24.10.2012 13:06:00

VIG-Chef will Reparaturen bei Einmalerlägen und Zukunftsvorsorge

Der Konzernchef der Vienna Insurance Group (VIG), Peter Hagen, schätzt die Lage in der Lebensversicherung am Heimmarkt Österreich weiterhin als "schwierig" ein und hofft auf Reparaturen bei Einmalerlägen und prämiengeförderter Zukunftsvorsorge. Das Einmalprämien-Geschäft leide unter der von 10 auf 15 Jahren verlängerten steuerbegünstigten Mindestlaufzeit, und in der PZV müsse man vom 30-prozentigen Mindestveranlagungs-Zwang bezüglich Aktien, die an der Wiener Börse notieren, wegkommen. Die Gesamtverzinsung in der Lebensversicherung sieht Hagen am Markt vorerst weiterhin bei zirka 3,25 bis 3,30 oder 3,40 Prozent, bezogen auf den veranlagten Teil, wie er am Mittwoch vor Journalisten sagte.

Im Bereich der privaten Altersvorsorge etwas kurzfristig aus fiskalpolitischen Erwägungen zu beschneiden, sei schlecht, betonte Hagen im Klub der Wirtschaftspublizisten. Ihre Anliegen deponiere die Branche ohnedies bei Finanzministerin Maria Fekter (V). Bei der Zukunftsvorsorge sieht der VIG-Chef einen Konstruktionsfehler: Man habe offenbar eine "eierlegende Wollmilchsau" gewollt: Aber gleichzeitig die Wiener Börse zu fördern, von den Anbietern Kapitalgarantien zu verlangen und private Pensionsversorge zu machen, sei eben "schwierig". Dass Österreich beim jährlichen gesamten Pro-Kopf-Prämienaufkommen mit 2.000 Euro unter dem (alten) EU-15-Schnitt von 2.600 Euro rangiere, sei lediglich der Sparte Leben zuzuschreiben, denn im Sachbereich liege unser Land gleich gut.

Als Wachstumsregion für den eigenen Konzern richtet die VIG den Fokus auf Baltikum, Polen, Ukraine, Rumänien und Bulgarien, den dritten Cluster neben Österreich/Tschechien/Slowakei/Ungarn sowie dem Balkan. Hier gebe es mittel- bis langfristig ganz besonderes Wachstumspotenzial, da das Pro-Kopf-Prämienaufkommen dort heute erst bei 160 bis 170 Euro im Jahr liege. In Polen, wo die VIG bereits Nr. 3 oder 4 am Markt ist, will man organisch wachsen, aber auch "am Konsolidierungsprozess teilnehmen", so Hagen.

Die Ukraine werde unter ihrem Wert geschlagen: "Wir liegen mit unseren vier Gesellschaften dort um die dritte oder vierte Position am Markt und wachsen dort 20 bis 30 Prozent." Hagen will das Land "nicht in Richtung Russland drücken", vielmehr werde die Ukraine "ein Schwerpunkt werden bei uns". Die Chancen dort 200 Mio. Euro zusätzlich zu verdienen, schätze er als höher ein als für Österreich. Sollte in der Ukraine die Pro-Kopf-Prämie von heute 50 auf 100 Euro im Jahr steigen, würden in dem Land insgesamt 2 1/2 Mrd. Euro an Einnahmen dazukommen.

Gegenwärtig prüft die VIG zwei, drei kleinere Zukäufe. Dabei liege der mögliche Kaufpreis jeweils in zweistelliger Millionen-Euro-Höhe, sagte der Konzernchef. Diese Objekte lägen "überwiegend", aber nicht zur Gänze, in dem besonders wachstumsträchtigen Cluster. Man sehe sich laufend etwas an. Seit Anfang 2000 habe die VIG mehr als 40 Gesellschaften übernommen, aber mindestens die doppelte Zahl abgelehnt. Wie zu Jahresbeginn habe die VIG auch jetzt rund 1,5 Mrd. Euro für mögliche Akquisitionen in der "Kriegskasse", sagte Hagen auf eine entsprechende Frage.

Mittlerweile sei der Marktanteil der VIG in ihren Märkten (samt Österreich) schon auf knapp 20 Prozent geklettert, verwies Hagen auf nun vorliegende neue Daten zum Erstsemester. Im Sommer hatte er den Anteil im Halbjahrespressegespräch noch mit 17 Prozent beziffert.

In manchen Ländern - wie Tschechien, Slowakei - dürfe die VIG aufgrund hoher Marktanteile gar keine Zukäufe mehr tätigen, in anderen, wie etwa Polen, Ungarn oder Ukraine, dagegen schon. In manchen Ländern gebe es aber faktisch keine Möglichkeiten für einen Erwerb, etwa in Slowenien oder Kroatien. Auch in Ungarn sei nur dann mit einer Akquisitionsmöglichkeit zu rechnen, "falls ein Ausländer wieder hinausgeht".

Das organische Wachstum könne die VIG selbst finanzieren. Mit neuen Aktien an die Börse zu gehen würde bei den jetzigen niedrigen Kursen keinen Sinn machen, auch wegen der Verwässerung für Altaktionäre, gab Hagen zu verstehen. Da allerdings der Free-Float der VIG-Papiere mit rund 30 Prozent sehr niedrig sei - was etwa Fonds einen raschen Ein- und Ausstieg bereits recht schwer mache -, würde auch ein Aktienrückkauf keinen Sinn machen, "da mach' ich es noch schlimmer". Die beste Kurspflege sei ein Werben bei Investoren mit Informationen, betonte Hagen. Eine weitere Börsenotiz - neben Wien und Prag - stehe nicht zur Diskussion, Warschau etwa würde mehr Aufwand bedeuten als Prag, aber kaum Vorteile bringen.

Angesichts der Unsicherheit etwa durch die künftigen neuen Assekuranz-Kapitalvorschriften Solvency II, aber auch drohende Änderungen der S&P-Rating-Methoden ("sicher nicht zu unserem Vorteil") "bringe ich unser Unternehmen sicher nicht in eine Situation, die Eigenmittel zu schwächen", betonte der VIG-Chef. Standard & Poor's plane eine Änderung der Rating-Methode, nicht nur für Versicherungen, sondern etwa auch für Banken, wobei sich etwa regionale Betrachtungen ändern könnten, indem zB Europa als ein Block gesehen werden könnte.

Im 1. Halbjahr hat der VIG-Konzern seine verrechneten Prämieneinnahmen um 11,7 Prozent auf 5,3 Mrd. Euro gesteigert, und dabei das Vorsteuerergebnis (EGT) um 6,9 Prozent auf 301,7 Mio. Euro erhöht. Den Ausblick für das laufende Jahr ließ die VIG zur Halbjahrspräsentation im August unverändert - im Frühjahr war ein neues Rekordergebnis avisiert worden, nach 559 Mio. Euro EGT im Jahr 2011.

(Schluss) sp/itz

ISIN AT0000908504 WEB http://www.vig.com

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