkaufte, wie einem SEC-Dokument von Anfang September zu entnehmen ist, 83.572 Aktien im Wert von rund 18,9 Millionen Dollar. Die Papiere wurden in einer Spanne von 224,63 bis 227,35 Dollar verkauft.

Weitere Trades gab es bei Corning: CEO Wendell P. Weeks verkaufte laut SEC-Formular am 17. September 54.917 Aktien zu einem Durchschnittspreis von rund 32,47 Dollar, also insgesamt im Wert von rund 1,78 Millionen Dollar. Am Tag zuvor hatte CFO R. Tony Tripeny bereits 21.685 Aktien zu einem durchschnittlichen Preis von 33,07 Dollar, also insgesamt für rund 717.000 Dollar verkauft.

Auch Amazon-Chef Jeff Bezos trennte sich im August von Amazon-Aktien im Wert von rund 485 Millionen Dollar. Wie triblive.com Mitte September berichtet, habe der CEO des Handelsriesen in diesem Jahr bereits Amazon-Aktien im Wert von mehr als 7 Milliarden Dollar verkauft. Zuvor habe der Höchstbetrag, zu dem er in einem Jahr Aktien verkauft habe, bei 2,8 Milliarden Dollar gelegen.

Bei Procter & Gamble verkaufte CEO David S. Taylor im August 131.917 Aktien im Wert von insgesamt knapp 18 Millionen US-Dollar. Und so könnte man die Liste weiterführen, mit MasterCard-CEO Ajay Banga oder Adobe-CEO Shantanu Narayen und einigen weiteren.

Natürlich gibt es viele Gründe, warum CEOs und andere Unternehmensinsider die eigenen Aktien verkaufen, wie zum Beispiel, weil sie Liquidität benötigen, dennoch ist es ein negativ behaftetes Signal, das Anleger in solch unsicheren Zeiten, wie aktuell, aufhorchen lässt.

Redaktion finanzen.at

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