Produktionsstillstand droht 18.08.2016 15:46:40

VW muss im Rechtsstreit mit Zulieferer weiter warten

Die juristische Auseinandersetzung um fehlende Getriebeteile geht am Landgericht Braunschweig erst am 31. August weiter - dann in einer mündlichen Verhandlung. Auslöser ist der Widerspruch des Zulieferers gegen eine einstweilige Verfügung, mit der VW die Wiederaufnahme der Belieferung erzwingen will.

VW leidet massiv unter dem Ausfall in seiner Teilekette: Das Passat-Werk in Emden hat schon Kurzarbeit angemeldet. Auch in Wolfsburg, Kassel und Zwickau droht Stillstand - zumindest in Teilen. Betroffen von den Getriebeengpässen ist der Golf, Deutschlands meistverkauftes Auto. Details nennt der Autobauer nicht.

Ohne das fehlende Getriebeteil könne VW Getriebe nicht ausliefern, wie der Sprecher des auf die Fertigung von Getrieben spezialisierten Werks Kassel, Heiko Hillwig, sagte. VW prüfe derzeit, ob dieses Teil auch von anderen Zulieferern bezogen werden könne. Bei Audi läuft einem Sprecher zufolge die Produktion ohne Einschränkung.

Wegen des Konfliktes droht nun eine massive Ausweitung der Kurzarbeit. Insgesamt könnten davon mehr als 20.000 VW-Mitarbeiter betroffen sein, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag von mehreren mit der Sache vertrauten Quellen. In Emden hat VW bereits für 7.200 Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt.

Final entschieden in Sachen neue Kurzarbeit ist in der Zentrale in Wolfsburg aber noch nichts, wie die dpa erfuhr. Allerdings liefen die Planungen auf Hochtouren. Beantragen müsste VW die Kurzarbeit bei der jeweils für den Standort zuständigen Arbeitsagentur.

Der Hersteller selbst wollte sich am Donnerstag nicht zu den Hintergründen äußern. "Unsere Unternehmensgruppe befindet sich in einer juristischen Auseinandersetzung mit Volkswagen und ist in diesem Zusammenhang auch zur Vertraulichkeit verpflichtet", sagte Alexander Gerstung aus der Geschäftsführung des Autozulieferers ES Automobilguss mit Sitz im sächsischen Schönheide. Das Unternehmen gehört zur Prevent-Gruppe und stellt unter anderem sogenannte Ausgleichgetriebegehäuse her.

Zur Prevent-Gruppe gehört auch eine Schwesterfirma des Zulieferers, die für VW Sitzbezüge herstellt. Gegen sie habe der Autobauer schon einen wirksamen Vollstreckungstitel, sagte ein Gerichtssprecher am Donnerstag. Bei dem Getriebeteil-Zulieferer sei das aber noch nicht der Fall. Der zweite Zulieferer war am Donnerstag nicht zu erreichen.

Der unterschiedliche Ablauf der beide Fälle hängt an verschiedenen Verfahrenswegen: Beim Sitzzulieferer verhandelte das Gericht gleich mündlich und fällte ein Urteil zu der Verfügung, daher ist in diesem Fall nur das Rechtsmittel Berufung vor dem Oberlandesgericht möglich. Bei den Getriebeteilen lief es dagegen anfänglich ohne eine mündliche Verhandlung, was in diesem Fall einen Widerspruch erlaubte, der nun die mündliche Verhandlung am Landgericht Ende August nach sich zieht.

Fraglich ist, was den Streit zwischen Deutschlands größtem Konzern und den kleinen mittelständischen Partner derart eskalieren ließ, dass die Lage nun so verfahren ist. Hintergrund des Konfliktes ist nach dpa-Informationen aus Justizkreisen ein gescheitertes Projekt mit dem Sitzteil-Zulieferer aus Sachsen. Genauere Hintergründe sind unklar.

/loh/DP/she

WOLFSBURG/BRAUNSCHWEIG (dpa-AFX)

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