06.04.2013 10:29:30
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Verfassungsgericht in Portugal kippt Teile des Sparpakets
Von Patricia Kowsmann
LISSABON - Das portugiesische Verfassungsgericht hat einige der geplanten Sparmaßnahmen der Regierung gekippt. Ministerpräsident Pedro Passos Coelho muss nun neue Wege finden, um das Haushaltsdefizit zu senken, um nicht das 78 Milliarden Euro schwere Rettungspaket für sein Land zu gefährden.
Das Gericht entschied am späten Freitagabend, es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung, dass Staatsbeamten die Gehälter und Pensionen gekürzt werden, andere Gruppen aber unangetastet blieben. Zudem lehnten die Richter eine geplante Steuer auf die Arbeitslosenhilfe ab.
Die Regierung muss damit ein Haushaltsloch füllen, das zwischen 860 Millionen und 1,3 Milliarden Euro liegen soll, wie mehrere unabhängige Volkswirte schätzen. Sie rechnen zwar damit, dass die Regierung dieses Loch schließen kann. Es sei aber ein schwerer politischer Rückschlag für Passos Coelho, der nun über weniger Autorität verfüge, um seiner rezessionsgeplagten Bevölkerung neue Opfer abzuverlangen.
Portugal, eines der ärmsten Länder der Eurozone, versinkt seit Einsetzung der von den Gläubigern verordneten Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen vor zwei Jahren immer tiefer in der Rezession. Seitdem ist die Wirtschaft um fast 5 Prozent geschrumpft; die Arbeitslosenquote ist auf 17 Prozent gestiegen.
Beamten sollte 14. Gehalt gestrichen werden
Passos Coelho hat seine Minister für Samstag zu einer Krisensitzung einberufen, auf der alternative Maßnahmen diskutiert werden sollen. Finanzminister Vitor Gaspar hatte im März erklärt, er vertraue auf das Sparpaket und habe keinen Reserveplan. Ein Regierungssprecher wollte das Urteil nicht kommentieren.
Jede neue Sparmaßnahme müsste der Ministerpräsident erneut durch das Parlament bringen. Dort hat die Regierungskoalition unter Führung der Sozialdemokraten zwar eine Mehrheit. Aber schon beim letzten Haushaltsgesetz hatte Passos Coelho große Schwierigkeiten, seinen Koalitionspartner auf Linie zu bringen. Nuno Magalhães, Abgeordneter der kleineren Portugiesischen Volkspartei, sagte, das Urteil werde sehr bedeutende Konsequenzen auf den Haushalt haben. Die oppositionellen Sozialisten forderten Passos Coelho zum Rücktritt auf.
Im Detail beanstandeten die Richter die geplante Regelung, den Staatsangestellten das 14. Monatsgehalt zu streichen. Die Pensionen sollten um 6,4 Prozent gekürzt werden. Die Steuer auf die Arbeitslosenhilfe stelle zudem eine übermäßige Belastung für die Arbeitslosen dar.
Es ist bereits das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit, dass sich das Gericht in die Wirtschaftspolitik eingemischt hat. Im vergangenen Jahr wurden bereits noch drastischere Einschnitte bei den Staatsdienern und Pensionären gekippt.
Haushaltspuffer geschaffen
Nach der Übereinkunft mit den Gläubigern - dem Internationalen Währungsfonds, der Europäischen Union und der Europäischen Zentralbank - muss die Regierung in diesem Jahr ihr Haushaltsdefizit auf 5,5 Prozent senken. 2012 betrug es noch 6,4 Prozent. Wenn diese Ziele nicht eingehalten werden, können die Gläubiger Gelder zurückhalten. Bis 2015 muss das Defizit bei 3 Prozent liegen.
Ricardo Santos, Volkswirt bei der BNP Paribas, sagt, durch dieses Urteil seien die Ziele noch schwerer zu erreichen: Die Entscheidung könnte die Grenze verschoben haben, was die Regierung ohne eine Verfassungsänderung umsetzen kann."
Einige Ökonomen rechnen jedoch damit, dass die Regierung die akute Krise umschiffen kann. Tullia Bucco von Unicredit erklärt, es sei bereits ein Haushaltspuffer" von etwa 500 Millionen Euro geschaffen worden. Wir glauben nicht, dass das Urteil dazu führt, die fiskalische Anpassung vom Kurs zu bringen"; sagt sie.
Portugal könnte auch Hilfe von den anderen EU-Mitgliedern bekommen, die sich bereits zuvor flexibel bei den Haushaltszielen gezeigt haben. Die Gläubiger haben Portugal aber gemahnt, das Defizit schnell abzubauen. Mit 124 Prozent der Wirtschaftsleistung ist die Staatsverschuldung bereits extrem hoch.
Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com
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