Steigende Miete |
03.08.2020 16:07:38
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Vonovia im Fokus: Immobilienkonzern setzt weiter auf Zukäufe
Lage von Vonovia:
Die Geschäfte für den Dax-Konzern Vonovia laufen seit Jahren dank steigender Mieten in den Großstädten gut. Dabei profitiert der Vermieter wie andere aus der Branche vor allem von modernisierten Wohnungen. Die Kosten dafür legen die Konzerne nicht nur teilweise auf die Mieter um, sondern sie können die Mieten anschließend auch stärker erhöhen. Zudem setzt Vonovia auf Neubau und die Aufstockung von Gebäuden.
Seit längerem wächst der Wohnimmobilien-Konzern aber auch durch Übernahmen im In- und zuletzt auch im Ausland - etwa von Rivalen wie Gagfah, Süddeutsche Wohnen, Franconia und Wiener Conwert. 2018 kamen Buwog aus Österreich und Victoria Park aus Schweden hinzu, 2019 auch der Stockholmer Wohnimmobilienkonzern Hembla AB. Anfang des zweiten Jahresviertels übernahm der Wohnungskonzern den Projektentwickler Bien-Ries. Zuletzt stieg Vonovia mit einem Anteilskauf am Immobilieninvestor Vesteda Residential Fund in den niederländischen Markt ein. Mittlerweile gehören Vonovia mehr als 400 000 Wohnungen.
Im Gegensatz zu vielen Unternehmen aus anderen Branchen sieht Vonovia derzeit keine großen Folgen der Corona-Krise für seine Geschäfte. "Die Auswirkungen von Covid-19 konnten wir gut auffangen", sagte Vorstandschef Rolf Buch Ende Juni auf der Hauptversammlung. Bislang hätten sich nur ein Prozent der rund 350 000 Mieter in Deutschland mit der Bitte um Mietstundung bei Vonovia gemeldet. In allen Fällen habe es individuelle Lösungen gegeben. Mit Mietern in finanziellen Nöten entwickelt Vonovia individuelle Lösungen wie etwa langlaufende Ratenzahlungen. Nach Modernisierungen verzichtet der Konzern zudem bis September auf Mieterhöhungen. Vonovia legt an diesem Mittwoch (5. August) Zahlen zum zweiten Quartal vor.
Im Fokus steht aktuell vor allem der Berliner Wohnungsmarkt wegen des Mietendeckels. Mit diesem wurden die Mieten für 1,5 Millionen Wohnungen in der Hauptstadt, die vor 2014 gebaut wurden, für fünf Jahre eingefroren. Für Neuvermietungen gelten Obergrenzen. Dies trifft besonders Immobilienkonzerne wie Deutsche Wohnen und ADO Properties, die Immobilien überwiegend in Berlin besitzen. Vonovia gehören in Berlin etwa 42 000 Wohnungen, das sind etwa zehn Prozent des eigenen Bestands. Bei zwei Drittel von ihnen musste trotz des neuen Gesetzes die Miete nicht gekürzt werden, sagte Buch. Deshalb seien die finanziellen Folgen des Mietendeckels mit rund zehn Millionen Euro pro Jahr für Vonovia kein wirtschaftliches Risiko.
Zuletzt stellte das Berliner Landgericht einen Teil des Mietendeckels in der Hauptstadt in Frage. In einem am Freitag ergangenen Urteil stuft das Gericht das bundesweit bisher einmalige Gesetz zwar als verfassungsgemäß ein. Allerdings könnten diese Grenzen nicht rückwirkend seit 18. Juni 2019, sondern erst seit Inkrafttreten des Mietendeckelgesetzes am 23. Februar 2020 gelten, so die Richter. Mieterhöhungen über die Obergrenzen hinaus wären demnach erst ab März 2020 verboten. Mit dem Mietendeckel will der Berliner Senat den zuletzt starken Anstieg der Mieten in der Hauptstadt bremsen. Gegen das Gesetz sind Klagen vor dem Landes- und dem Bundesverfassungsgericht anhängig.
Vonovia will auch bei einem Erfolg der Verfassungsklage gegen den Berliner Mietendeckel voraussichtlich keine Nachforderungen an seine Mieter in der Hauptstadt stellen. Sollte Karlsruhe den Mietendeckel für ungültig erklären, hätten die Wohnungsunternehmen wohl die Möglichkeit, die Mieten rückwirkend einzufordern. "Ob wir davon Gebrauch machen würden, halte ich in der aktuellen Situation für eher unwahrscheinlich", sagte Buch.
Auch sonst weht den großen Wohnimmobilien-Konzernen in Deutschland ein stärkerer Gegenwind entgegen. Erst jüngst verlängerte der Bundestag angesichts der anhaltenden Knappheit an Wohnungen die Mietpreisbremse um fünf Jahre und verschärfte sie zudem. Künftig können Mieter zu viel gezahlte Miete auch für bis zu zweieinhalb Jahre rückwirkend zurückfordern.
Das sagen Analysten:
Von den im dpa-AFX-Analyser seit Juni erfassten fünf Analysten empfiehlt die Mehrheit die Aktie zum Kauf. Während sich ein Experte für das Halten des Papiers ausspricht, rät keiner zum Verkauf der Aktie. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei rund 63 Euro und damit um rund 12 Prozent über dem aktuellen Kursniveau.
Analyst Georg Kanders vom Bankhaus Lampe rechnet mit einem soliden zweiten Quartal für den Immobilienkonzern. Der operative Gewinn (FFO) dürfte im ersten Halbjahr im Jahresvergleich um rund 10 Prozent auf 669,7 Millionen Euro wachsen. Er rechnet mit Bewertungsgewinnen in Höhe von 1,7 Milliarden Euro. Die Jahresprognose sollte das Vonovia-Management bestätigen.
In einer jüngsten Studie verwies Analyst Kai Klose von der Privatbank Berenberg darauf, dass die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) jüngst die Bonitätseinstufung der Anleihen des Immobilienkonzerns bestätigt und das Geschäftsrisikoprofil nun als "exzellent" bezeichnet. Zuvor habe S&P dieses als "stark" eingestuft. Die Liquiditätsposition habe sich nach der jüngsten Anleiheplatzierung verbessert, zudem seien die Finanzierungskosten gesunken.
Mit dem 2,6-prozentigen Anteil an Vesteda Residential Fund sei Vonovia nun in fünf Ländern vertreten, schrieb Analyst Neil Green von der US-Bank JPMorgan in einer Studie. Sein erster Blick auf den niederländischen Markt sei recht positiv. Für Analyst Jan Lennertz von Independent Research stellt der Einstieg in den niederländischen Markt den ersten Schritt für eine spätere, umfangreichere Penetration des Marktes dar. Er bewertet diesen Schritt als positiv, da Vonovia sich weiter diversifiziere. Damit verringere das Unternehmen Risiken wie Gesetzesänderungen, die zu Ertragseinbußen führen könnten, wie etwa den Einfluss des Berliner Mietendeckels auf die Konkurrentin Deutsche Wohnen.
Für Analyst Markus Scheufler von der Deutschen Bank gehört Vonovia neben Europa CA Immo, Deutsche Wohnen und Instone zu den bevorzugten Werte.
Das macht die Vonovia-Aktie:
Kurz bevor die Coronavirus-Krise den Dax und damit auch sämtliche seiner Mitglieder auf Talfahrt schickte, herrschte unter den Vonovia-Anlegern noch Rekordlaune. Mitte Februar erreichte das 2013 an die Börse gebrachte Papier ein Hoch bei 54,48 Euro, der Corona-Crash schickte es anschließend bis auf Kurse unter 37 Euro am 19. März. Zur Virus-Panik kam zur gleichen Zeit auch noch ein vom Bundesverfassungsgericht abgelehnter Eilantrag gegen den Berliner Mietendeckel hinzu.
Von diesem Krisentief konnte sich das Papier inzwischen deutlich erholen und kletterte Anfang Juni auf ein Rekordhoch von 56,38 Euro. Zuletzt kostete die Aktie rund 56,30 Euro und damit rund 17 Prozent mehr als zu Jahresbeginn. Damit zählt der Anteilschein zu den besten im deutschen Leitindex, der sich nach dem Corona-Crash zwar auch deutlich wieder erholt hat, aber derzeit noch unter dem Niveau vom Jahresanfang liegt.
Die Aktie des Immobilienkonzerns gehörte bereits in den vergangenen Monaten und Jahren zu den am besten gelaufenen Dax-Titeln. In den vergangenen zwölf Monaten stieg der Kurs um fast ein Viertel. Seit dem Dax-Aufstieg der Aktie im September 2015 hat sich der Kurs fast verdoppelt. Vonovia ist aus der Deutsche Annington hervorgegangen, die 2000 einen Großteil der vom Bund verkauften Eisenbahnerwohnungen gekauft hatte.
Bis zum Börsengang gehörte Deutsche Annington Finanzinvestoren, die das Unternehmen im Sommer 2013 an den Kapitalmarkt brachten. Der Start dort war holprig - der Börsengang gelang erst im zweiten Anlauf. Die Investoren, allen voran die britische Gesellschaft Terra Firma, mussten sich mit deutlich weniger zufrieden geben als erhofft.
Doch die geschickte Übernahmestrategie des Unternehmenslenkers Buch sowie der Immobilienboom in Deutschland bescherten den Anteilseignern bald kräftige Gewinne. Vom Ausgabepreis in Höhe von 16,50 Euro ging es Stück für Stück nach oben. Inzwischen haben sich die Alteigentümer ganz von Vonovia verabschiedet.
/mne/eas/he
BOCHUM (dpa-AFX)
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