Erneuerbaren-Förderung |
12.12.2012 09:30:00
|
Verbund-Vorstand sieht Strommarkt am Abgrund
Weil durch den steigenden Anteil der Erneuerbaren Energien in Europa die Wetterabhängigkeit gestiegen ist und der kurzfristige Stromhandel immer wichtiger wird, hat die Verbund AG hat in ihrer Konzernzentrale Am Hof in Wien 4,5 Mio. Euro in ein neues Dispatching Center investiert. "Es geht um die optimale Vermarktung der Eigenerzeugung", erklärte Fleischer. "Wir wollen unsere Kraftwerke bestmöglich auf den Markt bringen und einsetzen."
Zusätzlich wurde ein eigenes Intraday-Handelsteam aufgebaut, das Stundengeschäfte für den nächsten Tag abwickelt und rund um die Uhr im Einsatz ist. Der Spotmarkt, besonders der kurzfristige Intraday-Handel, gewinnt immer mehr an Bedeutung - allein im Jahr 2011 hat in Deutschland der kurzfristige Handel um 56 Prozent zugenommen, der Stromhandel insgesamt um 12 Prozent. "Es wird immer schwerer, Netzsicherheitsrechnungen zu erstellen. Treiber dieser Entwicklung sind die Erneuerbaren mit ihrer Volatilität", sagte Dispatching-Leiter Klaus Hebenstreit, der für die Ressourcenplanung und Einsatzoptimierung verantwortlich ist.
Der Großteil des Stromhandels werde Over-the-Counter (OTC) abgewickelt, also bilateral, erklärte Robert Slovacek, der seit Mai 2011 im Vorstand der Verbund Trading AG für die Bereiche Großhandel und Trading und somit auch für die Vermarktung der Strom-Eigenerzeugung und Lastverteilung verantwortlich ist. Rund 30 Prozent des Handels erfolgen über die Börsen. Rund 15 bis 20 Prozent ihrer gesamten Strommenge handeln die Energieversorger kurzfristig innerhalb von 24 Stunden.
Dabei gehe es dem Verbund nicht darum, mit dem Handel selbst Geld zu verdienen, stellte Slovacek klar. "Die Spannen in diesem Handelssegment sind sehr gering. Der Strompreis für Grundlast-Energie liegt zur Zeit bei etwa 46 Euro je Megawattstunde, die Differenz zwischen Einkauf und Verkauf beträgt ca. 10, 15, vielleicht 20 Cent. Also 0,1 Euro ist das, was als Handelsmarge hängenbleibt." Mit dieser Marge müsse man vor allem das Zahlungsrisiko abdecken. Der Handel sei "eine Art Schmiermittel für das System, das sicherstellt, dass sich Anbieter und Nachfrager ihren Bedürfnissen gerecht werdend treffen können".
Durch die Förderung der Erneuerbaren drohe der Strommarkt aber zu kollabieren, "das System steht am Abgrund", warnte Slovacek. Der Verbund bekenne sich zu einem Umbau des Systems in Richtung Erneuerbare Energien, aber der Umbau müsse "rational und kontrolliert erfolgen". Es stelle sich die Frage, wie man die Versorgungssicherheit gewährleisten kann, "wenn man sich zu 100 Prozent auf Wind und Photovoltaik verlässt, aber es kommt ein Tag ohne Wind und Sonne". Für solche Tage brauche man Backup-Kapazitäten, also vor allem moderne Gas- und Dampfkraftwerke wie z.B. Mellach.
"Leider ist aber durch die starke Förderung der Großhandelspreis so stark unter Druck gekommen, dass die Gaskraftwerke ihre Kapitalkosten nicht mehr verdienen können", kritisierte Slovacek. "Das heißt, heute investiert niemand mehr in ein neues Gaskraftwerk, weil absehbar ist, dass die Strompreise in Relation zu den Gaspreisen keinen positiven Return mehr ergeben auf das eingesetzte Kapital."
Noch deutlicher brachte es Fleischer auf den Punkt: "Man kann heute mit dem Einsatz von Gaskraftwerken 'im Normalbetrieb' nicht einmal die Kosten fürs Gas und die CO2-Zertifikate verdienen, geschweige denn die Abschreibungen und Zinsen." Einige deutsche Mitbewerber hätten deshalb ihre gerade errichteten hochmodernen Gaskraftwerke eingemottet.
"Das Fatalste ist der Preis für CO2-Verschmutzungsrechte", sagte Slovacek. Der CO2-Handelsmechanismus sei eingeführt worden, um CO2-Emissionen zu bestrafen und einen Lenkungseffekt zu generieren. Zu Beginn des CO2-Handels in Europa sei ein Preisniveau von ungefähr 30 Euro je Tonne angenommen worden. Heute sei man bei unter 10 Euro gelandet, tageweise gebe es sogar Preise unter 5 oder sogar unter 4 Euro, weil die Emissionsrechte zu großzügig zugeteilt worden seien. "Der Preis geht gegen Null, und der CO2-Handel hat in dieser Form versagt." Das habe die skurrile Folge, dass ein Braunkohlekraftwerk derzeit wirtschaftlicher sei als ein Gaskraftwerk. "Um den erwünschten Lenkungseffekt zu haben, müssten wir heute einen CO2-Preis von 40, 50 Euro pro Tonne haben."
Der Verbund fordert daher eine Reform der Erneuerbaren-Förderung. Einerseits müsste CO2 wieder ein knappes Gut werden, so Fleischer. Darüber hinaus sei es notwendig, die Förderung der Erneuerbaren Energien europaweit zu harmonisieren und in den Markt zu integrieren. "In der EU-27 gibt es derzeit 23 verschiedene Fördersysteme."
"Die Kernbotschaft ist: Teilnahme am Markt", sagte Slovacek. Ein künftiges Fördermodell könnte z.B. so aussehen, dass es einen einmaligen Unterstützungsbetrag für die Investition gebe, der Erneuerbaren-Anbeiter dann aber am Markt teilnehmen müsse. "Was wir nicht wollen ist, dass etwa Gaskraftwerke, die ein Backup darstellen sollen, gefördert werden. Es kann nicht der Weg sein, dass ich mit einer Förderung die nächste Förderung heraufbeschwöre - das muss der Markt schaffen."
ivn/sp
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!
Weitere Links:
Nachrichten zu Verbund AGmehr Nachrichten
09:29 |
Mittwochshandel in Wien: ATX fällt zum Handelsstart zurück (finanzen.at) | |
10.12.24 |
Freundlicher Handel: ATX Prime legt letztendlich zu (finanzen.at) | |
10.12.24 |
Börse Wien in Grün: ATX schlussendlich mit grünen Vorzeichen (finanzen.at) | |
10.12.24 |
Aufschläge in Wien: ATX Prime am Dienstagnachmittag in Grün (finanzen.at) | |
10.12.24 |
Börse Wien in Grün: ATX verbucht am Dienstagnachmittag Zuschläge (finanzen.at) | |
10.12.24 |
Gute Stimmung in Wien: ATX Prime klettert am Dienstagmittag (finanzen.at) | |
10.12.24 |
Optimismus in Wien: ATX am Mittag mit Kursplus (finanzen.at) | |
10.12.24 |
Schwacher Handel in Wien: ATX verliert zum Start des Dienstagshandels (finanzen.at) |
Analysen zu Verbund AGmehr Analysen
02.10.24 | Verbund verkaufen | Deutsche Bank AG | |
16.08.24 | Verbund Hold | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
29.07.24 | Verbund Sell | Deutsche Bank AG | |
25.07.24 | Verbund Sell | Baader Bank | |
19.06.24 | Verbund buy | Stifel, Nicolaus & Co., Inc. |