Lehrlingszahlen positiv |
01.08.2023 17:46:00
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Verschlechterung am Arbeitsmarkt: Arbeitslosenquote steigt im Juli auf 5,9 Prozent
Für Petra Draxl, Co-Geschäftsführerin des AMS, bestätigen die Arbeitsmarktdaten entsprechende Prognosen. Das Wifo erwarte für 2023 eine Stagnation, aber für 2024 eine Eintrübung des Arbeitsmarktes, sagte Draxl im Ö1 Mittagsjournal.
Davor war die Arbeitslosigkeit zuletzt im Juli 2012 niedriger als aktuell, wie aus dem Arbeitsmarktbericht des Wirtschaftsministeriums hervorgeht.
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Arbeitslosenquote heuer im Juli gestiegen, obwohl erstmals mehr als 4 Mio. Personen unselbstständig erwerbstätig waren. Allerdings liegt der Wert mit 5,9 Prozent noch immer deutlich unter den Arbeitslosenquoten der vergangenen Jahre. "Das ist insbesondere vor dem Hintergrund der weiterhin schwachen Konjunktur weltweit bemerkenswert und spricht dafür, dass der österreichische Arbeitsmarkt nach wie vor in einer robusten und krisenfesten Verfassung ist", kommentierte Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) die aktuellen Arbeitsmarktzahlen. Dazu tragen laut Kocher auch die Arbeitsmarktpolitik sowie die Qualifizierungsmaßnahmen des AMS bei.
Dadurch habe man die Arbeitslosenquote in den vergangenen Jahren deutlich reduzieren können. Im Vor-Corona-Jahr 2019 lag sie bei 6,5 Prozent, 2020 stieg sie auf 9,2 Prozent, ehe sie 2021 auf 6,8 Prozent zurückging.
"Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 haben Ende Juli 2023 rund 120.000 Personen mehr einen Job, auch im Vergleich zum Vorjahr sind es aktuell rund 30.000 mehr", merkte Kocher weiters an.
Obwohl die Zahl der Arbeitsuchenden gestiegen ist, gebe es derzeit 110.817 beim AMS gemeldete offene Stellen. Aus diesem Grund braucht es laut Kocher gesamtgesellschaftliche Lösungsansätze, um möglichst vielen Personen eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Neben einer hochwertigen Kinderbetreuung bedürfe es einer Strategie für einen qualifizierten Fachkräftezuzug, so der Minister.
Positiv entwickelt haben sich hingegen die Lehrlingszahlen: So stieg die Zahl der Lehranfängerinnen und Lehranfänger um 4,8 Prozent. Insgesamt sind derzeit 87.824 Lehrlinge - um 0,4 Prozent mehr als vor einem Jahr - in Ausbildung. Davon sind 30.160 im ersten Lehrjahr. Starke Zuwächse gibt es in den Sparten Bank und Versicherung (plus 30,5 Prozent) sowie Information und Consulting (plus 9,5 Prozent).
Allerdings gab es 26.645 Jugendliche unter 25 Jahren, die arbeitslos gemeldet waren - dies entspricht einem Anstieg um 12,6 Prozent innerhalb eines Jahres. Im Haupterwerbsalter bis 49 Jahren gab es um 9,3 Prozent mehr Arbeitslose. Dafür war bei den über 50-jährigen ein Rückgang um 1 Prozent zu verzeichnen.
Nach Bundesländern verzeichneten die Steiermark (+9 Prozent), Wien (+8,2 Prozent) und Oberösterreich (+6,6 Prozent) im Jahresabstand die höchsten Steigerungen bei den Arbeitslosenzahlen. Betrachtet man die Branchen, so stechen der Bau sowie Beherbergung und Gastronomie hervor. Beim Bau stieg die Zahl der Arbeitslosen um 10 Prozent auf 15.797 Personen. Und bei Beherbergung und Gastronomie waren Ende Juli mit 23.207 um 8,4 Prozent mehr Personen als arbeitslos gemeldet, als ein Jahr zuvor.
Der Wirtschaftsbund (WB) bezeichnete die Situation am österreichischen Arbeitsmarkt in einer Aussendung als erschütternd. Laut dem WB-Monitor, der die Stellenangebote analysiert, gab es im Juli 220.590 offene Stellen. "Der politische Mitbewerb hat keine Antworten auf die herausfordernde Situation am Arbeitsmarkt, im Gegenteil: Mit populistischen Forderungen nach einer Arbeitszeitverkürzung soll die Situation sogar noch verschärft werden", so WB-Generalsekretär Kurt Egger.
Geht es nach der Industriellenvereinigung (IV) müsse man Beschäftigungsanreize stärken und Inaktivitätsfallen abbauen. "Arbeit muss sich für die Menschen lohnen. Es darf nicht sein, dass Menschen trotz eines enormen Personalmangels in die Inaktivität abrutschen", sagte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer laut einer Aussendung. So trete die IV für steuerliche Anreize für Überstunden ein. Zudem müsse die Vollzeitarbeit attraktiver werden. Aber auch die Lohnnebenkosten müssten gesenkt werden.
Die Langzeitarbeitslosigkeit könne nur mit Höherqualifizierung langfristig bekämpft werden, teilte der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) in Reaktion auf den Arbeitsmarktbericht mit. Das AMS benötige mehr Budget und mehr Personal, so ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann. "Überlegungen, in diesen Bereichen den Rotstift anzusetzen, seien völlig verfehlt", sagte Schumann. Wichtig sei auch, dass mehr Frauen in Vollzeit arbeiten können, ergänzte die ÖGB-Vizepräsidentin.
Die Arbeiterkammer sprach sich in einer Aussendung gegen Sanktionen und eine überregionale Vermittlung aus. "Es reicht nicht, einfach die Daumenschrauben anzuziehen und dem AMS anzuordnen mehr und häufiger zu sanktionieren bzw. mehr auf die überregionale Vermittlung zu setzen. Das ist zwar für die Unternehmen bequem, aber so werden Probleme des Arbeitsmarktes einfach auf die Menschen abgewälzt", so AK-Präsidentin Renate Anderl. Bildungsmaßnahmen sowie finanzielle Absicherung während der Ausbildung seien notwendig. Und der SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler sprach sich in einer Stellungnahme für eine Anpassung des Arbeitslosengeldes aus.
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