Bilanz im Blick |
06.05.2021 15:34:40
|
VW-Aktie dreht ins Minus: Volkswagen fährt zu Jahresbeginn soviel operativen Gewinn ein wie vor der Krise - Börsengang für Batteriegeschäfte möglich
Nun peilt VW im laufenden Jahr 5,5 bis 7,0 Prozent bei der am Kapitalmarkt viel beachteten Umsatzrendite an, bisher waren 5,0 bis 6,5 Prozent eingeplant. Analysten rechneten bisher schon mit Werten über 7 Prozent, doch VW bleibt auch angesichts der Unwägbarkeiten etwas vorsichtiger. Finanzvorstand Arno Antlitz sprach von einer "starken Performance". Im Blick behalten müsse man allerdings nach wie vor die Knappheit bei wichtigen Elektronik-Bauteilen: "Die Unterversorgung mit Halbleitern in der gesamten Industrie wird im zweiten Quartal voraussichtlich etwas deutlichere Auswirkungen haben als bisher."
Unterm Strich stand bei VW von Januar bis März ein Gewinn von rund 3,4 Milliarden Euro - fast sieben Mal so viel wie im Vorjahresquartal, das bereits von ersten Pandemie-Folgen gezeichnet gewesen war. Ihren Umsatz konnten die Wolfsburger um etwa 13 Prozent auf 62,4 Milliarden Euro steigern. Die weltweiten Auslieferungen legten um mehr als ein Fünftel auf gut 2,4 Millionen Fahrzeuge zu. Insbesondere im größten Einzelmarkt China zogen die Geschäfte an.
Konzernchef Herbert Diess gab sich zuversichtlich, dass die Erholung nach der Viruskrise anhält: "Wir sind mit viel Momentum ins Jahr gestartet. Im weiteren Jahresverlauf ist noch viel von uns zu erwarten." Operativ lief es schon im ersten Jahresviertel gut. Dank der Erholung der Autonachfrage in immer mehr Ländern wuchs der Ertrag der VW-Gruppe vor Zinsen und Steuern mit 4,8 Milliarden Euro auf mehr als das Fünffache - damit erreichte der Konzern wieder das Niveau aus der Vorkrisenzeit. Der Absatz von Elektro- und Hybridwagen beschleunigte sich, auch andere Hersteller meldeten hier besonders hohe Zuwächse.
Bei den einzelnen Konzernmarken stabilisierte sich die Lage im ersten Quartal ebenfalls. Die Kernsparte VW Pkw konnte ihr Ergebnis im laufenden Geschäft auf 900 Millionen Euro beinahe verdoppeln. Bei Audi sprang der Betriebsgewinn auf rund 1,4 Milliarden Euro, nachdem die Ingolstädter Tochter Anfang 2020 noch gerade eben so in den schwarzen Zahlen gelandet war. Porsche verbuchte ein Plus von gut 1,2 Milliarden Euro, vor einem Jahr war es weniger als die Hälfte. Die spanische Marke Seat sowie MAN schrieben weiter Verluste.
Ein wesentlicher Grund für die Gesamt-Verbesserungen im Konzern war der anziehende Absatz teurerer, gewinnträchtiger Modelle. Hinzu kamen veränderte Rohstoff-Bewertungen. Auch weitere Kostensenkungen unter anderem bei Personal und Verwaltung spielten eine Rolle - hier ergab sich allerdings auch ein "Restrukturierungsaufwand" von 400 Millionen Euro. Die Zahl der Beschäftigten hielt die VW-Gruppe im Vergleich zum Vorjahr konstant, bei der Kernmarke ist ein weiterer Stellenabbau über Vorruhestand und Altersteilzeit geplant. Vom Nettoergebnis entfielen gut 3,24 Milliarden Euro auf die Volkswagen-Aktionäre.
VW-Chef Diess: Chip-Mangel 'wird unsere Werke weiter beschäftigen'
Die Lieferausfälle bei Elektronik-Chips mit wichtigen Halbleitern dürften sich in der Autoindustrie nach Einschätzung von VW-Chef Herbert Diess noch spürbar hinziehen. Für bestimmte Rohstoffe sei die Lage wegen erhöhter Preise ebenfalls angespannt, sagte der Manager der der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX und der Deutschen Presse-Agentur. Insgesamt habe sich die konjunkturelle Entwicklung in vielen Ländern nach dem Corona-Tief 2020 jedoch wieder erholt. Der Konzern gab sich bei der Vorlage der Quartalszahlen am Donnerstag prinzipiell zuversichtlich.
"Die größten Risiken sehen wir bei den Halbleitern", erklärte Diess. "Es gibt eine grundsätzliche Knappheit bei Chips, die wir wegen der vielen vernetzten Geräte in den Fahrzeugen brauchen. Das wird unsere Werke auch in den nächsten Monaten, wenn nicht Jahren, weiter beschäftigen." Zuletzt seien Probleme durch das Feuer beim japanischen Produzenten Renesas und den Schneesturm in Texas hinzugekommen. "Da sind mehrere Halbleiterfabriken für mehrere Wochen ausgefallen", sagte der VW-Konzernchef. "Das werden wir spüren."
Nicht einfach sei derzeit zudem der Rohstoffeinkauf: "Bei vielen Materialien - Stahl zum Beispiel, aber auch bei Edelmetallen etwa für den Katalysator - merken wir Preisanstiege." Verglichen mit der Situation, in der man wegen ausbleibender Teile "ein ganzes Auto mit seinem Deckungsbeitrag" verliere, wiege dies aber weniger schwer. VW sichere sich überdies gegen allzu starke Kurzfrist-Schwankungen ab.
Besonders im zweiten Quartal 2020 waren Produktion und Verkäufe der Autobranche weltweit abgesackt. Werke mussten zeitweilig schließen, viele Verbraucher scheuten die Ausgaben für ein neues Auto. Es laufe inzwischen deutlich besser, meinte Diess. "Aber Corona ist für uns alles andere als vorbei. Wir müssen natürlich mit Covid-19 weiter umgehen." Vielerorts habe man die Situation nun im Griff - "auch in Südamerika und Tschechien, wo wir große Corona-Wellen hatten", so der VW-Chef. "Aber es gibt auch in einigen Regionen Europas viele Händler, die noch geschlossen sind. Mit den Impfungen gehen wir davon aus, dass sich die Situation ab dem Sommer deutlich entspannen wird."
Der Konzern will mit Hilfe des weiteren Hochlaufs der E-Mobilität seinen CO2-Ausstoß drücken, für spätestens 2050 wird Klimaneutralität angepeilt. Die Kernmarke VW Pkw schärfte jüngst ihre Zwischenziele bis 2030 nach, auch Standorte sollen ihre Emissionen stärker senken.
Zum angepassten Ziel der Bundesregierung, Deutschland solle möglichst schon 2045 bilanziell CO2-neutral sein, meinte Diess: "Das bringt positive Dynamik in den Klimaschutz. Wir sind für diese Entwicklung nach wie vor gut vorbereitet. Wir haben sehr große Vorleistungen getroffen, haben stark in Elektrifizierung, die Umstellung unserer Werke und neue Technologien zur CO2-Reduzierung investiert."
Entschlossener Klimaschutz in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft sei der einzig gangbare Weg. "Letztlich hat die Politik eine entscheidende Rolle, die größten Hebel für Klimaschutz umzusetzen, etwa mit dem Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2030 oder einem CO2-Preis von 100 Euro pro Tonne bis 2026", sagte Diess.
Der VW-Chef stimmt sich in Klimafragen mit weiteren Top-Managern und Verbänden in Europa ab. Neben der Erweiterung des Angebots an E- und Hybridautos plant der Konzern mit "Trinity" und "Artemis" bis zur Mitte des Jahrzehnts zusätzliche Großprojekte für neu konzipierte Modelle. "Wir konzentrieren uns jetzt im Umbruch der Autobranche schon sehr viel stärker auf die zweite Hälfte des Jahrzehnts, auf autonomes Fahren und auf Software", erklärte Diess. "Ein großer Teil der Umsätze wird jenseits von 2030 mit Software erzielt werden." Hinzu kämen künftig auch mehr Mobilitätsdienstleistungen.
Dass der Konzern Ende vorigen Jahres den weltweiten Spitzenplatz bei den Gesamtverkäufen wieder an den Erzrivalen Toyota abgeben musste, stört den VW-Chef nicht. Reines Volumen sei kein zentrales Ziel mehr
- und weniger wichtig als ein klares Profil in der E-Mobilität und in
einzelnen Marktsegmenten: "Wir brauchen ausreichend Größe für Skalenvorteile, aber Größe an sich ist für uns kein Maßstab." Es gehe vielmehr um eine Marktführerschaft bei E-Fahrzeugen. "Hier wollen wir schneller wachsen und profitabler sein als die Wettbewerber."
VW-Chef: Suchen Partner für Batteriegeschäfte - Auch Börsengang möglich
Der Volkswagen-Konzern sucht für den Aufbau seines Netzwerks aus Batteriefabriken in Europa weitere Partner und ist auch offen für eine Börsennotierung von Teilen der Geschäfte. Entscheidungen zu möglichen Batteriepartnerschaften seien in den kommenden Monaten zu erwarten, sagte Vorstandschef Herbert Diess am Donnerstag in einer Telefonkonferenz mit Analysten und Investoren. Das Unternehmen sei in Gesprächen mit anderen Firmen und Regierungen bezüglich seiner Batterieprojekte, sagte der Manager. Er wolle auch einen Börsengang (IPO - Initial Public Offering) von Teilen der Aktivitäten nicht ausschließen.
VW (Volkswagen (VW) vz) hatte Mitte März angekündigt, in Europa bis 2030 sechs Batteriezellwerke hochziehen zu wollen, um vor allem den Bedarf in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts zu decken. Mit dem Partner Northvolt entsteht im schwedischen Skellefteå ein Werk für Hochleistungszellen. Am Standort Salzgitter baut VW eine Zellfabrik, um eine kostengünstige "Einheitszelle" für den Einsatz in Massenmodellen zu fertigen. Die restlichen Standorte sind noch offen. Zuletzt hatte die VW-Tochter Porsche angekündigt, in Tübingen ein Zellwerk für Hochleistungszellen bauen zu wollen. Auch der Seat-Standort im spanischen Martorell sowie ein Werk an der norddeutschen Küste sind im Gespräch. Batteriezellwerke erfordern hohe Investitionen.
VW-Konzern kauft außerhalb Europas Abgaszertifikate
Der VW-Konzern setzt außerhalb Europas zum Einhalten der Emissionsziele auch auf den Kauf von Abgaszertifikaten. "In Europa sind wir zuversichtlich, die Flottenziele einzuhalten", sagte Vorstandschef Herbert Diess am Donnerstag in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. In anderen Märkten wie China und den USA gebe es einige kleinere Vereinbarungen zum Kauf von Zertifikaten. "Diese gehen zurück mit dem Hochfahren unserer Elektrostrategie, und in zwei bis drei Jahren sollten sie bei Null angekommen sein", sagte der Manager. Mit wem die Wolfsburger solche Deals abgeschlossen haben, dazu machte Diess keine Angaben. VW zahlen dafür aber "relativ wenig Geld", sagte er in einer Analystenkonferenz.
Autobauer können in verschiedenen Regionen den Ausstoß ihrer eigenen Fahrzeugflotte auf dem Papier senken, indem sie überschüssige sogenannte Credits von anderen Autobauern kaufen, die unterhalb der Emissionsvorgaben liegen. Der US-Elektropionier Tesla etwa, der selbst nur Elektroautos herstellt und keine Verbrenner, treibt einen regen und lukrativen Handel mit entsprechenden Abgasrechten.
So hat der italienisch-amerikanische Autobauer Fiat Chrysler - heute Teil des Stellantis-Konzerns - zuletzt seine Abgasbilanzen in Europa mit gekauften Gutschriften von Tesla aufpoliert. Stellantis-Chef Carlos Tavares will dem Rechtehandel aber nach der Fusion von Fiat Chrysler mit PSA (Peugeot, Citroen, Opel) ab dem kommenden Jahr ein Ende setzen, weil er nun davon ausgeht, die Emissionen selbst genügend senken zu können.
So reagiert die Volkswagen-Aktie
Starke Quartalszahlen und ein angehobenes Ziel für das Jahresergebnis 2021 haben die Aktionäre von Volkswagen (VW) am Donnerstag nicht hinreichend überzeugt. Die Erwartungen an die Wolfsburger waren teils noch höher gesteckt als das, was der Autobauer letztlich lieferte.
Nach einem anfänglichen Kurssprung pendelten die Papiere zwischen Gewinnen und Verlusten. Am Nachmittag gaben sie im kaum veränderten Gesamtmarkt um 2,55 Prozent auf 212,45 Euro nach und zählten zu den schwächsten Werten im DAX. Zugleich rissen sie auch wieder die gleitende 50-Tage-Linie, die charttechnisch orientierten Anlegern den mittelfristigen Trend der Aktie signalisiert und die aktuell etwas über 217 Euro liegt. Trotz des jüngsten Rückschlags vom Mehrjahreshoch über 250 Euro, das die VW-Aktie Mitte März erreicht hatte, summieren sich die Kursgewinne im bisherigen Jahresverlauf aber immer noch auf rund 40 Prozent, was mit Abstand den ersten Platz in dem 30 Werte umfassenden Leitindex bedeutet.
Zwar konnte VW, wie am Morgen mitgeteilt, dank der Erholung der Automärkte im ersten Quartal seinen Gewinn vervielfachen. Das operative Ergebnis lag zudem - wie von Analysten im Schnitt erwartet - auch wieder auf dem Niveau vor der Krise vor zwei Jahren. Allerdings habe VW die Ergebniserwartungen an das erste Quartal bei weitem nicht so deutlich übertroffen wie Daimler oder BMW, sagte ein Händler. Und auch UBS-Experte Patrick Hummel sagte, dass VW - trotz des exzellenten Nettomittelzufllusses aus dem Autogeschäft im ersten Quartal von 5,5 Milliarden Euro - insgesamt gesehen die hohen Erwartungen nur leicht übertroffen habe.
Auch die hochgeschraubte operative Marge für das Gesamtjahr, die nun zwischen 5,5 und 7,0 Prozent liegen soll statt bei 5,0 bis 6,5 Prozent, reichte einigen nicht. Barclays-Analyst Kai Müller schrieb hierzu, dass Analysten im Schnitt bereits mit 7,0 Prozent rechneten. Er selbst erwartet sogar eine Marge von 7,7 Prozent. Auch Tom Narayan von der kanadischen Bank RBC schrieb: Der Konsens für die Marge "lag bislang zwischen 6 und 8 Prozent. Daher denke ich, dass einige eine deutlichere Anhebung erwartet hatten".
Zugleich gab es aber auch eine Reihe positiver Kommentare. So schrieb etwa Jefferies-Experte Philippe Houchois in einer ersten Reaktion: Einem klassischen Muster folgend habe der Autobauer die Erwartungen übertroffen und die Ergebnisprognose erhöht. Zudem verwies er darauf, dass die "Bilanzsanierung in vollem Gange" sei.
JPMorgan-Analyst Jose Asumendi schrieb in seiner Schnelleinschätzung zum Gewinnausblick: Dieser sei "solide, trotz der Probleme in den Halbleiter-Lieferketten". Und auch NordLB-Analyst Frank Schwope sieht dies so. "Starke Zahlen trotz Pandemie und Chip-Mangel" titelte er und verwies dabei vor allem auf die dahinter stehende Kraft China. "Auch im ersten Quartal 2021 ist das enorme Auslieferungsplus von 21,2 Prozent fast allein auf das Reich der Mitte zurückzuführen. Ohne China hätte das Wachstum lediglich bei 3,5 Prozent gelegen", resümierte er.
Dennoch sei nicht alles nur auf die Asiaten zurückzuführen, denn "das außerhalb Chinas erzielte operative Ergebnis entwickelte sich trotz Pandemie und Chip-Mangel auch sehr stark". Volkswagen, so fügte Schwope in diesem Zusammenhang an, sei in Sachen Elektromobilität weiter als die meisten Mitbewerber.
"Auch wenn die Elektroauto-Auslieferungszahlen im letzten Jahr mit lediglich 231 600 enttäuschten, sollte der Volkswagen-Konzern die Verkaufszahlen der E-Fahrzeuge dieses Jahr mehr als verdoppeln können." Er rechne für 2021 mit Auslieferungen batterieelektrischer Fahrzeuge zwischen 500 000 und 700 000 Stück. Im Jahr darauf könnte der VW-Konzern dann hier auf Augenhöhe mit Tesla liegen, auch wenn beide mit dem E-Autoverkauf wohl noch nicht unbedingt Gewinne erzielen dürften.
/men/stk
WOLFSBURG (dpa-AFX)
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!
Weitere Links:
Nachrichten zu Toyota Motor Corp.mehr Nachrichten
Analysen zu Toyota Motor Corp.mehr Analysen
Aktien in diesem Artikel
Toyota Motor Corp. | 16,56 | -0,86% | |
Volkswagen (VW) AG Vz. | 80,48 | -1,90% |