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Wahlposse vor dem Finale 24.11.2016 20:00:00

Bundespräsidentenwahl in Österreich: Entscheidet Trump-Sieg Duell zwischen Hofer und Van der Bellen?

Die Österreicher machen bereits den dritten Anlauf, um ihren Bundespräsidenten zu wählen. Formale Pannen und fehlerhafte Wahlkarten machen eine Wiederholung der Wiederholung der Stichwahl notwendig. Peinlich, äußerst peinlich - und auch beängstigend! Es geht um nichts weniger als die Wahl des ersten Mannes im Staat, eine wegweisende Wahl: Entscheiden sich die Österreicher für den unabhängigen Professor und Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen oder fällt die Wahl auf den Rechtspopulisten Norbert Hofer von der FPÖ, der auf den "Trump-Effekt" hofft? Der Reihe nach ...

Erstes Kapitel im unrühmlichen Wahldrama

Im ersten Wahlgang im April war noch alles mit rechten Dingen zugegangen. FPÖ-Mann Norbert Hofer siegte klar vor Alexander Van der Bellen. Die anderen vier Kandidaten, darunter Rudolf Hundstorfer von der SPÖ und Andreas Khol von der ÖVP, mussten ihre Niederlage eingestehen.

Am 22. Mai öffnete sich dann das erste Kapitel in diesem unrühmlichen Wahldrama: Hofer und Van der Bellen traten in der Stichwahl erneut gegeneinander an. Nach der Auszählung stand der unabhängige Van der Bellen als Österreichs neuer Bundespräsident fest - eigentlich, denn dann kam alles ganz anders. Nach einem Einspruch des knapp unterlegenen Hofer und seiner Partei hob der österreichische Verfassungsgerichtshof Anfang Juli die Stichwahl wegen zahlreicher formaler Fehler auf - ein bisher EU-weit einmaliger Vorgang.

Eine "defekte Leimspur" schuld am Wahlausgang?

Das Urteil diene dem Ziel, "das Vertrauen in unseren Rechtsstaat und damit in unsere Demokratie zu stärken", sagte Gerichtspräsident Gerhart Holzinger. Bei der Auszählung der Stimmen der Briefwähler sei es zwar nicht zu einem Wahlbetrug gekommen, so Holzinger, aber Vorgänge wie das vorzeitige Öffnen und vorschriftswidrige Lagern der Kuverts sowie das teilweise Auszählen durch Unbefugte seien Grund genug für eine Neuauflage. Punkt - und Neuauflage!

Schon damals war fraglich, ob das Urteil das Vertrauen in den österreichischen Rechtsstaat wirklich stärken würde. Vor allem weil im Nachgang herauskam, dass einige Stichwahl-Unterlagen von Unbefugten noch während der laufenden Wahl geöffnet wurden und die Versandtaschen der Briefwahlunterlagen ein "Kleber-Problem" hatten und haben: Hunderte der Kuverts ließen sich ohne Außeneinwirkung öffnen, Auslöser sei vermutlich eine "defekte Leimspur" - beschämend. Doch es kam noch schlimmer!

Der bisherige Höhepunkt der Wahlposse

Als Wiederholungstermin für die Stichwahl zwischen Hofer und Van der Bellen wurde der 2. Oktober festgelegt. Die "defekte Leimspur" allerdings zog sich weiter wie ein roter Faden durch das Wahldrama, die Wiederholung der Stichwahl konnte nicht stattfinden. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) musste zugeben, schadhafte Briefwahlunterlagen erlaubten keine ordnungsgemäße Durchführung am geplanten Termin - der bisherige Höhepunkt der Wahlposse.

Nun werden die Österreicher kurz vor Weihnachten erneut zur Wahlurne gebeten. Nach derzeitigem Stand soll die Wiederholung der Wiederholung der Stichwahl zwischen Van der Bellen und Hofer am 4. Dezember stattfinden - ohne Gewähr allerdings, denn die Staatsdruckerei produziert neue Wahlkarten und die Zeit wird knapp.

FPÖ-Mann Hofer setzt auf "Trump-Effekt"

Was so unglaublich peinlich ist, ist vor allem auch besorgniserregend für die Republik Österreich. Die beiden Kandidaten stehen für völlig konträre politische Ziele: Auf der einen Seite Alexander Van der Bellen, der als ehemaliger SPÖ-Mann und Grünen-Chef für eine EU-freundliche Politik steht.

Auf der anderen Seite Norbert Hofer von der FPÖ, Rechtspopulist, EU-Gegner und bekannt für markige Sprüche gegen Minderheiten. Er spricht von "neuer Völkerwanderung", warnt vor kriminellen Migranten und schürt Ängste vor anderen Glaubensgemeinschaften: "Ich will nicht, dass Österreich ein muslimisches Land wird" oder "Der Islam ist kein Teil von Österreich". Seinen Wahlkampf stellt er unter das Motto "Österreich zuerst" - das erinnert doch sehr an Donald Trumps "America first"-Strategie im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft.

Trump, ebenfalls Rechtspopulist und zumindest kritisch gegenüber Migranten, hatte Erfolg mit dieser Wahlkampf-Taktik. Und Hofer? Er hofft auf Rückenwind für seine Positionen und sieht sich nach dem Trump-Sieg gestärkt für die Stichwahl im Dezember. "Dort, wo sich die Eliten vom Wähler entfernen, werden die Eliten abgewählt", sagte Hofer in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Der Republikaner Trump habe bei der US-amerikanischen Bevölkerung mit Wahlkampfthemen gepunktet, wie sie auch die FPÖ in Österreich forciere, so Hofer.

Droht mit Hofer ein weiterer Rechtsruck in Europa?

Sollte Hofer die Wahl gewinnen, wäre er der erste Rechtspopulist an der Spitze eines Staates in Westeuropa. Österreich muss sich also entscheiden, ob es den Weg der nationalen Abschottung gehen will mit einem Bundespräsidenten Hofer oder ob es mit Van der Bellen "Nein" zum "Öxit" sagt. "Ein Austritt aus der EU", so Van der Bellen in seinem Wahlprogramm, "ist für mich klar abzulehnen."

Die EU muss sich verändern, viele Österreicher (und andere Europäer) sind unzufrieden mit der Politik. Doch ein weiterer Rechtsruck in Europa mit einem Sieg Hofers bei der Stichwahl am 4. Dezember, hilft niemandem weiter. Der Rückzug ins Nationale - wäre das die richtige Antwort auf all die Probleme in Europa und der Welt?

Emotionaler und schmutziger Intensivwahlkampf

Zumindest scheinen die Österreicher dieser Variante nicht abgeneigt: Aktuelle Umfragen sagen im Moment ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Van der Bellen und Hofer voraus - mit leichten Vorteilen für den FPÖ-Politiker. Die über mehrere Monate andauernde peinliche Wahlposse könnte vor allem dem elitenkritischen Hofer helfen.

Und der Wahlkampf dürfte auch eher dem Kandidaten von der FPÖ zugute kommen, zumindest wenn die kommenden Wochen so schmutzig ablaufen, wie es der Politikberater Thomas Hofer befürchtet. In "Wien heute" sagte er einen emotionalen Intensivwahlkampf voraus. "Für beide Kandidaten geht es vor allem darum, zu emotionalisieren", so der Politikberater. "Denn ohne das kriegen sie einfach in einer Zeit - es ist Advent, der zweite Adventsonntag - ihre jeweiligen Anhängerinnen und Anhänger nicht in die Wahlzelle. Das wird ein entscheidender Faktor sein."

"Wir müssen verhindern, was in Amerika passiert ist"

Nach einem peinlichen Wahldrama und einem schmutzigen Wahlkampf bleibt zu hoffen, dass die Österreicher trotz Vorweihnachtszeit zahlreich ihre Stimme abgeben und ihre Verantwortung für die Alpenrepublik und für ganz Europa wahrnehmen.

Laut Politikberater Hofer könnte sich der "Trump-Effekt" auch gegen FPÖ-Mann Hofer auswirken. Der designierte US-Präsident sei als Person in Österreich nämlich nicht gerade beliebt, so der Politikexperte. Die Van der Bellen-Anhänger können deshalb vielleicht "auf einen Kontraeffekt setzen, quasi die Gegenmobilisierung: 'Wir müssen das jetzt verhindern, was in Amerika passiert ist.'" Diese Hoffnung teilt auch der unabhängige Bundespräsidentschaftskandidat. Der Sieg von Donald Trump müsse als "Weckruf für Österreich" verstanden werden, sagte Van der Bellen.



Von Markus Gentner/Redaktion finanzen.at

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